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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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die sie sich gemacht hat [zum Beispiel von Dr. von Pfung], wie ein Schrei in einem dunklen Wald verklingen werden. Ein volles Geständnis, eine Enthüllung meiner Taten niederzuschreiben, wie ich es hier getan habe, ist nicht ungefährlich; täte ich es aber nicht, versänke ich so tief in Melancholie, dass ich überhaupt nichts tun würde, und dann wäre mein Leben wirklich bedeutungslos. Auf diese Weise bin ich wenigstens Teil einer Geschichte, einer, wie Mummy sie mir im banyolar in Algier immer erzählte, und wie die, die von Scheherazade erzählt wurden, die ihr Leben mit dem Erzählen von Geschichten um tausendundeine Nacht verlängerte.
    Angesichts der Art von Geheimschrift, die ich benutze, kann es allerdings gut sein, dass es Euch, geneigter Leser, nie geben wird, und so sehe ich nicht ein, warum ich diese Nadel weiterhin durch den schmutzigen alten Stoff ziehen soll, wo ich doch so müde bin und das Schaukeln des Schiffes mich einlädt, die Augen zu schließen.

Rossignol an Ludwig XIV. (Forts.)
    NOVEMBER 1688
Eure Majestät wird bestürzt gewesen sein ob der vorstehenden Geschichte über Verrat und Falschheit. Wäre sie allgemein bekannt, fürchte ich, der Ruf der Schwägerin Eurer Majestät, der Herzogin von Orléans, nähme schweren Schaden. Es heißt, sie sei gramgebeugt und ohne jeden Dank für alles, was die Legionen Eurer Majestät getan haben, um ihre Rechte in der Pfalz zu sichern. Aus der Achtung eines Edelmannes vor ihrer Stellung und aus menschlicher Anteilnahme an ihren Gefühlen war ich mit dieser Information, die ihr, wenn sie bekannt würde, nur weiteres Leid bringen könnte, so diskret wie möglich. Nur Eurer Majestät habe ich den vorstehenden Bericht zur Kenntnis gegeben. D’Avaux hat mich um ein Exemplar bedrängt, aber ich habe seine vielen Gesuche abschlägig beschieden und werde auch weiterhin so verfahren, es sei denn, Eure Majestät weist mich an, ihm das Dokument zu schicken.
In den Wochen, die ich mit der Entschlüsselung dieses Dokuments verbracht habe, sind Phobos und Deimos am Ostufer des Rheins losgelassen worden. Das Blei, das die Gräfin so gewissenhaft bis ans Ufer der Meuse verfolgte, ist in großen Mengen in die Pfalz befördert worden und hat seine lange Reise beendet, indem es mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch die Körper und Gebäude von Häretikern raste. Die Hälfte der jungen Höflinge haben Versailles verlassen, um in Deutschland auf die Jagd zu gehen, und viele von ihnen schreiben Briefe, die zu lesen meine Aufgabe ist. Ich erfahre, dass das Heidelberger Schloss über Tage hinweg herrlich brannte, und dass alle sich darauf freuen, das Experiment in Mannheim zu wiederholen. Philippsburg, Mainz, Speyer, Trier, Worms und Oppenheim sind für spätere Zeitpunkte in diesem Jahr vorgesehen. Da der Winter naht, werden Eure Majestät voller Kummer von all dieser Brutalität hören. Ihr werdet Eure Streitkräfte abziehen und Louvois für sein übertrieben hartes Vorgehen ordentlich tadeln. Die Geschichtsschreiber werden festhalten, dass der Sonnenkönig für all das Unerfreuliche nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Aus den vielen exzellenten Quellen Eurer Majestät in England werden Eure Majestät wissen, dass der Prinz von Oranien jetzt dort ist und eine Armee befehligt, die nicht nur Holländer, sondern auch die englischen und schottischen Regimenter umfasst, die per Vertrag auf holländischem Boden stationiert waren; dazu hugenottischen Abschaum, der nach und nach aus Frankreich kam; Söldner und Freibeuter aus Skandinavien; und Preußen, die von Sophie Charlotte beigesteuert wurden – der Tochter des verfluchten hannoverschen Miststücks Sophie.
All das beweist nur, dass Europa ein Schachbrett ist. Selbst Eure Majestät kann (sagen wir) den Rhein nicht gewinnen, ohne (sagen wir) England zu opfern. Ebenso werden Sophie und Wilhelm alles, was sie durch ihre endlosen Machenschaften gewinnen, am Ende auch bezahlen müssen. Und was die Gräfin de la Zeur betrifft, nun, die wird der neue König von England vielleicht zur Herzogin von Qwghlm machen, aber im Gegenzug werden Eure Majestät zweifelsohne dafür sorgen, dass ihre Opfer im richtigen Verhältnis dazu stehen.
M. le Comte d’Avaux hat die Überwachung der Gräfin in Den Haag verschärft. Von den Wäscherinnen, die in Huygens’ Haus arbeiten, ist ihm wiederholt versichert worden, sie habe in den fast zwei Monaten, die sie inzwischen dort ist, nicht einen Tropfen Menstruationsblut verloren. Sie ist

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