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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Niemals.

    Sie hatte ihr Bestes getan, ihm eine gute Ehefrau zu sein, hatte versucht, die Person zu werden, die er als Helferin und Gefährtin brauchte. Aber sie wusste, er nahm an, dass sie nie von ihrer Liebe zu ihm gesprochen hatte, weil diese Liebe nicht existierte.
    Und da irrte er sich.
    Tier fühlte sich für so viele Dinge verantwortlich: dass sie gezwungen gewesen war, ihn zu heiraten, dass sie so jung gewesen war. Ihre Ehe hatte ihn von der Last befreit, die Bäckerei der Familie übernehmen zu müssen, und auch deshalb hatte er Schuldgefühle. Er hatte seine Freiheit erhalten, als sie die ihre verlor, die Gelegenheit verlor, zu ihren Leuten zurückzukehren. Wenn sie ihm je gesagt hätte, dass sie ihn liebte, hätte er erwidert, dass er sie ebenfalls liebte.
    Und damit hätte er gelogen.
    Tier war die ehrlichste Person, die sie kannte. Er hätte sie belogen, weil er sich schuldig fühlte, und das hätte sie nicht ertragen können. Also hatte sie es ihm nie gesagt.
    Mit trockenen Augen starrte sie an die Zeltdecke und hoffte, sie würde die Gelegenheit erhalten zu hören, wie er sie belog.

13
    P horan strich nervös über den Stapel von Pergamenten auf seinem Bett. Er hatte ihn bereits sortiert, und jenes Blatt, mit dem er seinen ersten Versuch unternehmen würde, Macht zu erhalten, lag als fünfzehntes im Stapel. Weit genug unten, dass viele Septs bereits entspannt und weniger wachsam sein würden, aber nicht so tief, dass sie überhaupt nicht mehr zuhörten.
    Ein leises Klopfen an der Tür ließ ihn drei schnelle Schritte vom Bett weg machen. Dann erkannte er, dass ein Bett ein seltsamer Ort für offizielle Dokumente war, also eilte er zurück, griff nach den Pergamenten und legte sie auf seinen Schreibtisch. Er wollte niemanden wissen lassen, dass er den ganzen Tag und den größten Teil der Nacht damit zugebracht hatte, sie noch einmal durchzugehen. Die meisten Septs würden denken, dass er ohnehin nur Douver, den Ratssekretär, quälen wollte: Alle wussten, dass Phoran den Wurm nicht ausstehen konnte.
    Das leise Klopfen erklang noch einmal. »Euer Hoheit?«, sagte die Wache, die vor der Tür des kaiserlichen Schlafzimmers stand. »Lord Avar, Sept von Leheigh, möchte eintreten.«
    »Avar?«, sagte Phoran zerstreut. Jetzt, da er daran dachte, kam ihm der Schreibtisch ebenso ungeeignet vor. Er konnte sich nicht erinnern, jemals daran gesessen zu haben - etwas, das Avar sicherlich aufgefallen war.
    »Ja, Euer Hoheit.«

    »Lass ihn herein, lass ihn herein.« Es war ohnehin zu spät, um noch etwas zu ändern.
    Die Tür ging auf, und Avar kam herein. »Phoran«, sagte er, sobald er die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte. »Ich suche Euch seit gestern Nachmittag. Habt Ihr Euch wirklich alle Anträge auf Gesetze und Dekrete geschnappt und seid mit ihnen davongerannt?«
    Überraschenderweise hatte Phoran keine Antwort vorbereitet. Er hatte nicht einmal daran gedacht, was Avar sagen würde. Sicher, es interessierte ihn - aber es kam ihm nicht mehr so wichtig vor.
    Avar verstand sein Zögern falsch.
    »Nicht, dass Ihr nicht alles Recht dazu gehabt hättet - aber Ihr hättet vielleicht vorher sagen können, dass Ihr Euch die Vorschläge näher ansehen wollt. Es war nicht notwendig, dem armen Douver eine Panikattacke zu verursachen.«
    Phoran musste lächeln. »Nein? Du musst mir verzeihen, dass ich vergessen hatte, dass ich diese Vorschläge einfach noch einmal durchsehen konnte. Ich nehme an, alle anderen haben es ebenfalls vergessen.«
    Avar zog die perfekte Stirn in Falten. »Was habt Ihr vor, mein Freund?«
    »Weißt du etwas über den Geheimen Pfad?« Es war eine impulsive Frage, geboren aus Jahren des Vertrauens, blinden Vertrauens, von dem er nicht mehr sicher war, ob er es noch empfand. Aber auch nachdem er sie ausgesprochen hatte, bedauerte Phoran die Frage nicht.
    »Dieser geheime, geheime Club, von dem alle wissen?«, fragte Avar grinsend. »Wo sich die jungen Hitzköpfe treffen, um so zu tun, als wären sie schurkische Reisende? Mein Bruder Toarsen und sein muskulöser Kumpan Kissel sind Mitglieder.«
    Phoran ging zurück zu seinem Bett, setzte sich auf das Fußende
und bot Avar eine gepolsterte Bank daneben ab. »Sag mir alles, was du weißt.«
    »Hat das etwas mit den Gesetzesvorschlägen zu tun?«, fragte Avar, ließ sich nieder und lehnte sich gegen die Wand.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Phoran ehrlich.
    »Also gut.« Avar legte den Kopf zurück und entspannte sich. »Sie sprechen adlige

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