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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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aus einer Karaffe in einen Becher.
    „ Was hast du bloß gemacht?“, fragte er. „Seit du dich vor meinen Augen verwandelt hast, brummt mir der Kopf!“
    „ Ich glaube, das ist nicht meine Schuld.“
    „ Eigentlich brauchst du gar keine Tore“, sagte er und schüttete das Wasser in einem Zug hinunter, „du bist ja ein Rabe. Kannst immer und überall von Welt zu Welt gehen oder durch den Zwischenraum, wie es dir beliebt. Heißt es. Aber ich schätze, du bist auf Tore angewiesen, um herauszufinden, wie es geht.“
    „ Wie ist das“, fragte Elsa, „wenn ich nun das Tor in Brisa benutze – könnte ich dann bei den Zerfurchten Wiesen wieder herauskommen? Bei Nadas Schloss?“
    „ Nein, nein. Versuch das bloß nicht. Eine Welt sträubt sich dagegen. Machbar ist es zwar schon, wenn du dich über alle Widerstände hinwegsetzt. Aber die Ausgleicher haben die höchsten Strafen darauf verhängt und deine Feinde würden es sofort merken. Gefährlich ist es außerdem. Es erschüttert eine Welt, weil es nicht sein kann. Du zerstörst damit die Regeln, auf die sie gebaut ist. Hat etwas mit der Zeit zu tun. Du darfst nicht die Zeit verkürzen, die du eigentlich bräuchtest, um auf natürlichem Weg von Brisa zu Nadas Schloss zu gelangen. Tust du es trotzdem, durchlöcherst du den Raum, weil du die Zeit verbiegst oder so ähnlich. Die Alte Welt soll auf diese Weise zerbrochen sein.“
    „ Ich dachte, sie wäre im Krieg zerstört worden?“
    „ Ja, auf diese Weise. Keiner hat sich mehr an die Regeln gehalten. Da ist sie zerbrochen. Darum haben die Ausgleicher Gesetze aufgestellt, die den Wechsel von Welten regeln. Sonst würde viel Schaden entstehen.“
    „ Ein Rabe, der sich von einer Maus in einen Menschen verwandelt, der durchlöchert die Welt nicht?“
    „ Auch er durchlöchert die Welt. Aber es sind Nadelstiche gegen das, was du durch den Missbrauch der Tore anrichten kannst.“
    „ Ah so“, sagte Elsa.
    „ Weißt du, worauf ich sehr gespannt bin?“, fragte Romer.
    „ Worauf?“
    „ Auf die echte Ananda. Ich sehe sie ja morgen beim Fest.“
    Elsa schaute Romer an, der sehnsüchtig eine Suppenkelle an der gegenüberliegenden Küchenwand anstarrte. Er träumte mit offenen Augen.
    „ Du solltest vorher nicht in den Roten Hahn gehen“, sagte sie, „und einen auf Spitzel machen. Amandis mag lieber nüchterne Männer, glaube ich.“
    Romer sah sie groß an. „Du denkst, ich wäre betrunken? Das bin ich nicht! Wenn aber doch, dann kann ich nichts dafür. Es kommt immer so im Roten Hahn. Wenn man nicht mittrinkt, gilt man nichts. Das kann ich mir nicht leisten! Ich will ja, dass sie mir ihre Geheimnisse erzählen.“
    Elsa wollte gerade fragen, was für Geheimnisse er denn heute erfahren habe, da hörte sie einen gewaltigen Schlag: Holz, das zerbarst, und die Schritte von Menschen, die den Flur der Wohnung stürmten. Romer sprang auf, warf die Tür der Küche zu und stemmte sich dagegen. Gleichzeitig griff er nach einem Messer, das nicht weit von ihm über dem Herd hing. Elsa war kurz wie gelähmt, dann tat sie das erstbeste, das ihr einfiel: Sie rannte zum Fenster, riss es auf und verwandelte sich in einen Raben. Vor einigen Stunden wäre ihr so ein Tun noch unmöglich vorgekommen. Jetzt ging die Veränderung wie selbstverständlich vor sich.
    Kurz bevor sie die Gestalt des Raben annahm, spürte sie, wie jemand nach ihr zu greifen versuchte. Da war eine Berührung, die an einem anderen Ort stattfand, im Zwischenraum womöglich. Sie hatte keine Zeit, darüber zu erschrecken, sie verwandelte sich einfach und schon war sie frei. Ein kurzer Blick zurück verriet ihr, dass Romer noch die Stellung hielt. Er machte ihr ein Zeichen, sie solle schnell verschwinden, und so breitete sie ihre schwarzen Flügel aus und stürzte sich in die Nacht hinein.
     
    Sie flog hoch und immer höher, spürte die kalte Luft und hielt Ausschau nach den Sternen. Das Gefühl kannte sie und sie liebte es: fliegen, immer nur weiter fliegen und dabei jeden Gedanken aufgeben! Aber das durfte sie nicht. Sie versuchte an den Friedhof zu denken, auf dem sie einmal mit Sistra gewesen war. Er war ein Tor und das Tor wollte sie erreichen. Sie flog in den höher gelegenen Teil der Stadt, über die Felsentreppen hinweg. Als sie das Anwesen der Relings erspähte, folgte sie der kleinen Straße, die von dort bis an die Spitze des Hügels führte.
    Elsa mochte den Ort, von dem Romer gesprochen hatte. Als sie einmal mit Sistra dort gewesen war, hatte sie

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