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Rabenvieh (German Edition)

Rabenvieh (German Edition)

Titel: Rabenvieh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Anhofer
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bei einem Glas Wein sich über Fußball unterhielten. In der Küche fragte mich meine Tante, wie viel ich schon von meinen Eltern wüsste.
    Ich antwortete, dass ich bis jetzt nur Negatives von ihnen gehört hätte und dass sich das heute hoffentlich ändern würde.
    Die Küche war so weit sauber, der Geschirrspüler angemacht, der Kaffee zubereitet. Wir setzten uns zu unseren Männern auf die Terrasse. Ich setzte mich neben Patrick und lehnte mich gemütlich in meinem Sessel zurück. Kaum hatte ich es mir gemütlich gemacht, fragte mich mein Onkel, wie viel ich von meinen Eltern wissen wolle. »Alles«, gab ich ihm als Antwort, woraufhin er nochmals nachhakte und mich fragte, ob ich mir sicher sei. Ich bejahte. »Gut, dann werde ich dir von deinem Vater und deiner Mutter erzählen.« Er begann das Gespräch damit, dass er sich mit meinem Vater zerstritten hätte und zu ihm keinen Kontakt mehr pflegt. Der Grund des Streits waren wir Kinder. Er fuhr fort, dass er mitbekam, wie meine Eltern meine Geschwister vernachlässigten. Er und meine Tante boten meinen Eltern mehrmals Hilfe an. Nicht selten endete dieses Hilfsangebot in einem Streit, setzte er fort. Dieser Krieg meinte er, ging über Jahre. Er war hin und hergerissen, da er einerseits meine Geschwister leiden sah, andererseits seinem Bruder nicht in den Rücken fallen wollte. Er erzählte, dass sich eines Tages die Lage enorm zuspitzte. Er wollte meinen Vater zu Hause besuchen, um mit ihm etwas zu besprechen. Mein Vater war nicht da, stattdessen öffnete ihm meine Mutter im Bademantel. Sie war gerade mit mir schwanger. Sie habe ihn ins Haus gebeten, und als er drei meiner Geschwister sah, fielen ihm sofort die unzähligen blauen Flecken an ihnen auf. Des Weiteren waren alle in einem äußerst ungepflegten Zustand und saßen am Boden zwischen Müllsäcken und spielten mit herumliegendem Verpackungsmaterial. Das Fass zum Überlaufen brachte aber dann meine Mutter, erzählte er weiter. Sie schickte meine Geschwister nach draußen zum Spielen und kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, kam sie auf ihn zu und öffnete ihren Bademantel. Sie trug darunter nichts. Sie ließ ihren Bademantel über den Rücken gleiten, und ehe er sich versah, saß sie schon nackt auf seinem Schoß. Er meinte, dass meine Mutter eine sehr attraktive Frau war, und wäre er nicht schon mit meiner Tante liiert gewesen und hätte es nicht unter solchen Umständen stattgefunden, hätte er vermutlich nicht Nein gesagt, gestand er und schmunzelte fast noch ein wenig dabei. Er verwies meine Mutter von seinem Schoß und forderte sie auf, sich wieder anzukleiden. Er wollte keinen Sex mit ihr, er wollte mit ihr über den Zustand meiner Geschwister sprechen und sie darauf ansprechen, woher die zahlreichen blauen Flecken stammen würden. Doch auf dieses Gespräch stieg meine Mutter nicht ein. Stattdessen schnauzte sie ihn an und meinte, dass ihn das nichts anginge und er sich um seinen eigenen Mist kümmern solle. Sie warf ihn kurzerhand aus dem Haus.
    Er fuhr nach Hause mit dem Ziel, zu späterer Stunde nochmals wiederzukommen, in der Hoffnung, dass er meinen Vater antreffen würde. Das war auch der Fall. Er bat meinen Vater um ein Gespräch. Er sprach meinen Vater offen auf die blauen Flecken meiner Geschwister an. Mein Vater ging auf ihn zu, rempelte und schrie ihn an, was er sich einbilden würde, sich in Angelegenheiten seiner Familie einzumischen. Es folgte eine heftige Auseinandersetzung, die beinahe in Handgreiflichkeiten endete. Er gab meinen Vater zu verstehen, dass er dem nicht weiter tatenlos zusehen würde, denn er würde dem Ganzen nun Einhalt gebieten, indem er auf der Stelle zur nächstgelegenen Polizeidienststelle fahren und ihn wegen Kindesmisshandlung anzeigen würde. Daraufhin fuhr er und ließ meinen Vater wutentbrannt am Gartentor zurück. Das war der letzte Kontakt mit ihm. Monate später bekam er von einem Bekannten die Information, dass wir Kinder, nachdem man uns wieder einmal uns selbst überlassen hatte, von der Behörde abgeholt wurden. Wir wurden in Heimen untergebracht.
    Patrick spürte, wie mich diese Geschichte von Minute zu Minute mehr belastete. Er nahm meine Hand, legte sie auf seinen Schoß und streichelte mir über den Handrücken. Ich war sprachlos. Es schien tatsächlich der Wahrheit zu entsprechen, dass meine Eltern so waren, wie ich es mittlerweile von vielen Seiten zu hören bekam. Die darauf folgenden Minuten war Stille. Wir alle saßen uns

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