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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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und der Kaiserin besuchten sie zuerst, und es dauerte lange, bis die Rituale mit ihnen abgeschlossen waren, denn das Kaiserpaar hatte sich jeweils über vierzig Tiere erwählt.
    Klopfenden Herzens erwartete Lyrian den Besuch der Priester. Dann glitten die silbernen Schlangen lautlos in sein Zimmer und verwandelten sich auf der Schwelle in menschliche Gestalten. Ihre Köpfe waren kahl. Die Umhänge schleiften über den Boden wie glänzende Pfützen.
    Lyrian erhob sich und erwiderte die Verbeugung, mit der die Priester ihn begrüßten. Sein Lehrer Accalaion hatte ihm gesagt, wie er sich verhalten sollte - vor niemandem außer den Priestern hatte ein künftiger Kaiser sich zu verneigen.
    Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin hoben alle die linke Hand und malten vier Zeichen in die Luft, so schnell, dass Lyrian sie nicht erkannte. Ein Hauchen schwebte durch den Raum. Hatten die Priester etwas geflüstert? Vier leise Laute zitterten in der Luft. Die Schwalben flatterten mit den Flügeln.
    Die Priester zogen ihm Wams und Hemd aus. Er fröstelte. Niemand hatte ihm gesagt, was beim Ritual passieren würde. Auch die Priester erklärten es ihm nicht.
    Einer von ihnen nahm einen Otter aus dem Käfig. Die anderen Priester stellten sich rings um den Kreis auf.
    Es war Jiru - so hatte er den Otter mit Baltibb benannt, als er ihn auswählte. Jiru wurde auf den Steintisch gedrückt, zwei Priester hielten ihn fest. Vier große Zeichen wurden mit Kohle, dann mit weißer Kreide auf den Boden gemalt. Die Priester wiederholten vier Silben, das Echo blieb in der Luft hängen wie ein dumpfes Vibrieren. Lyrian schauderte. Ihm war, als würden die Kreide- und Kohlezeichen mit dem Klang pulsieren - wahrscheinlich spielte ihm das unruhige Licht der Feuerschalen einen Streich …
    Einer der Priester führte Lyrian vor den Steintisch. Der Otter wand sich in den Griffen der beiden Männer und ihre Hände wurden zu schwarzen Rabenklauen.
    »Sprecht mir nach«, befahl der Priester mit leiser, dunkler Stimme und legte Lyrian beide Hände auf die Schultern. » Og... Siah... Gho... Nyx ...«
    » Og Siah Gho Nyx. «
    »Dein Atem ist mein.«
    »Dein Atem ... ist mein.«
    » So sei der Bund, so sei es! «, zischten die Priester ringsum. Nun war Lyrian sich sicher, dass die Zeichen auf dem Boden erbebten. Und der eingravierte Kreis.
    »Dein Atem ist mein.«
    »Dein... Atem ist mein«, wiederholte Lyrian.
    » So sei der Bund, so sei es! «
    »Dein Korpus ist mein.«
    Lyrian stockte. Die Hände auf seinen Schultern schmolzen zu schwarzen Klauen und bohrten sich in seine Haut.
    »Dein Korpus ist mein!«, sagte er leise.
    » So sei der Bund, so sei es! «
    Der Otter zuckte. Die Priester zogen seinen Kopf zurück. Die Füchse fauchten und winselten im Hintergrund. Lyrian wollte sich zu ihnen umsehen, doch der Priester hielt ihn fest. Dann legte er Lyrian einen langen Dolch in die Hand.
    »Og Siah Gho Nyx... wiederholt es.«
    Zitternd hielt Lyrian den Dolch. »... Og Siah Gho Nyx.«
    »Du bist mein.«
    »Du bist mein.«
    » So sei der Bund, so sei es! «
    »Schneidet... von links... nach rechts«, zischte der Priester ihm ins Ohr.
    Lyrian erstarrte. »Was?«
    Die Klauen gruben sich tiefer in seine Schultern. »Die Kehle!«
    »Ich -« Lyrian wollte zurücktreten, doch die Klauen hielten ihn eisern. Eine packte seine Hand und den Dolch, und Lyrian stieß einen Schrei aus, als die Klinge dem Otter von links nach rechts die Kehle aufschnitt.
     
    Nebel fiel über ihn. Die Luft pulsierte vor ungesagten Zauberformeln. Versteinert stand er da, während die Priester den Otter um den Kreis trugen und sein Blut über den Boden gossen. Dann legten sie das sterbende Tier vor ihn auf den Steintisch. Die großen dunklen Augen starrten Lyrian an. Er starrte zurück, langsam ertrinkend in der Schwärze des Tierblicks.
    Og... Siah... Gho ... Nyx ...
    Lyrian wusste nicht, ob er die Runen mitgeflüstert hatte. Der Klang kam von überall, pochte aus dem Boden und kochte in seinem Kopf. Seine Finger berührten das Blut, das aus der Wunde strömte. Er wollte sich gegen die Klaue wehren, die ihn führte, aber der Priester war stärker. Er konnte nichts tun, war hilflos, war zu feige, um sich der Bosheit zu widersetzen.
    Og Siah Gho Nyx!
    Sein Verstand zerfiel in wolkige Schatten. Nichts war mehr da, nur Entsetzen. Seine Finger zuckten, als sie das warme Blut berührten. Die Klaue führte seine Hand zu seiner Stirn. Er malte sich ein Zeichen aus Blut auf die Haut, das er nicht

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