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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sagte ich.
    Sie nahm die Hände aus ihren Bademanteltaschen und verschränkte die Arme. »Das mag ja alles ganz nett sein. Aber nichts davon ist so großartig, dass ich nicht sofort darauf verzichten würde, wenn ich diesen Fluch loswerden könnte.«
    Sie war wirklich stur. Ich atmete tief durch. »Darum geht es ja erst mal nicht. Wir versuchen, etwas zu finden, was ihr an eurer Vogelgestalt mögt, damit ihr euch beim Verwandeln darauf konzentrieren könnt.«
    »Ach so.« Mit gerunzelter Stirn sah sie einen Moment lang aus dem Fenster. »Da fällt mir nichts ein«, sagte sie schließlich.
    Strix warf von seinem Platz aus ein Stück Baumrinde in die Quelle. »Ich glaub’s nicht! Das kann nur daran liegen, dass du dich als Habicht nie selbst siehst. Du bist ein unglaublich hübscher Vogel. Wie kann man es nicht lieben, so auszusehen?«
    Oh, danke, Strix , dachte ich mit gemischten Gefühlen. Jori bei ihrer Eitelkeit zu packen war sicher schlau. Aber er hatte mir etwas zu verehrungsvoll geklungen.    
    Jori sah im ersten Moment so aus, als wollte sie auch Strix’ Vorstoß wieder mit einer mauligen Bemerkung abwehren. Dann gab sie jedoch nach. »Na gut. Ein paar schöne Dinge gibt es am Habichtsein. Ich versuche es.«    
    »Bravo!«, rief Strix, und Bubo klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken.
    Ich erklärte, was in meinem Kopf vorging, wenn ich mich verwandeln wollte, und machte es vor. Sie taten ihr Bestes, um es mir nachzumachen. Es klappte nicht auf Anhieb perfekt, aber immerhin so gut, dass Jori und Bubo Hoffnung schöpften.
    Wir gerieten in einen fieberhaften Eifer und waren so versunken in unsere Aufgabe, dass wir kaum etwas um uns herum wahrnahmen. Ich bemerkte zwar, wie Leander anfing, wild in der Buche herumzutoben, dachte mir aber nichts dabei.
    Wenig später schaffte Bubo es endlich, in knapp fünfzehn Minuten ohne Schwierigkeiten vom Mensch zum Uhu zu werden. Begleitet von unserem Jubel erhob er sich zu einer Ehrenrunde in die Luft.
    Aus der dichten Krone der großen Buche kam im selben Moment schwerfällig ein Rabe geflogen – gefolgt von dem wütend keckernden Leander. Und da verlor der Rabe auf einmal seine Flugfähigkeit und fiel wie ein Stein vor Joris und meine Füße. Verblüfft starrten wir den Vogel an, der bereits anfing, sich zu verwandeln.
    Fünf Minuten sahen wir einfach nur zu, wie aus dem Raben ein Junge wurde, der genauso nackt war wie wir unter unseren Bademänteln. Ich brauchte nur die Hälfte dieser Zeit, um ihn wiederzuerkennen. Es war Leon Wolff, der ehrenhafte Finder meines Fahrrads.
    Auch Strix hatte sich zu uns gesellt, während Bubo seine Uhugestalt behielt und bei der Quelle auf einer Baumwurzel hockte. Leander flog pfeifend und sichtlich zufrieden mit sich selbst Achten und Loopings über uns.
    Sobald der Rabenknabe wieder Ohren zum Hören und einen Mund zum Sprechen hatte, konnte ich nicht mehr an mich halten. »Was machst du hier? Was soll das? Belauschst du uns etwa? Dann war das mit meinem Fahrrad ja wohl auch kein reiner Zufall, was? Wo hattest du es her? Wer bist du wirklich?«
    Er rappelte sich in eine sitzende Position auf und vergrub den Kopf in den Händen. »Kannst du bitte nicht so laut reden? Mann, ich dachte vorhin schon, dass ihr irgendwie hysterisch seid.« Er hob den Kopf und sah mir in die Augen. »Sorry, war nicht so gemeint. Ich bin Corax.«
    Noch jemand mit einer Vorliebe für wissenschaftliche Spitznamen! Strix war in Alarmbereitschaft, das konnte ich spüren, ohne ihn ansehen zu müssen.
    »Ich kenne dich«, sagte er. »Du warst im Sommer mal auf Burg Falkenstein. Und neulich habe ich dich in unserer Straße gesehen. Was hast du da getrieben? Und was hast du mit Pias Rad zu tun?«
    »Halt dich da ’raus, Kleiner. Das geht dich nichts an. Dein Rad habe ich gefunden, Elsternmädchen. Hab ich doch gesagt. Sieht übrigens klasse aus, mit den Federn da hinter deinem Ohr. Du hast echt Stil. Kann ich mir mal den Bademantel ausleihen, der da liegt?«
    Na prima, noch so ein unverschämtes Vogelgeschöpf. Jori, der es die Sprache verschlagen hatte, reichte ihm errötend Bubos Mantel. Bubo schlug ungehalten seine Schwingen und ließ ein abgehacktes »Huuhu« ertönen.
    Hielt dieser Corax mich für dumm? Der konnte was erleben. »Ich glaube dir kein Wort. Du beobachtest uns schon seit Wochen. Denkst du, ich bin blind? Ich wette, du hast die ganze Zeit gewusst, wo mein Fahrrad ist. Oder hast du es sogar selbst geklaut?«
    Die Art, wie er aufstand und sich

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