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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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Schloss. Ich stieß die Tür auf, ohne anzuklopfen.
    Das Herz wollte mir stehen bleiben, als ich Jaros erbärmlichen Zustand erkannte. Er lag auf seinem Bett. Zusammengekauert, die Wangen bleich und eingefallen, als hätten sie viele Stunden kein Tageslicht gesehen. Die Vorhänge waren zugezogen und es stank beschämend.
    Wenn es für Angst und Verzweiflung einen Geruch gab, dann war es dieser, den ich in diesem Moment hier in diesem Zimmer roch.
    Der Schreibtisch an der Wand war beladen mit Schulbüchern, Computerspielen, CDs und allerlei anderen Kleinigkeiten, die Jungs in diesem Alter ansammelten. Der Vogelkäfig thronte darauf wie eine unterschwellige Drohung.
    Dieses Zimmer war ein Gefängnis.
    »Jaro?« Ich beugte mich über seinen schlaffen Körper. Sein Blick war müde - schwermütig.
    »Du erkennst mich sicher nicht«, sagte ich sanft und drückte vorsichtig seinen Arm. Er war schockierend dünn.
    »Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen?«, fragte ich Margarethe, die hinter mir eingetreten war.
    »Er wollte nicht. Wir haben ihm alle vier Stunden etwas gebracht, aber er hat es nicht angerührt.«
    »Sie haben ihn krankgemacht«, würgte ich hervor. Ich schüttelte den Jungen. »Hör zu, Jaro. Auch wenn du mich jetzt nicht erkennst, ich bin es, Alexej. Hörst du? Ich gehöre zu Pavels Schwarm, verstehst du mich?“
    Er schaute mich nicht einmal an. Vielleicht war sein Geist schon zu müde zum Kämpfen.
    »Steh auf, Jaro!«, befahl ich. »Du kannst hier nicht so liegen bleiben.« Und an seine Mutter gewandt fuhr ich fort: »Wie konnten Sie nur? Er ist nur ein Junge. Er versucht verzweifelt seine Identität zu finden. Wie können Sie ihn nur so grausam behandeln?«
    »Identität finden? Was soll das heißen? Er muss seine Identität nicht finden. Er gehört hierher, und zwar als Mensch! Er ist der einzige Sohn, der mir noch geblieben ist!«
    »Ich kann es nicht glauben! Verdient Ihr Sohn als Rabe etwa Ihr Mitgefühl nicht, Tita?« Ich wählte bewusst diesen Namen. Jetzt wollte ich sie an die Bande erinnern, die unsere Familien verknüpften. Aber sie schaute mich nur verständnislos an.  
    »Alexej?«, fragte Jaro schwach.
    »Ja, ich bin es. Lass uns zusehen, dass wir dieses Haus so schnell es geht verlassen!«
    »Niemals!«, stieß seine Mutter aufgebracht hervor. »Das lass ich nicht zu! Du hast schon meinen Pavel auf dem Gewissen! Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was es heißt, Mutter eines solchen Wesens zu sein?«
    »Das ist mir völlig gleichgültig.« Ich baute mich drohend vor ihr auf. »Aber ich weiß, was es bedeutet, gefangen zu sein. Ich weiß, was es heißt, eingesperrt zu sein und gedemütigt! Und heute weiß ich, was es bedeutet, frei zu sein!«
    »Du kannst ihn nicht mitnehmen«, heulte sie auf.
    Ich beachte sie nicht weiter.
    Jaro hatte einen unerwartet wachen Ausdruck in den Augen. Er rappelte sich hoch. »Du nimmst mich mit?«
    »Ja. Unter keinen Umständen bleibst du hier in diesem Haus!« Aber dann überkamen mich Zweifel. »Wie schnell kannst du dich bereitmachen? Musst du dich irgendwie vorbereiten?«
    »Vorbereiten?«, fragte er entgeistert. »So ein Quatsch! Ich bin vorbereitet!«, seine Stimme überschlug sich vor Aufregung. Er überlegte nicht eine Sekunde, warf das Kissen, das er umklammert hatte, aufs Bett und verwandelte sich mit einem klatschenden Geräusch. Seine Kleidung sackte in sich zusammen. Ich zog daran um ihn zu befreien, und sofort stob er aufgeregt durch das Zimmer.
    »Lulu, schnell! Den Käfig!«, kreischte Margarete und sprang an mir vorbei zum Schreibtisch. Hinter mir knallte die Tür zu. Wir saßen in der Falle.
    »Bleib ruhig!«, rief ich dem umherflatternden Vogel zu. Das Mädchen bewachte die Tür mit angsterfüllten Augen.
    Ich wollte diesen Konflikt nicht. Ich wollte keine Gewalt, schon gar nicht vor den Augen eines Kindes.
    »Das könnte auch anders gehen. Tita - hören Sie? Das muss nicht so sein.«
    »Niemals!«, schrie sie.
    Das genügte mir.
    Ich riss die Vorhänge zur Seite und rüttelte am Fenstergriff - kein Schlüssel weit und breit. Fieberhaft suchte ich nach einem Ausweg, der nicht in Handgreiflichkeiten enden würde, aber der Weg durch die Tür war uns versperrt. Da ergriff ich Jaros Schreibtischstuhl.
    »Nein!«, rief seine Mutter, aber es war zu spät. Mit ganzer Kraft schleuderte ich den Stuhl gegen das Fenster. Das Klirren des zerberstenden Glases war noch nicht verklungen, als ich in meinen Rabenkörper einbrach. Gemeinsam schossen

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