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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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rieb sich die schmerzenden Glieder. »Er ist ein kluger Kopf. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass es ihn stutzig machen würde, wenn er in dem Schrank keine Papiere, sondern nur die Waffen findet. Er würde sofort wissen,was ich ihm damit sagen will: dass er Sie schnellstens unterrichten und den Boten solange mit irgendeiner List hinhalten soll.«
    »Respekt!«,sagte Boncalcio voller Anerkennung. »Ich wünschte, ich hätte auch so einen gescheiten Majordomus. Aber jetzt komm.«
     
    »Was mit deinem Onkel passiert ist, tut mir leid«, sagte Boncalcio, als sie wenig später in seiner Kutsche über Madrids holprige Straßen rumpelten. »Und das so kurz nach dem Tod deines Vaters   …«
    |68| »Wie haben Sie davon erfahren?«, fragte Sebastián mit einer Mischung aus Überraschung und Sorge.
    »Nun, ich habe überall meine Spitzel, auch wenn in letzter Zeit einige leider gern machen, was sie wollen, und sogar versuchen, mich mit Drohungen einzuschüchtern.«
    »Glauben Sie, der Mord an Cañizares, meinem Vater und meinem Onkel sind das Werk ein und derselben Person?«
    Boncalcio blieb ihm die Antwort schuldig, doch merkte man deutlich, dass er sehr beunruhigt war. Lange sah er seinen Schützling an.
    »Sebastián,du hast keine Ahnung,in was für eine Gefahr du dich begibst, wenn du ihren Mörder ausfindig machen willst. Wenn du dich da hineinziehen lässt, kommst du nicht mehr heil heraus. Schlag es dir aus dem Kopf, auf der Stelle. Bevor es zu spät ist.«
    »Könnten Sie vielleicht etwas deutlicher werden, Señor?«
    »Irgendjemand verfolgt gerade ein ehrgeiziges Ziel, von dem ihn nichts und niemand abbringen kann.«
    »Montilla?«
    »Großer Gott, nein. Jemand viel Schlaueres, jemand, der alle Beteiligten geschickt gegeneinander auszuspielen vermag und es versteht, die hiesigen Verschwörungen wie auch die im Vizekönigreich Peru für seine Belange auszunutzen. Und die Aufstände dort drohen sich gerade zu einer ernsthaften Rebellion auszuweiten.«
    »Ist das, was gerade in Peru passiert, wirklich so bedeutsam für Spanien?«
    »Das Schicksal des Vizekönigreichs ist entscheidend für unsere Stellung in Südamerika. Durch seinen Silberreichtum ist es eine unserer wertvollsten Kolonien   … Und ihr Fonsecas scheint zur Zielscheibe geworden zu sein.«
    »Ich bin davon am meisten überrascht.«
    »Du trägst auch keine Schuld daran. Das zweitälteste Gewerbe der Welt, die Spionage ist ein riskantes Geschäft. Da muss man etwas sagen und genau das Gegenteil davon tun, Stunde für Stunde, Tag für Tag. Es scheint ein Spiel mit vermeintlichen Regeln zu sein, doch unter dem Tisch geht es ganz anders zu, mit blanken |69| Dolchstößen. Und wie bei den Falschspielern erhält nur der einen Wink, den man auch tatsächlich warnen will. Aber davon verstehst du nichts   …«
    »Wenn Sie es mir erklären, werde ich es sicher verstehen.«
    Onofre Boncalcio rutschte auf seinem Platz hin und her. Ihm war unbehaglich zumute, wusste er doch genau, dass Sebastián ihm nicht blindlings gehorchen würde. Je weniger der Ingenieur jedoch wusste, umso besser war es für alle Beteiligten. Auch für Fonseca. Daher wog er seine Worte weiterhin vorsichtig ab.
    »Nun, um es kurz zu machen: In Peru kommt es seit einiger Zeit immer wieder zu Unruhen. Verschiedene Anwärter kämpfen um die Thronfolge, und alle behaupten, vom letzten Inkaherrscher abzustammen. Das hat in den Archiven viel Staub aufgewirbelt.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Und dann gibt es da außerdem noch die Engländer   …«
    »Und was haben die damit zu tun?«
    »Seit einiger Zeit stellen wir zahlreiche verdächtige Schiffsbewegungen fest. Fregatten, die offiziell nach Guinea unterwegs waren, dann aber in Brasilien oder Patagonien gesichtet wurden, wobei die Kapitäne behaupteten, durch einen Sturm vom Kurs abgekommen zu sein. Und sie hatten jede Menge Kisten mit Waffen an Bord. Zudem haben wir erfahren, dass sechzig Offiziere der englischen Kriegsflotte bei einem gewissen Harris Spanisch lernen, der vorgibt, aus Liverpool zu stammen, in Wirklichkeit aber ein Jesuit aus Bilbao ist.«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass die Engländer die Aufstände im Vizekönigreich Peru unterstützen.«
    »Wir haben das bei ihren dreizehn Kolonien in Nordamerika ebenso gemacht,bis diese sich von Großbritannien lossagten. Deshalb wollen sie es uns jetzt mit gleicher Münze heimzahlen, indem sie den spanischen Territorien im Süden des Kontinents zur Unabhängigkeit verhelfen. Und der

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