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Rabinovici, Doron

Rabinovici, Doron

Titel: Rabinovici, Doron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anderrnorts
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Noa.
    Rudi kam wieder näher an den
Tisch. Er sprach leiser weiter. Er sei sich am Anfang ja gar nicht sicher gewesen,
auf seinen Vater gestoßen zu sein. Der Verdacht allein hätte ihm natürlich
nicht genügt. Deswegen seine Recherche. Darum auch der Besuch im Krankenhaus.
Er habe die Briefe gekannt und Felix vor einiger Zeit geschrieben, aber bis
heute war der Alte vage geblieben und hatte zwar nichts abgestritten, aber auch
Zweifel an seiner Vaterschaft geäußert. Ja, er sei ein Bastard, ein Mischling.
Er sei für die Nicht-Juden ein Jude und für die Juden ein Goj. Und er sei es
gewohnt, sich einzuschmuggeln und einzugemeinden, in jede Kultur und jedes
Land. Und wer meine, das höre mit der Kindheit auf, habe nichts begriffen.
    Er war wieder lauter geworden,
der Terrier bewegte die Ohren und zog die Lefzen hoch. Die Nachbartische hat ten längst begonnen, den
Streit aus den Augenwinkeln zu verfolgen. Die Kellnerin patrouillierte auf und
ab. Rudi bestellte eine weitere Flasche Goldstar. Er wußte nicht, was er sich
vorwerfen sollte. Er hatte sich um eine Stelle beworben, für die er
qualifiziert war. Er hatte einen Artikel geschrieben, weil er von einem
Redakteur darum gebeten worden war. Er hatte Ethan zitiert, ohne ihn zu nennen.
Nun gut. Das war nicht fein, aber auch kein Verbrechen. Hatte er voraussehen
können, dadurch einen solchen Skandal auszulösen?
    Ein Kind ratterte mit einem
Plastiktraktor vorbei. Die Kellnerin brachte die Bestellung, und Rudi setzte
das Bier an, ließ es in sich hineinrinnen. »Ich scheiß drauf.« Es war mehr ein
Rülpsen als ein Sprechen. Und dann: »Wer braucht einen wie dich schon als
Bruder?«
    Rudi stand auf. Am
Nachbartisch sagte einer, die seien sicher verwandt, nur Familienmitglieder
könnten so streiten. Rudi setzte sich wieder.
    Ethan nahm die Briefe zur
Hand. Es waren kurze Schreiben. In Eile hingeworfen. »Ich habe prinzipiell
nichts gegen die Möglichkeit. Wir könnten Brüder sein, natürlich. Es geht
nicht darum, daß die Ordnung der Familie durcheinanderkommt.« Er verzog
angewidert das Gesicht, als er die Worte »Ordnung der Familie« aussprach.
»Geschwister sind keine Frage der Wahl. Wenn Felix erklärt, dein Vater zu
sein, wer bin ich, es zu bestreiten.«
    Rudi richtete sich auf und
beugte sich mit hochgerissenen Armen zu Ethan, um ihn zu umarmen, aber der
American Pit Bull, der mit zuckenden Lefzen und gebleckten Zähnen den Streit
der beiden Männer belauert hatte, sprang mit einem Knurren auf und schnappte
nach Rudis Hintern. Rudi schrie auf vor Schmerz. Ethan brüllte den Besitzer
an: »Ich bring dich um! Nicht den Hund, sondern dich.«
    »Ist schon gut. Reg dich ab«,
antwortete der Mann. »Es ist ja nichts passiert.«
    Rudi rief: »Was soll das
heißen? Was, wenn er Tollwut hat?«
    »Nebbich«, sagte der andere,
und es war unklar, ob er sich damit auf Rudi bezog oder seinen Hund zurückrief.
    Es sei genug. Der Besitzer des
Cafes stand plötzlich vor ihnen. Er räumte den Tisch ab. Das Vieh habe ab
sofort Lokalverbot, und die ganze Blase, ob Geschwister oder nicht, solle jetzt
abhauen. Und zwar sofort. Er verzichte auf die Bezahlung. Raus.
    Sie wollten ohnehin nach
Hause. Der Biß des Hundes hatte bei Rudi kaum Spuren hinterlassen, aber er
wollte sich hinlegen. Auch Ethan und Noa fuhren heim. In der Nacht klammerte er
sich an sie. Sie hielten sich aneinander fest, als wäre das Bett abschüssig.
Im Dunkeln fühlte Ethan den Kater über seine Füße tapsen.
    Am nächsten Morgen
frühstückten sie gemeinsam. Danach las er drei Seminararbeiten, die ihm per
E-Mail zugeschickt worden waren. Er mußte Anfragen beantworten. Eine Einladung
zu einer Konferenz lehnte er dankend ab. Aus dem Tel Aviver Institut erreichten
ihn bürokratische Mitteilungen. Er löschte sie. Wilhelm Marker bat ihn, sich zu
überlegen, ob er sich nicht doch bewerben wolle.
    Auf seinem Schreibtisch
stapelten sich Briefe. Er öffnete die Kuverts. Rechnungen,
Veranstaltungsankündigungen und Werbung. Er ließ alles achtlos liegen, hörte
danach seine Mailbox ab. Ein Rabbi Jeschajahu Berkowitsch bat um Rückruf. Der
Name kam ihm bekannt vor, aber ihm fiel nicht ein, wo er schon auf ihn gestoßen
war. Ethan skizzierte einige Ideen zu einem Aufsatz über Selbstmordattentate
und fuhr mittags zur Universität.
    Er stieg die Treppe hoch zum
Eingang und öffnete seine Tasche, als er die Sicherheitskontrolle passierte.
Gegenüber der Bibliothek lag das Gebäude, in dem sich sein Büro

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