Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
etwas trinken und essen?«
Diesmal nickte Raven und Kara stand auf und trat ans Kopfende des Bettes. »Ich helfe dir, dich aufzurichten.«
Während er sich mit der rechten Hand nach oben drückte, stützte sie ihn an der Schulter und schob das Kissen zwischen seinen Rücken und die Wand. Raven lehnte sich an und Kara nahm ein Tablett, das auf einem kleinen Tisch neben dem Bett gestanden hatte, und stellte es auf seinen Beinen ab. Brot, Käse und Schinken waren auf einem Teller angerichtet, ein mit Wein gefüllter Becher stand daneben und ein Messer lag ebenfalls bereit.
»Brauchst du Hilfe beim Essen?« Als er mit einer Handgeste ablehnte, ließ sie sich wieder auf dem Hocker nieder. Sie sah ihm eine Weile beim Essen zu, dann begann sie zu erzählen. »Ich hätte dich nie vor der Tempelmauer gefunden, wenn nicht dieses furchtbare Vogelgeschrei gewesen wäre. Eine Krähe hat dermaßen laut gekrächzt, dass ich ihren Rufen zur Seitenpforte gefolgt bin. Und dort sah ich dich liegen. Zuerst habe ich mich überzeugt, dass du noch lebst, dann habe ich Hilfe geholt«, schloss sie zufrieden. »Dein Pferd haben wir auch wieder eingefangen. Es steht nun bei uns im Stall und ist gut versorgt.«
Raven legte das Messer beiseite und blickte Kara mit einem dankbaren Gesichtsausdruck an. Das fiel ihm nicht schwer, denn er war ihr in mehr als nur einer Hinsicht zu Dank verpflichtet. Unauffällig ließ er die Hand unter die Decke zu seiner Hosentasche gleiten. Der Beutel mit Münzen steckte immer noch dort, wie er verwundert feststellte. Ein Raubüberfall war damit ausgeschlossen. Aber weswegen war er dann niedergeschlagen worden?
Karas Gedanken schienen in die gleiche Richtung zu gehen. »Ich habe keine Ahnung, wer dich angegriffen hat. Als ich aus der Pforte trat, habe ich niemanden gesehen. Nur die Krähe, die dieses Getöse veranstaltet hat, saß auf dem Weg. Außer dir ist auch kein anderer Reisender heute Morgen überfallen worden.«
Raven musste ein Grinsen unterdrücken. Die Krähe war mit Sicherheit Gorik gewesen, der in seinem Rabenstolz sehr getroffen wäre, wenn er wüsste, dass Kara ihn als Krähe bezeichnete.
»Bist du satt?« Kara wies auf seinen leeren Teller.
Er nickte, und sie stellte das Tablett zurück auf den Tisch. »Warst du auf dem Weg zum Tempel, um dich als Knecht zu bewerben?«, wollte sie wissen. »Theon, unser Tempelherr, hat nämlich in den umliegenden Dörfern verkünden lassen, dass wir Arbeitskräfte suchen.«
Es war unglaublich, dachte Raven. Kara löste gerade unwissentlich alle seine Probleme! Er hatte bereits überlegt, schlimmere Schmerzen vorzutäuschen, um noch länger im Tempel bleiben zu können, doch diese Idee war weitaus besser. Während er zustimmend den Kopf bewegte, wunderte er sich immer mehr über die junge Frau. Warum war sie einem völlig Fremden gegenüber nicht misstrauischer? In seinem Fall wäre etwas Argwohn wirklich angebracht. Entweder war diese Kara furchtbar töricht oder nicht ganz richtig im Kopf. Möglicherweise auch beides, aber am wahrscheinlichsten war, dass sie ihn für völlig harmlos hielt. Ein armer Knecht, stumm und noch dazu mit zwei lahmen Gliedmaßen. Gewohnheitsmäßig glitt sein Blick auf seinen geschienten Arm.
Kara bemerkte es. »Wir haben die Schiene nicht abgenommen, weil wir nicht sicher waren, was mit deinem Arm los ist. Ist er gebrochen?«
Oh, sie wusste es also noch gar nichts von seinen Lähmungen! Das würde auch ihr Strahlen erklären, mit dem sie ihn die ganze Zeit ansah: Sie hatte noch nicht herausgefunden, dass er ein halber Krüppel war. Er wappnete sich, den Glanz in ihren Augen gleich erlöschen zu sehen, und schüttelte den Kopf. Dann versteifte er seinen gesunden Arm für einen Moment, um ihr das Problem deutlich zu machen.
Sie verstand. »Dein linker Arm ist gelähmt.«
Kaum hatte er genickt, stellte sie die nächste Frage: »Ist das durch einen Unfall passiert?«
Bevor er es verhindern konnte, nickte er wieder. Er wollte nicht, dass sie erfuhr, dass er ein Gezeichneter war. Tatsächlich blickte sie ihn immer noch genauso wohlwollend an wie vorher.
»Es muss schwierig für dich gewesen sein, mit nur noch einem Arm zurechtzukommen.« In ihrer Stimme schwang Mitgefühl mit, kein Mitleid. »Hast du auch einen Namen?«
Als er erneut nickte, legte sich ihre Stirn in Falten. »Wie kannst du ihn mir nur mitteilen? Soll ich alle Männernamen aufzählen, die mir einfallen, und du gibst mir ein Zeichen, wenn ich den Richtigen
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