Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
Vom Netzwerk:
den Bademantel zuband, wirkte katzenhaft geschmeidig, doch darin, wie er seinen Kopf drehte und neigte, erkannte man den Raben in ihm. Mein Vorwurf brachte ihn offenbar nicht in Verlegenheit. »Ich würde nichts tun, was dir schadet, Elsternmädchen. Der Kleine hat dein Rad verschlampt. Hat allgemein ein schräges Verhältnis zu den Fahrrädern anderer Leute, nicht wahr? Übrigens auch zu den Schmuckstücken. Wenn ich bitte meinen Ring wiederhaben dürfte, danke!«
    Er streckte Strix überheblich die Hand entgegen. Dass er so dreist war, ärgerte mich, aber schlimmer war die Peinlichkeit. Wieso hatte ich bloß etwas Gefundenes verschenkt?
    »Den Ring hat Strix genauso wenig geklaut wie das Fahrrad. Wenn du so wenig auf deinen Kram aufpasst, dass jede Elster ihn mitnehmen kann, dann bist du selber schuld«, sagte ich, obwohl ich mich im Unrecht fühlte.
    »Aha, also hast du meinen Ring geklaut? Alle Achtung, ich habe dich nicht bemerkt.«
    Strix streifte den Ring ab und hielt ihn Corax hin. »Quatsch, hat sie nicht. Wahrscheinlich hast du ihn irgendwo verloren oder liegen lassen, und Leander …«
    Als hätte Strix ihn gerufen, stieß Leander herab, schnappte sich den Ring und war schon wieder im freien Himmel, bevor einer von uns reagieren konnte. Strix und ich lachten, Corax ballte die Faust.
    Ich erinnerte mich daran, dass ich den Frieden bewahren sollte. »Tut mir leid. Ich hätte diesen Ring nicht verschenken dürfen. Du bekommst ihn zurück, Corax. Und Strix, für dich finde ich einen schöneren.«
    Corax schüttelte den Kopf. »Meinetwegen kann dein Elsternkumpel ihn behalten. Hauptsache, der da hat ihn nicht.« Er wies mit einer verächtlichen Kopfbewegung auf Strix.
    So wie Strix aussah, hätte er dem Rabenknaben am liebsten eins auf die Nase gegeben, aber das wäre vermutlich schlecht für ihn ausgegangen. Corax war einen Kopf größer als er.
    »Ich will ihn eh nicht mehr, nachdem ich jetzt weiß, dass er dir gehört! Was ist dein Problem? Ich habe dir nichts getan.«
    Corax grinste kalt. »Sagen wir, du störst mich einfach.«
    »So sehr, dass du mir einen Fahrrad-Diebstahl in die Schuhe schiebst? So sehr, dass du Pias Rad klaust, damit es so aussieht, als hätte ich es verschlampt?«
    »Reg dich ab, Kleiner. Sieht aus, als gäbe es hier wichtigere Dinge zu besprechen. Mir scheint, die Elsternqueen hat ein paar nützliche Tricks auf Lager. Ich würde gern bei eurer kleinen Übungsstunde mitmachen. Es ist ziemlich gefährlich in eurer Stadt. Da kann es nicht schaden, wenn man die Verwandelei im Griff hat.«
    Er strich sich mit einer Hand den Irokesenschnitt von hinten nach vorn, sodass er hochstand wie ein schwarzer Hahnenkamm.
    »Bevor du nichts Eindeutiges zu der Sache mit den Fahrrädern gesagt hast, bist du nicht eingeladen mitzumachen«, sagte ich.
    Er blickte mir nachdenklich in die Augen. »Hm. Na gut. Aber ich sag’s nur dir allein.«
    Alarmiert wandte Strix sich mir zu. »Lass dich nicht darauf ein!«
    Doch ich war zu neugierig. »Wir bleiben, wo ihr uns sehen könnt.«
    Ich ging Corax voraus auf die Bäume zu, bis ich glaubte, außer Hörweite der anderen zu sein.
    »Also?«, fragte ich.
    Er schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Entschuldige, wenn ich das sage, aber du bist wirklich zu naiv. Ich beobachte euch schon eine ganze Weile, dich und deinen Freund.« Wieder neigte er auf diese abfällige Weise seinen Kopf in Strix’ Richtung, und das Wort »Freund« spuckte er angewidert aus. Auch ein Kindergartenkind hätte begriffen, wie ironisch er es meinte. »Ich verstehe nicht, wie du dem vertrauen kannst. Er ist kein Vogelmensch. Der benutzt dich, um uns auszuspionieren. Und im richtigen Moment, zack, verkauft er sein Wissen an die Zeitung. Oder ans Fernsehen. In Wirklichkeit hat er nichts für dich übrig. Er trifft sich mit einem anderen Mädchen. Außerdem klaut er wie …«
    »Wie ein Rabe?«, fiel ich ihm ins Wort. Meine Stimme klang eisig, obwohl ich vor Zorn kochte. »Ich gebe dir jetzt noch eine Chance, die Wahrheit zu sagen. Wenn du’s nicht willst, kannst du gleich abhauen.«
    Damit hatte ich ihn überrascht. Er machte ein völlig verdutztes Gesicht. »Du bist ja noch toller, als ich dachte. Also gut. Das mit den Fahrrädern war ich. Aber ich hab’s nur getan, weil ich dich beschützen wollte, verstehst du? Ich dachte, wenn du dem Knilch nicht mehr vertraust, wäre es sicherer für dich. Und für uns alle.«
    Fassungslos schnappte ich nach Luft. »Und du kommst gar nicht auf den

Weitere Kostenlose Bücher