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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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mächtigste Hebel, um dies zu erreichen, ist der Inkathron.«
    »Dann glauben Sie also, dass das, was gerade passiert, das Werk englischer Spione ist?«
    |70| »Ja, möglicherweise stecken sie dahinter. Oder auch spanische Doppelagenten in ihren Diensten   … Daher muss ich ganz genau wissen, was dein Vater und dein Onkel mit dieser Geschichte vom Inkaschatz zu tun haben.«
    An der Stelle war das Theaterstück ›Der gordische Knoten‹ abgebrochen worden. Sebastián merkte sofort, wie heikel Boncalcios Frage war. Kaum jemand war so gut über alles unterrichtet wie Floridablancas Vertrauensmann. Er wusste mit Sicherheit, dass es sein Vater gewesen war, der das Stück überarbeitet hatte. Was wusste er sonst noch? Dass Juan de Fonseca seinen Jesuitenbruder versteckt hatte?
    »Das kann ich Ihnen nicht beantworten«, erklärte er bedachtsam.
    »Du musst wissen, was du tust«, knurrte Boncalcio. »Denn nach den Engländern stehen in der Reihe der Verdächtigen sofort die Jesuiten und ihre Anhänger, dieser ganze alte Sumpf der Gesellschaft Jesu, die nach der Aufhebung des Ordens im Untergrund ihre Intrigen weiterspinnen, was die Sache nicht einfacher macht. Erzähl mir nicht, dass ihr Fonsecas nichts damit zu tun habt.«
    »Bis zum Tode meines Vaters hatte ich keine Ahnung, dass sich mein Onkel Álvaro in Madrid versteckt hielt.«
    »Großer Gott, Sebastián, das glaubt dir doch kein Mensch!«
    »Aber es stimmt! Sie wussten doch auch nicht, dass gewisse Leute hinter Ihrem Rücken Ränke schmieden, wie zum Beispiel die von diesem geheimen Verlies, aus dem Sie mich soeben errettet haben.«
    »Das ist nicht dasselbe. Natürlich haben wir Gegner, die es gern sähen, wenn wir scheitern würden, damit sie hier an die Macht kommen. Und dasselbe gilt für unsere überseeischen Belange. Deshalb machen wir den gemäßigteren Kreolen und Eingeborenen auch Zugeständnisse: um Schlimmeres zu vermeiden und die auszuschalten, die sich von Spanien unabhängig machen wollen.«
    »Und deshalb unterstützt Floridablanca diese Mestizin?«
    »Es ist besser, sie macht mit uns gemeinsame Sache als mit unseren Feinden.«
    |71| »Ich verstehe. Doch ist mir nach wie vor schleierhaft, was das alles mit dem Tod meines Vaters, meines Onkels und Cañizares’ zu tun hat.«
    »Die Hinweise in dem Bühnenstück waren doch eindeutig, oder etwa nicht? An Cañizares hat der Mörder ein Exempel statuiert: Seht her, das droht einem, der meine Machenschaften zu durchkreuzen sucht. Die Morde mit diesen Blutknoten sollen bestimmen Leuten eine Warnung sein; unter anderem auch mir.«
    »Ihnen?«
    »Ja.« Boncalcio holte seine Brieftasche heraus und reichte ihm einen zerknitterten Zettel. »Wem sonst, glaubst du, will er damit Bange machen?«
    Sebastián erbleichte. Es war die Prophezeiung, die der Mörder am Leichnam seines Onkels hinterlassen hatte: »Ein Staatsdiener, der mit List zu höchster Gunst gelangte, wird am Ende die Verachtung jener erleben, die ihn zuvor beweihräucherten   … Ein Minister wird abgesetzt werden, weil er sich dies Orakel nicht zu Herzen nahm. Gewisse Leute werden den Hof in große Unruhe stürzen, und einige sind zum Tode verdammt.«
    »Das ist aus Torres Villarroels Almanach, in dem er den Madrider Hutaufstand vorhersagte, den der König schließlich den Jesuiten zuschrieb, weshalb er bald ihren Orden verbot.« Und als er sah, dass Sebastián ihn nicht verstand, fuhr er fort: »Weißt du, was ein
procedimiento de nudo hecho
ist?«
    »Ähm   … Die Juristerei ist nicht gerade meine Stärke.«
    »Im Wesentlichen dient dieses Verfahren dazu, einen Staatsdiener so lange zu schützen, bis ein Schuldnachweis erbracht ist. Die Richter müssen sich dabei an die unbestreitbaren Tatsachen halten. Und die sind in meinem Falle – eine Drohung.«
    »Wieso sind Sie sich so sicher, dass sie Ihnen gilt?«
    »Weil der, der Cañizares erhängt hat, an dem Knoten ein Säckchen mit Bohnen und eines mit Kalk befestigt hat. Und mein Name enthält diese beiden Dinge, die Bohne und das Calcium, den Kalk. Setzt man sie zusammen, ergibt das klanglich meinen Nachnamen: Boncalcio.«
    |72| Da erinnerte Sebastián sich daran, wie leichenblass Floridablancas Vertrauensmann im Theater geworden und wie ihm der Schweiß ausgebrochen war, als er die Säckchen entdeckte. Und dann fiel ihm noch etwas ein.
    »Der Mörder verwendet eine Technik der Jesuiten!« Sebastián war nun selbst aschfahl geworden. »Man nennt das ›Bereitung des Schauplatzes‹. Mittels

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