Rache - 01 - Im Herzen die Rache
checken, hörte sie Gabbys Stimme.
Sie musste dagestanden haben wie ein Stück Wild im Scheinwerferlicht, als Gabby an Zachs Arm durch die Tür geschwebt kam. Sie fragte sich, wer von ihnen am erschrockensten aussah. Ihr selbst stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben; Gabby wirkte aufgebracht; Zach wäre scheinbar am liebsten im Erdboden versunken.
»Was. Machst. Du hier?« Gabbys Worte waren wie Dolche und Em wusste, dass ihre Freundin wirklich schockiert war, sie hier zu sehen.
»Ich … ich … ich bin mit Chase verabredet.« Jetzt war ihre Chance gekommen. Sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Aus diesem Grund war sie gekommen und jetzt verschlug es ihr die Sprache.
»Du bist hier unerwünscht«, erklärte Gabby kühl und schmiegte sich an Zachs Arm, den er um ihre Schulter gelegt hatte. Er machte keine Anstalten, ihn wegzunehmen. Em biss sich auf die Innenseite ihrer Wangen.
Leute gingen an ihnen vorbei; mittlerweile trafen sie zu zweit oder in Dreiergrüppchen ein und jedes Mal fegte ein kalter Luftzug über sie hinweg.
Plötzlich überkam Em eine Woge von Kraft und Energie. Gabby gehörte ihr, nicht Zach. Und sie hatte etwas Besseres verdient. Beide hatten sie das. »Ich muss mit dir reden, Gabs.« Em sah Zach an und fragte sich, ob er wohl etwas sagen würde. Ihre Haut brannte wie Feuer. Noch nie zuvor war sie so gedemütigt worden. »Ich muss es dir erklären.«
»Ich will nicht mir dir reden«, erwiderte Gabby eisig. »Genau genommen will ich sogar nie wieder mit dir reden. Ich dachte, du wärst meine Freundin. Ich dachte sogar, du wärst meine beste Freundin. « Dann versagte Gabbys Stimme – es tat Em im Herzen weh.
»Zach?« Sie sprach ihn schließlich direkt an. Sie wusste nicht genau, was sie eigentlich erwartete. Alles andere jedenfalls als diesen ausdruckslosen Blick, den er während der letzten drei Minuten aufgesetzt hatte.
In dem Moment streckte Gabby die Hand aus und verpasste Em einen heftigen Schubs. Em stolperte rückwärts in den Garderobenständer. Ein Kleiderbügel rammte sich ihr in die Schulter. »Wage es bloß nicht, mit ihm zu sprechen«, sagte Gabby so laut, dass ihre Stimme schon schrill klang. »Warum hörst du nicht einfach auf, Em? Lass mich in Ruhe. Ich glaube dir nicht. Ich will dich nicht mehr in Zachs und meiner Nähe sehen. Basta. Und jetzt geh mir bitte aus dem Weg.« Damit rauschte sie an ihr vorbei und Em sah, dass ihr die Tränen aus den Augen liefen. Zach trottete wie ein begossener Pudel hinterher.
Gabby hatte sie geschubst. Ihre älteste Freundin; ihre beste Freundin. Ihre Fast-Schwester. Einen Augenblick lang schwankte Em, dachte, sie würde gleich ohnmächtig werden.
Ein Teil von ihr wollte weglaufen, aus dem Gebäude, aus Ascension, für immer. Ein anderer Teil wollte auf der Stelle wieder hineinstürmen und Zach dazu auffordern zuzugeben, was genau in den Ferien passiert war – bis aufs kleinste Detail. Er sollte sich winden. Er sollte es aussprechen. Er sollte eingestehen, dass er genauso viel falsch gemacht hatte wie sie.
Ihr Handy piepte – ein entgangener Anruf von Chase. Wahrscheinlich wollte er erklären, wo er blieb.
»Hi, ich bin’s.« Die Stimme, mit der Chase seine Nachricht auf die Mailbox gesprochen hatte, klang blechern und hoch. »Chase, meine ich. Hör zu, ich komme heute Abend nicht. Tut mir leid. Ich kann nicht. Es ist etwas passiert. Ich muss das tun. Ich muss es wissen, so oder so, verstehst du? Also … Fahr nicht zu dem Fest. Oder, falls du schon da bist, geh wieder. Tut mir leid, Em.« Klick.
Em hörte die Nachricht noch einmal ab, während ein Gefühl der Angst an ihr zu nagen begann. Chase hörte sich so aufgewühlt an, fast schon fiebrig. Und verängstigt.
Sollte sie ihn zurückrufen? Zu ihm nach Hause fahren und nachsehen, was um Himmels willen los war? Selbst in ihrer eigenen demütigenden Situation – inzwischen trafen immer mehr Footballspieler mit ihren Familien und Dates ein und starrten sie alle an, wie sie da in ihrem albernen Kleid vor dem Gemeindezentrum stand – musste sie fortwährend an Chase denken. Er hörte sich an, als würde er gleich durchdrehen.
Sie musste sich vergewissern, dass es ihm gut ging.
Es fing an, noch stärker zu schneien; die Wettervorhersage hatte einen Sturm angekündigt.
Em fuhr die Main Street entlang Richtung Route 4 und Highway. Sie kroch, die Scheibenwischer auf höchster Stufe, und spürte das rutschige Eis unter den Reifen. Sie bekam Gabbys zornerfüllte Stimme
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