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Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Rache - 01 - Im Herzen die Rache

Titel: Rache - 01 - Im Herzen die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Miles
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folgen, bis sie die Rambling Brook-Brücke erreichten, die über den kleinen Fluss führte, der das Stadtzentrum zweiteilte. Da blieb Ty stehen und schaute über das Geländer. Ihr seidiges Haar löste sich aus dem locker aufgesteckten Knoten, sodass die langen feuerroten Strähnen ihr ums Gesicht wehten.
    »Fühlt sich das Lüftchen nicht toll an?«, rief sie. Chase fröstelte und versuchte, das zu sehen und zu fühlen, was sie sah und fühlte. Doch es war eine unverändert frostige Winternacht – und das »Lüftchen« hatte eine schneidende Kälte an sich.
    »Hey, pass auf«, sagte er und versuchte, nicht nervös zu klingen, als er sie leicht an ihrem nackten blassen Arm anfasste. Wie immer, wenn er sie berührte, durchzuckte ein elektrischer Schlag seine Finger.
    »Keine Angst«, beruhigte sie ihn und blickte noch immer hinunter in den dunklen schmalen Strom zu ihren Füßen. »Man fällt nicht tief.« Das stimmte. Der Fluss befand sich nur ungefähr vier Meter unter ihnen. Doch Chase spürte einen plötzlichen Schmerz im Magen. Es war eine andere Brücke, eine andere Nacht, ein anderes Mädchen, doch er ertappte sich dabei, dass er sich Sashas Sturz vorstellte. Sasha, wie sie über das Brückengeländer kletterte. Sasha, wie sie nach unten blickte. Sasha, wie sie daran dachte zu springen. Nicht nur an das körperliche Hinabstürzen, sondern an das Ende aller Dinge – wie alles, was man hat, von einer Sekunde auf die andere ausgelöscht sein kann.
     
    Chase spürte ein Stechen in der Brust. Er hatte sich gefreut, als es ihr schlecht ging. Er hatte sich bestätigt gefühlt. Jeder bekommt, was er verdient, hatte er gedacht. Doch wenn er jetzt an Sashas letzte Minuten dachte, wurde ihm ganz schlecht.
    »Lass uns weitergehen«, sagte er und verpasste Ty einen sanften Stupser mit der Hüfte. Vor ihnen fiel das Licht einer Straßenlampe auf die ersten Schneeflocken. Sie fielen schnell vom Himmel.
    Doch anstatt weiterzugehen, umklammerte Ty das Brückengeländer noch fester. Dann schwang sie sich wie eine Katze auf die breite, niedrige Brüstung, balancierte mit ihren grazilen langen Beinen auf dem Geländer, ließ anschließend langsam los und stellte sich aufrecht hin.
    »Hey! Das meine ich ernst!«, rief Chase, ohne sich noch länger darum zu bemühen, seinen Tonfall unter Kontrolle zu halten. Er wollte sie nicht packen, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor, aber er konnte doch auch nicht einfach bloß dastehen und dabei zusehen, wie ihr etwas zustieß.
    Sie lächelte und hob die Arme wie eine Ballerina. »Ich wette, ich kann hier oben tanzen«, sagte sie und streckte ihre rechte Fußspitze in die Höhe.
    »Ty, bitte komm da runter«, bat Chase jetzt noch eindringlicher. »Das ist gefährlich. Es ist glatt da oben.«
    Ty wirbelte zum Fluss herum – eine knappe, schnelle Bewegung, bei der das kurze Cape um ihren Körper flatterte –, dann wandte sie sich wieder ihm zu. Sie sah wunderschön aus, verrückt, beinahe durchsichtig. Sie streckte ihren anderen Fuß aus. Chase blinzelte den Schnee aus den Augen.
    »Ty, bitte«, sagte er wieder. »Du musst wirklich da runterkommen. Letzte Woche ist ein Mädchen auf diese Weise fast gestorben. Auf einer Brücke, meine ich. Beim Sturz von einer Brücke.«
    Er hatte keine Ahnung, ob Ty ihn hörte.
    »Mir geht’s prima, Dummerchen«, antwortete sie, streckte ihr rechtes Bein hinter sich aus und balancierte wie eine Balletttänzerin. »Warum kommst du nicht zu mir rauf?«
    »Ty, echt jetzt, bitte …« Chase streckte seine Hände nach ihr aus, als könnte er sie von dem Geländer pflücken.
    »Ohm. Was bist du doch für ein Angsthase«, erwiderte sie und machte einen Sprung wie eine Gazelle, sodass sie gerade außer Reichweite für ihn, aber immer noch auf dem Geländer, landete. Sie lächelte mit irrem Blick.
    »Okay, du hast recht, bin ich. Ich hab eine Scheißangst. Aber kommst du jetzt bitte da runter?« Chase hörte das Flehen in seiner Stimme, er war kurz davor durchzudrehen.
    »Kannst du auch schön bitte sagen?« Sie hob die Arme über den Kopf und drehte eine Pirouette. Ihre Stiefel klongten gegen die metallene Brüstung und Chase setzte vor Schreck der Herzschlag aus.
    »Was –? Ich sage doch bitte. Ich flehe dich an, da –«
    Sie schnitt ihm das Wort ab. »Richtig flehen«, sagte sie mit ihrem irren Lächeln.
    »Bitte, Ty.« Er konnte kaum noch atmen.
    Sie schüttelte nur den Kopf und warf neckisch die Haare nach hinten. »Nh-nh, auf die Knie.«
    Ohne weiter

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