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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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drehte sich um. Hinter ihm stand Moncho.
    »Der Verwalter ist da«, vermeldete der Majordomus.

|89| Zeiten des Leids
    A ntonio Cepeda erwartete Sebastián schon in seinem Büro. Kaum saß er, begann der schmächtige Verwalter fahrig in seiner Schreibmappe zu kramen, zog einzelne Blätter heraus, steckte sie wieder weg, wobei er einige zerknitterte.
    »Ich habe keine guten Nachrichten, Señor. Sie   … Sie sind bankrott.«
    »Wie, bankrott?« Sebastián fiel aus allen Wolken. »Das kann nicht sein! Allein dieses Haus hier   …«
    »Das ist zwar rund zweihundertfünfzigtausend Reales wert, aber es ist samt seiner Einrichtung mit Hypotheken belastet. Außer den Büchern und ein paar persönlichen Gegenständen werden wir nichts anrühren dürfen.«
    »Und was ist mit den Ländereien meines Vaters?« »Die Bauern haben schon lange keine Abgaben mehr gezahlt.
    Die Weizenfelder bringen keine großen Erträge. Sie sind stark parzelliert und werden zudem nicht bewässert.« Cepeda blätterte in seinen Unterlagen. »Die Weinberge bringen vielleicht noch fünfundfünfzigtausend Reales ein. Dazu gehören eine Kelterei, eine Weinkellerei und natürlich der Gutshof mit Gemüsegarten. Allerdings geht es dort drunter und drüber. Ihr Vater hat dem Verwalter schon lange keinen Besuch mehr abgestattet, weshalb der dort schaltet und waltet, wie es ihm gefällt. Wenn Don Juan sich persönlich darum gekümmert hätte, wären diese Ländereien sicher nicht so abgewirtschaftet.«
    Sebastián war ganz blass geworden. »Und der Gutsbesitz meiner Mutter?«
    |90| »Ich glaube, der ist bei Lucía in guten Händen. Ihre Mutter hat sie noch selbst in ihre Aufgaben eingewiesen.« Cepedas Gesicht hatte sich ein wenig erhellt. »Dort werden Sie bestimmt die Mittel auftreiben, die für Ihr Auskommen während Ihrer   …«, er stockte und suchte nach Worten, »…   Ihrer Abwesenheit nötig sind. Das Geschäft mit den Seilen und Segeln läuft meines Wissens prächtig; Paco der Seiler wird Ihnen das sicher noch im Einzelnen darlegen.«
    »Und wo ist der Betrag, den Sie für mich hier in Madrid flüssig machen wollten?«
    »Hier, Señor«, erwiderte der Verwalter und schob dem Militäringenieur zwei Beutel hin. »fünfundzwanzigtausend Reales.«
    »Das ist alles?«, rief Sebastián aufgebracht. »Und dafür hat mein Vater Sie als Verwalter beschäftigt?«
    »Señor, hier sind alle Einnahmen und Ausgaben bis auf den letzten Ochavo nachgewiesen«, erwiderte Cepeda beleidigt und schlug seine Schreibmappe auf. »Sehen Sie.«
    Der Verwalter breitete nun die Papiere auf dem Tisch aus, eines nach dem anderen, und begann sich in langen Erklärungen zu ergehen. Sebastián versuchte zunächst noch, ihm zu folgen, doch was verstand er schon vom Preis einer Arrobe Weizen oder Gerste, eines Zentners Wolle? Irgendwann fühlte er sich so erschlagen, dass er aufsprang und im Zimmer auf und ab ging, um sich zu beruhigen. Was konnte er tun? Er konnte nichts ändern, und es brachte nichts, diesen Taugenichts jetzt zu entlassen und einen anderen einzustellen, zumal der sicher ebenso betrügerisch wäre. Er trat an den Tisch und schob die Abrechnungen zusammen.
    »Das reicht, ich hab genug gehört. Sie können gehen.«
    Doch Cepeda rührte sich nicht von der Stelle. »Señor   … Da wären dann noch die ausstehenden Löhne   …«
    »Was für Löhne?«
    »Die der Bediensteten. Angesichts Ihrer finanziellen Lage und jetzt, da Ihr Vater nicht mehr ist und Sie außerdem   … fort sein werden, sollten Sie nur einen kleinen Teil der Dienerschaft im |91| Haus belassen. Moncho hat alle im Salon versammelt. Hier in dem einen Beutel ist die Summe, die Sie ihnen noch auszahlen müssen.«
    »Und wie viel ist das?«
    »Ungefähr zehntausend Reales.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass mir am Ende nur fünfzehntausend Reales bleiben?«
    Sebastían nahm die Liste, die der Verwalter ihm reichte, und überflog sie fassungslos. Nach einer Weile gab er sich jedoch einen Ruck.
    »In Ordnung, gehen wir.«
    Im Salon wirkten alle sehr bedrückt. Hier und da war ein unterdrücktes Schluchzen zu vernehmen. Der Majordomus bat um Ruhe, als Sebastián zu sprechen ansetzte.
    »Es tut mir sehr leid, dass der Tod meines Vaters auch euch betrifft. Ihr wisst, in welcher Lage ich mich befinde. Ich kann nicht alle weiterbeschäftigen. Doch niemand muss gehen, ehe er nicht eine andere Anstellung gefunden hat   …«
    Ein Raunen ging durch den Saal, durchsetzt von Treueschwüren, Dankesworten und

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