Quipu
und Topf einzusammeln, während die Männer die improvisierten Tische abbauten.
Nach dem Essen nutzte Sebastián die Gelegenheit, um Hermógenes in sein Hellegatt zu begleiten.
»Warum haben Sie mich eigentlich eingeschlossen, dann aber nicht gegen mich ausgesagt?«, fragte er ihn, als sie gemeinsam die Treppe hinunterstiegen.
»Weil ich zunächst nicht wusste, wer Sie waren.«
»Sie kennen mich?«
»Ich kenne Ihren Vater. Er hat viel für mich getan. Vor langer Zeit hat er Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit ich zusammen mit zwei Freunden auf einem Schiff der Armada anheuern konnte.«
»Mit Paco?«
»Richtig«, erwiderte Hermógenes und lächelte. »Und der andere war der Vater des kleinen Miguel. Juan de Fonseca hat sich auch um unsere Familien gekümmert, als wir von seinen Ländereien rekrutiert wurden. Paco hat damals am Mastkorb gearbeitet und ich als Gehilfe von Miguelitos Vater, dem Zimmermann. Bei einem Gefecht kam er ums Leben. Paco ging daraufhin zurück an Land und fing auf der Werft an, sodass ich seinerzeit nicht nur mein Bein, sondern auch meinen besten Freund verlor. Als man mir die Stelle von Miguels Vater anbot, habe ich nicht lange gezögert. Ich hatte ihm versprochen, mich um seinen Sohn zu kümmern. Miguel ist zwar erst Schiffsjunge, aber irgendwann wird er ein großer Seemann sein. Er ist ein herzensguter Junge und strengt sich sehr an; er will gern Marsgast werden.«
Da fiel Sebastián der Brief ein, den sein Onkel Álvaro 1767 Paco anvertraut hatte, damit er ihn mit dem ersten Schiff nach Lima schickte.
|159| »Sie haben vor neun Jahren für meinen Onkel eine Nachricht nach Lima geschmuggelt, nicht wahr?«
»Richtig. Ich habe sie dem Pförtner von San Pablo, dem Kloster der Jesuiten, ausgehändigt.«
Sebastián nickte dankbar und folgte Hermógenes nun in seine Kammer.
»Warum ist Kommandant Valdés eigentlich so nervös?«
»Er kennt die Besatzung nicht, und die betrachtet ihn nicht als einen der ihren. Er kam erst in letzter Minute dazu.«
»Und was war mit dem vorherigen Kapitän?«
»Der hatte einen Unfall. Der zweite Offizier hatte gehofft, sein Nachfolger zu werden. Aber dann bekamen wir über Nacht diesen Auftrag, und da mussten einige ihre Pläne ändern, darunter auch ich. Statt wieder auf der Werft arbeiten zu können, wurde ich erneut eingezogen. Und dann sind da noch der Marqués de Montilla, der zweite Offizier und der Obermaat, die Valdés das Leben schwer machen, obwohl er ein sehr erfahrener Seemann ist.«
»Macht die ›África‹ eigentlich viel Arbeit?«, fragte Sebastián und deutete auf das Modell unter der Werkbank.
»Es ist kein schlechtes Schiff, obwohl es die Manöver auf der Luvseite nicht so gut verträgt.«
Und dann erklärte ihm Hermógenes, wie das Schiff mit seinen vierundsiebzig Kanonen aufgebaut war. Mit einer Länge von einhundertsechsundneunzig und einer Breite von achtundvierzig Fuß kam es einem schwimmenden Dorf gleich. Jedes noch so kleine Fleckchen war ausgenutzt worden.
Danach gingen sie hinauf zum Oberdeck, wo Hermógenes ihm die verschiedenen Planken zeigte, aus denen das Schiff bestand. Für den gesamten Dreimaster waren über dreitausend Bäume gefällt worden.
Dabei fragte Sebastián den Zimmermann vorsichtig über Montillas wissenschaftliche Expedition aus.
»Ich weiß nicht, was ich Ihnen dazu sagen soll.« Hermógenes kratzte sich den Bart. »Sie behaupten, sie wollen eine Forschungsgruppe unterstützen, die in Peru seit zwei Jahren unbekannte |160| Pflanzen sammelt und deren Anbau studiert. Und zudem soll der Marinestaatssekretär ihnen den Auftrag erteilt haben, den Samen einer Pinienart zu beschaffen, die sich hervorragend für Masten eignen soll.«
»Und Sie glauben das?«
»Die Masten sind der kostspieligste Teil eines Segelschiffes. Sie müssen das gesamte Segelwerk tragen, dessen Gewicht sich bei Regen um ein Vielfaches erhöht. Sie müssen den heftigsten Stürmen standhalten. Ohne stabile Masten ist ein Schiff nichts wert. Das beste Holz dafür gibt es bisher in Russland und Polen, aber es ist natürlich teuer. Daher wäre es großartig, wenn wir in unseren Kolonien billigeres fänden.«
»Und kennen Sie die Männer von dieser Expedition?«
»Nur zwei, und die sind Zimmerleute wie ich. Die anderen verstehen seltsamerweise nicht mal die gebräuchlichsten Bezeichnungen für das Plankenwerk. Und außerdem kennen sie keine Schiffszimmerleute aus ihrer Heimat.«
»Vielleicht sind sie ja noch nicht so
Weitere Kostenlose Bücher