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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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für ein
Engel, dem Hörner aus dem Kopfe sprießen?
Wo ist deine Harfe, o finstrer Seraph?
Ein Spieß, eine Pike scheint stattdessen
in deinen knorrigen Klauen zu stecken.
TEUFEL: Ich bin
des Teufels Bratspießwender. Willkommen daheim, o Sünder!
JACK: Ich dacht’, ich hätte meinen Frieden mit Gott geschlossen.
Das hatt’ ich auch, als ich die Richtstätte bestieg.
Wär ich sofort gestorben, an der Pforte des Himmels
ständ ich jetzt. Doch im letzten Todeskampf
missbrauchte ich den Namen Gottes, und beging mannigfaltig’
and’re Sünden, und verdammte mich so selbst
hierzu!
TEUFEL: Halt still!
    Der Teufel stößt Jack die Spitze seines Spießes ins Arschloch.
    JACK: Welch Schmerz! Welch Schmerz, und doch
ist’s nur ein Vorgeschmack auf das, was kommt.
O hätt’ ich doch Jack und Bob bestellt!
Mithilfe eines Zaubertricks zieht Jack die Spitze des Spießes,
blutverschmiert, aus seinem Mund und wird unter dem frenetischen Beifall
und Fußstampfen der Menge vom Teufel abgeführt.
    Nachdem der Applaus verebbt war, ging Jack zwischen den Verurteilten umher, um die Bedingungen auszuhandeln, während Bob, der Kräftigere von beiden, ihm den Rücken freihielt und auf den Münzbeutel achtete.

Der Kontinent
    SPÄTSOMMER 1683
Wenn eine Frau solchermaßen einsam und ratlos zurückgelassen wird, ist sie wie ein Sack Geld oder Juwelen, den man auf der Landstraße verliert und der dem nächstbesten Vorbeikommenden anheim fällt.
Daniel Defoe, Moll Flanders
    Das ganze Frühjahr und den Sommer hindurch hatte Jack das Wetter genau beobachtet. Es war vollkommen gewesen. Er lebte in einem ungewöhnlichen Komfort in Straßburg. Das war eine Stadt am Rhein, früher deutsch, seit neuestem aber französisch. Sie lag unmittelbar südlich eines Landstrichs, den man die Pfalz nannte und der, soweit Jack es erkennen konnte, ein mottenzerfressener Fetzen Land war, der sich zu beiden Seiten des Rheins erstreckte. Immer wenn ihnen nichts Besseres einfiel, überrannten König Louies Soldaten die Pfalz von Westen her oder die kaiserlichen Armeen beraubten und plünderten sie aus dem Osten. An der Spitze der Pfalz stand ein Kurfürst, was in diesem Teil der Welt einen Mann von hohem Adel bezeichnete, höher als ein Herzog, aber geringer als ein König. Bis vor kurzem waren die pfälzischen Kurfürsten aus einer sehr feinen und adligen Familie gekommen, die jedoch zu viele meist ziemlich bemerkenswerte Sprösslinge hatte, als dass man den Überblick hätte behalten können; da aber nur einer (der älteste) Kurfürst sein konnte, hatten alle anderen die Kurpfalz verlassen und sich anderen Dingen zugewandt oder waren auf mehr oder weniger faszinierende Weise ums Leben gekommen. Schließlich war der Kurfürst gestorben, nachdem er die Amtsgeschäfte seinem Sohn übergeben hatte: einem unfähigen Verrückten namens Karl mit einer Vorliebe für Scheingefechte um ein altes Schloss am Rhein, das zu nichts anderem mehr zu gebrauchen war. Die Kampfhandlungen waren gespielt, aber die Gräben, Belagerungsvorrichtungen, die Ruhr und die Gangrän waren echt.
    Nun hatte Jack sich einige Jahre lang so etwas wie einen Lebensunterhalt als Scheinsoldat in Frankreich verdient – eine Sparte, die durch viele in letzter Zeit von einem gewissen Martinet bei der französischen Armee durchgeführte unangenehme Reformen vernichtet worden war. Nachdem er von diesem verrückten Kurfürsten gehört hatte, hatte er sich unverzüglich in die Pfalz begeben und eine einträgliche Anstellung als falscher Musketier gefunden.
    Nicht lange darauf hatte König Ludwig XIV. von Frankreich die nahe gelegene Stadt Straßburg angegriffen und sich einverleibt, und wie es damals in eroberten Städten oft der Fall war, hatte der Schwarze Tod ein bisschen gewütet. Beim ersten Auftreten von Beulen in Leistengegend und Achselhöhlen der Armen hatten die Reichen von Straßburg ihre Häuser zugenagelt und waren aufs Land geflohen. Viele waren einfach auf Booten rheinabwärts gefahren, was sie natürlich an dieser alten Schlossruine vorbeiführte, wo Jack und andere zum Vergnügen des verrückten pfälzischen Kurfürsten Krieg spielten. Ein reicher Strasbourgeois war dort von seinem Flussschiff gestiegen und hatte ausgerechnet mit Jack Shaftoe ein Gespräch angeknüpft. Es war nicht üblich, dass reiche Leute mit Jack und seinesgleichen sprachen, und so erschien Jack die ganze Sache rätselhaft, bis er bemerkte, dass, wie immer er auch umhersprang, der reiche Mann immer einen Vorwand

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