Quicksilver
viel Geld den Besitzer wechselte. Die größeren Gassen (d.h. Schlammrinnen mit darin verstreuten Bohlen und Holzklötzen, auf die man treten oder von denen man sich wenigstens abstoßen konnte) säumten Zelte von Seiltänzern, Jongleuren, Schaustellern, Puppenspielern, Ringern, Tänzerinnen und natürlich den spezialisierten Prostituierten, derentwegen der Jahrmarkt für die Universitätsstudenten eine so wichtige Ressource war. Doch als sie in die kleineren Seitengassen hineingingen, fanden sie die Tische, Buden und geschickt konstruierten, aufklappbaren Wagen von Händlern, die Waren aus ganz Europa die Ouse und die Cam herauf an diesen Ort gebracht hatten, um sie an England zu verkaufen.
Daniel und Isaac stöberten fast eine Stunde lang herum, ohne die von allen Seiten auf sie eindringenden Schreie und Bitten von Händlern zu beachten, bis Isaac endlich, auf irgendetwas aufmerksam geworden, stehen blieb und sich einem kleinen, zusammenklappbaren Schaukasten auf Beinen zuwandte, den ein schlanker, hochgewachsener Jude in schwarzem Mantel aufgebaut hatte. Daniel beäugte den Mosessohn neugierig – Cromwell hatte diese Leute nach jahrhundertelangem Ausschluss erst vor zehn Jahren wieder ins Land gelassen, und sie waren so exotisch wie Giraffen. Doch Isaac betrachtete eine Konstellation edelsteinartiger Gegenstände, die auf einem schwarzen Samtviereck ausgelegt waren. Der Sohn Aarons, der sein Interesse bemerkte, schlug die Ränder des Tuchs zurück, sodass noch viel mehr zum Vorschein kam: konkave und konvexe Linsen, flache Scheiben aus gutem Glas, aus denen man sich selbst welche schleifen konnte, Flaschen mit Schmirgelsand in unterschiedlichen Feinheitsgraden und nicht zuletzt Prismen.
Isaac gab zu verstehen, dass er bereit sei, in Verhandlungen über zwei der Prismen einzutreten. Der Linsenschleifer holte Atem, richtete sich auf und blinzelte. Daniel gab Isaac Rückhalt, indem er sich halb neben, halb hinter ihn stellte. »Ihr habt Stücke von Achten«, sagte der Beschnittene – ein Mittelding zwischen Feststellung und Frage.
»Ich weiß, dass Euer Volk einmal in einem Königreich lebte, wo das die gängige Münze war, Sir«, sagte Isaac, »aber...«
»Ihr wisst gar nichts – mein Volk ist nicht aus Spanien gekommen, sondern aus Polen. Habt Ihr französische Münzen – Louis d’Or?«
»Der Louis d’Or ist eine schöne Münze, wie sie sich für den Ruhm des Sonnenkönigs geziemt«, warf Daniel ein, »und dort, wo Ihr herkommt, wahrscheinlich stark in Gebrauch – aus Amsterdam?«
»Aus London. Womit wollt Ihr mich denn nun bezahlen – mit Joachimstalern?«
»Da Ihr, Sir, Engländer seid und ich es auch bin, wollen wir uns englischer Mittel bedienen.«
»Ihr wollt mir Käse dafür geben? Zinn? Feinen Wollstoff?«
»Für wie viele Shilling bekommt man diese beiden Prismen?«
Der Hebräer setzte eine verhärmte, leidende Miene auf und fixierte einen Punkt über ihren Köpfen. »Zeigt mir die Farbe Eures Geldes«, sagte er mit einer Stimme, aus der leises Bedauern sprach, als hätte Isaac heute vielleicht Prismen kaufen können, bekäme stattdessen aber nur eine öde Lektion in der unfassbaren Schäbigkeit englischer Münzen. Isaac griff in eine Tasche, wackelte mit den Fingern und erzeugte so ein metallisch klirrendes Geräusch, das bewies, dass sie viele Münzen enthielt. Dann zog er eine Hand voll heraus und gewährte dem Linsenschleifer einen flüchtigen Blick auf ein paar schwarz angelaufene Geldstücke. Bis hierher war Daniel verblüfft davon, wie geschickt Isaac dergleichen handhabte. Andererseits verlieh er gewerbsmäßig Geld an andere Studenten – vielleicht hatte er ja ein Talent dafür.
»Euch muss ein Irrtum unterlaufen sein«, sagte der Jude. »Das ist nicht weiter schlimm – uns allen unterlaufen Irrtümer. Ihr habt in die falsche Tasche gegriffen und Euer schwarzes Geld 3 hervorgezogen – das Zeug, das Ihr Bettlern hinwerft.«
»Ähm, äh, ja, richtig«, sagte Isaac. »Um Vergebung – wo habe ich gleich das Geld, mit dem ich Kaufleute bezahle?« Er klopfte noch ein paar Taschen ab. »Übrigens, angenommen, ich biete Euch kein schwarzes Geld an, wie viele Shilling kostet es dann?«
»Wenn Ihr Shilling sagt, nehme ich an, meint Ihr die neuen?«
»Die von James I.?«
»Nein, nein, James I. starb vor einem halben Jahrhundert, deshalb würde für die Pfundmünzen, die unter seiner Herrschaft geprägt wurden, normalerweise niemand das Wort neu gebrauchen.«
»Habt Ihr Pfund
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