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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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geworden? Verwandle dich sofort zurück, Pia!«
    Ja, sicher, das hätte sie gern! Schäckäckäck. Wütend landete ich auf dem Geländer meines Hochbetts und keckerte sie an, während sie mit mir schimpfte.
    »… solche Sorgen gemacht! Ich hatte dir doch gesagt, dass …«
    Schäckäckäck. Uuiieeh. Ding Dang Dong.
    »Wage es nicht, dich über mich lustig zu machen! Ich warne dich!«
    Sie drohte mir mit dem Zeigefinger, was ich schrecklich lustig fand. Wie hatte Leander das mit der Polizeisirene gemacht? Aaabiaaabi! Nein, so nicht. Das klang wie eine Sirene mit Schnuller im Mund. Schäckäck. Noch mal. Aaauiiaaauiiiaaauiiiaaa. Großartig! Darauf einen Kuckucksruf! Kuckuck, Kuckuck.
    Mama war auf einmal still, ihre Hand mit dem lustigen Zeigefinger hing noch in der Luft, sie starrte mich an, ihr Mund stand offen. Sie brauchte eindeutig eine Aufmunterung, also pfiff ich ein Stück von diesem alten Lied. Don’t worry, be happy.
    Siehe da, es klappte. Nun lachte sie. Und ich wünschte mir dringend, sie in den Arm zu nehmen.
    Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, landete ich auf dem Boden und fiel ihr als Pia um den Hals. Sie lachte wieder, wenn man das Geräusch auch kaum von Weinen unterscheiden konnte.
    Nachdem wir uns einen Moment lang geknuddelt hatten, schob sie mich von sich weg. »Nun zieh dir erst mal etwas an.« Das klang fast normal.
    Doch ich hatte mich zu früh gefreut, denn nun fielen ihr meine Schrammen und die nassen Haare auf. Entsetzt riss sie die Augen auf.
    »Alles halb so schlimm«, sagte ich schnell, obwohl ich mich schlimm fühlte. Und wäre Leander nicht gewesen … Ich warf einen Blick zum Fenster, vor dem er saß und an etwas herumpickte, das sich in einer Mauerfuge versteckt haben musste.
    Gerade überlegte ich, ihm etwas Schönes zu schenken, da erriet Mama meine Gedanken. »Ich habe ihm schon Erdnüsse gegeben. Und jetzt erzählst du mir sofort, was passiert ist!«
    Warum hatte ich mir nicht vorher eine Geschichte ausgedacht? Es galt, Zeit zu schinden, deshalb zog ich mir erst mal etwas über.
    »Ich bin gegen einen Baum geflogen und abgestürzt«, murmelte ich, während ich mit dem Kopf noch im T-Shirt steckte. Den Verrückten mit dem Gewehr konnte ich unmöglich erwähnen. Den See auch nicht. Sonst würde Mama als Nächstes Maschendraht vor mein Zimmerfenster nageln und mich einsperren.
    »Du wirst es vielleicht nicht bemerkt haben, aber ich habe dich beobachtet. In der Regel fliegst du nicht gegen Bäume. Außerdem sind deine Haare nass. Schwindle mich nicht an, Pia Rabea! Was ist passiert?«
    Mist, die Haare. »Okay, ich bin ins Wasser gefallen.«
    »Und was ist mit den Schrammen? Und was war mit … mit deinem Elsternfreund? Der war doch auch ganz zerrupft? Ach, egal, du wirst es mir ja doch nicht sagen, nicht wahr? Aber so geht es nicht weiter. Ich verbiete dir hiermit, dich zu verwandeln und allein herumzufliegen! Wenn du dich unbedingt verwandeln musst, dann in Zukunft nur noch, wenn ich dabei bin. Und geflogen wird nur dort, wo ich dich sehen kann, verstanden?«
    Das ging nun wirklich zu weit. Sie tat, als hätte mir in all der Zeit, in der ich allein zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs gewesen war, nichts passieren können.
    »Das ist doch Blödsinn«, rutschte es mir heraus.
    Da war er wieder: der drohende Zeigefinger. »So sprichst du nicht mit mir! Es bleibt dabei! Und tu Salbe auf deine Verletzungen!« Mit langen Schritten stürmte sie aus dem Zimmer. Ich konnte förmlich hören, wie sie innerlich weiterschimpfte. So wütend hatte ich sie nicht erlebt, seit ich als Erstklässlerin bei einem ihrer Kleider die Ärmel abgeschnitten hatte, damit ich es anziehen konnte. Dabei hatte ich gedacht, sie könnte sie einfach wieder annähen.
    Später auf der Autofahrt nach Braunschweig redeten wir beide nicht miteinander, sondern nur mit Papa. Der legte zwar verwundert seine Stirn in Falten, fragte aber nicht nach. Und als wir ankamen und Mama mir an der Autotür Omas Blumenstrauß und den Obstkorb abnahm, damit ich aussteigen konnte, hatten Mama und ich von der Anschweigerei auch schon beide genug.
    »Ich mache mir doch nur Sorgen«, sagte sie.
    »Weiß ich doch«, sagte ich.
    Dann umarmten wir uns, so gut das mit Blumen, Äpfeln, Büchern und Wäsche bepackt eben ging, und vertrugen uns für den Moment wieder.
    »Holst du morgen eigentlich Jori vom Bahnhof ab?«, fragte ich vorsichtig. Wer wusste, ob sie für den Habichtmädchen-Besuch jetzt überhaupt noch zu haben war?
    Sie

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