Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Ordnung mit dir?«, fragte er leise.
Em nickte – sie konnte einfach noch nicht darüber reden. Stattdessen hielt sie die Limonadendosen in die Höhe.
»Du bist meine Rettung«, sagte JD, nahm sie ihr ab und ließ sie ins Haus. »Eine Rettung mit offensichtlich eiskalten Füßen.«
Em trat in das vertraute Zuhause der Founts, wo der schwache Geruch nach Reinigungsmitteln mit Zitronenduft und Ingwertee sie einhüllte und ihr das Atmen ein wenig leichter machte. »Hey, Mel«, sagte sie, als sie ins Fernsehzimmer kam, wo Karamell-Popcorn (eine gemeinsame Lieblingssorte der Fount’schen und Winter’schen Nachkommenschaft) und Mrs Founts Minipizzen auf dem Couchtisch aufgebaut waren. Em knurrte der Magen, als plötzlich ihr Appetit zurückkehrte.
»Hi, Em!« Melissa sprang auf, um ihr eine dicke Umarmung zu verpassen. Mel hatte ein sommersprossiges Zahnspangengesicht und ihre Haare rochen nach Beeren. Sie kam dem am nächsten, was für Em eine Schwester war, jemand, den man lieb haben und ärgern konnte (manchmal auch beides zugleich). Em merkte, dass sie in Melissas Haar lächelte.
»Der Film ist schon halb vorbei, aber guck doch noch mit uns«, lud Melissa sie ein und ließ sich wieder zurück aufs Sofa plumpsen. Rund um ihre Lippen hing ein bisschen Pizzasoße.
»Ach, super. Ich hab ganz vergessen, wie die Geschichte ausgeht«, erwiderte Em und grinste JD an, während sie sich eine Schale mit Popcorn füllte. Ihr war danach, sie komplett aufzuessen. Es war erstaunlich, wie viel unbeschwerter sie sich jetzt, da sie bei den Founts war, fühlte. Es war, als sinke man am Ende eines langen Tages in die sauberen Laken eines riesigen Bettes.
Da setzte Melissa sich plötzlich auf und bekam einen panischen Gesichtsausdruck. »Oh mein Gott, wie spät ist es?!«
JD sah auf seine Uhr – eine Taschenuhr, die er immer mit einer Kette an jeder Hose befestigte, die er gerade anhatte. »Es ist acht Uhr sechsunddreißig«, vermeldete er.
»Oh mein Gott, ich muss Jake simsen!« Melissa war schon halb zur Tür hinaus, bevor Em überhaupt ein Wort sagen konnte.
»Wer ist denn Jake?«
»Mein Freund« ,rief Melissa großspurig und war jetzt schon fast die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf.
»Ihr Freund?« Em starrte JD fragend an und stopfte sich eine Handvoll Popcorn in den Mund.
»Klar. Meine elfjährige Schwester hat einen Lover«, antwortete JD trocken. »Bei ihr geht mehr ab als bei mir – und wenn es nur Händchenhalten ist.«
Em lachte ein bisschen und klopfte ihm auf die Schulter.
JD hüstelte und bekam einen ganz sanften Gesichtsausdruck. »Tut mir leid wegen gestern, Em.«
»Ist schon gut.« Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sodass sie nicht mehr herausbrachte.
»Nein, im Ernst. Ich war ein Idiot«, erwiderte er und rutschte unruhig auf der Couch hin und her, »und es tut mir leid.«
»Ich …« Sie verstummte. Wenn sie an den Streit mit Zach dachte, fing ihr Kopf an zu hämmern und löschte irgendwie die Erinnerung an den Streit mit JD aus. Alles vermischte sich zu einem gewaltigen, tränenverschleierten Mischmasch.
»Ich kenne Zach eben einfach nicht so gut, weißt du. Und ich … ich denke bloß, dass du so viel mehr verdient hast.« JD verschränkte mehrfach hintereinander die Arme und hielt dabei irgendwie den einen Ellenbogen fest, während er nach dem anderen griff. »Ich weiß, das klingt ziemlich lahm.«
Em fiel auf, dass JD nervös war. Und aus diesem Grund war sie ebenfalls nervös. Ihr Stolz war mehr als nur verletzt. Er war vollkommen dahin. »Es ist wirklich okay, JD … Die Sache ist die … Also gut, kann ich dir was anvertrauen?« Sie ließ einen tiefen Seufzer los.
»Du kannst mir alles anvertrauen. Ehrlich. Ich werde nicht … ich muss ja nicht jedes Mal so starrköpfig reagieren. Erzähl es mir einfach, egal, was es ist.« Er sah sie an und in seinen Augen lag ein flehender Ausdruck.
Em zupfte an einem Stückchen Haut, das sich von ihrem kleinen Finger gelöst hatte. »Die Sache ist die, dass du recht hattest. Du hattest ja so was von recht.«
»Was willst du damit sagen?« Sie saßen sich jetzt auf dem Sofa direkt gegenüber, jeder ein Bein unter sich angewinkelt und das andere über die Kante hängend, den Fuß auf dem Boden.
»Du hattest recht mit Zach, damit, dass er ein Arschloch ist.« Sie holte lautstark Luft; es fiel ihr nicht leicht, das zuzugeben.
»Okay. Und wieso?« Er versuchte offensichtlich, sie nicht zu sehr zu drängen. Und sie war ihm dankbar dafür, weil es so
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