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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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Decke waren so glatt wie polierter Marmor.
    Das hier wurde alles in der kurzen Zeit gebaut, seit der neue Sept herkam, um sein Erbe zu besichtigen?
    Die Decke hatte einen hellen, himmelblauen Anstrich, der sich zu den Wänden hin langsam zu Schwarz verdunkelte. Das Licht, das den Raum beleuchtete, schien von dieser himmelsartigen Decke auszugehen. Magie, dachte Seraph, Solsenti-Magie . Aber ihre Aufmerksamkeit galt den Gestalten, die dieses falsche Firmament schmückten: Die beinahe lebensecht gezeichneten Abbilder von fünf Vögeln jagten einander rundum im Raum.
    Volis schwieg, als sie an ihm vorbei zur Mitte ging.
    Lerche, dachte sie, und ein Schauder lief ihr über den Rücken. Die leuchtenden Augen eines Kormorans luden sie ein, in den stürmischen Winden zu spielen. Eine Eule glitt auf lautlosen Flügeln auf den schwarzen Raben zu, der einen glitzernden silbernen Ring mit einem Rubin im Schnabel trug, während als Nächster ein Falke zum Zustoßen ansetzte. Gemeinsam umkreisten sie in endlosem Flug den Raum.
    In der Mitte der Decke, doppelt so groß wie alle anderen, schwebte ein Adler auf dem Wind und drehte den Kopf, um in den Raum hinabzuschauen, als wolle er seine Beute inspizieren.
    Jeder Vogel war ein Symbol einer der sechs Weisungen der Reisenden.
    »Seht die Fünf«, sagte Volis leise in einer Sprache, die Seraph seit dem Tag, an dem ihr Bruder gestorben war, nicht mehr gehört hatte. »Lerche, die Heilerin, der Kormoran, der das Wasser beherrscht, die Eule der Weisheit und Erinnerung, Rabe, der Magier, und Falke, der Jäger. Und über ihnen allen, gefangen in Dunkelheit, befindet sich der geheime Gott, der
verlorene Gott. Ihr wusstet nichts von dem verlorenen Gott, nicht wahr?«
    »Sie sind keine Götter«, antwortete Seraph in ihrer Sprache. Sie erinnerte sich, dass nach den alten Geschichten aus jener Zeit, bevor sie zu reisen begannen, auch ihr Volk geglaubt hatte, dass es Götter gab, wie er sie beschrieb. Aber als die alten Zauberer an Wissen und Macht gewonnen hatten, da hatten sie diese Trugschlüsse hinter sich gelassen.
    Volis zeigte auf den Adler, als hätte sie kein Wort gesagt. »Ich habe ihn gefunden, in Büchern, die so alt waren, dass sie bei meiner Berührung zerfielen, und in Andeutungen in uralten Liedern. Für Generationen beteten die Ältesten des Pfads nur die Fünf an - bis wir den verlorenen Gott fanden.«
    »Den Adler?«, fragte Seraph, die gern darüber gelacht hätte, dass die Solsenti die Symbole der Weisungen als Götter anbeteten, zugleich aber auch angewidert war. Der Ekel siegte schließlich.
    »Der Adler.« Er schien erfreut zu sein. »Meine Entdeckung führte dazu, dass ich mit diesem Amt geehrt wurde.« Er machte eine Geste, die den gesamten Tempel erfasste.
    »Meinen Glückwunsch«, erwiderte Seraph, denn er schien zu erwarten, dass sie etwas in der Art von sich gab. Wieder blickte sie zur Decke und fragte sich, was ihr Vater zu diesem Anblick gesagt hätte.
    »Ich habe noch einige andere Dinge herausgefunden«, fuhr Volis fort. »Der Adler wird von den anderen geschützt, sodass er sie irgendwann in der Zukunft retten kann, wenn sie alle in Gefahr sind und die ganze Welt auf dem Spiel steht.«
    Sie hatte Tier dieses Lied in einer sorgfältig übersetzten Fassung beigebracht, ein Kinderlied, in dem die kleinen Zuhörer über die Weisungen belehrt wurden. Die Übersetzung, auf die Volis gestoßen war, war offenbar weniger vorsichtig gewesen. Seinen Worten gemäß klang es so, als diene der
Adler als Beschützer bei nur diesem einzigen, prophezeiten Ereignis.
    Eifrig drehte der junge Priester sich zu Seraph um und nahm ihre Hände. »Ich sehe Euch an, dass Ihr vom Adler wisst.«
    »Wir sprechen mit Außenseitern nicht über den Adler«, sagte sie.
    »Aber ich bin kein Außenseiter«, widersprach er und machte eine ungeduldige Geste Richtung Decke. »Ich weiß von den Reisenden, ich habe sie mein Leben lang studiert. Bitte sagt mir, was Ihr über den Adler wisst.«
    Seraph hatte nichts für Dummköpfe übrig, und sie würde solche Dummheit auf keinen Fall auch noch unterstützen. Es war Zeit heimzugehen. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe zu arbeiten. Danke, dass Ihr mich herumgeführt habt; die Malerei ist wirklich exzellent.«
    »Ihr müsst mir mehr erzählen.« Er packte sie am Arm, bevor sie gehen konnte. »Ihr versteht mich nicht. Ich weiß , dass es die Ältesten des Pfads der Fünf sind, die ihn befreien müssen.«
    »Befreien?«, fragte sie, und die

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