Rache auf leisen Pfoten
beugte sich vor. »Ich hab gesagt, du sollst da runtergehen.«
»Wenn du mich anrührst, grab ich eine Kralle in die herrliche Seide.« Zur Unterstreichung drohte Pewter mit einer rasiermesserscharfen Kralle.
»Frechdachs.« Harry fuhr zurück.
»Sie ist süß. Ich hab gern Tiere um mich. Als ich das Haus kaufte, war ich froh, dass ein Morgen Grund dazugehört. Ich denke, dass ich mir vielleicht eines Tages eine Katze oder einen Hund anschaffe.«
»Katze«, redete Pewter ihr zu.
»Hund«, konterte Tucker.
»Beides«, meinte Mrs Murphy diplomatisch.
Chris lachte. »Sind die lustig.«
»Allerdings. Warum bist du hierhergezogen? Nach der Großstadt muss es dir hier wie im letzten Kuhdorf vorkommen.«
»Ich kannte nur Chicago. Vor zwei Jahren kam ich im Urlaub hier durch – auf einer Geschichtstour. Ich fand den Ort einfach zum Verlieben. Als Börsenmaklerin bin ich relativ flexibel, und als bei Harold and Marshall Securities eine Stelle frei wurde, hab ich mir gesagt, warum nicht. Ich habe ’ne Menge Geld gespart, und ich denke, damit werde ich über die Runden kommen, bis ich mir einen neuen Kundenstamm aufgebaut habe.«
»Die Leute hier sind knickerig. Damit will ich sagen, mit dem Verkaufen ist es hier nicht so einfach wie in Chicago.«
»Das ist mir klar«, sagte Chris leichthin, während sie Namen schrieb, »aber ich brauchte eine Veränderung. Ich habe mit meinem Freund Schluss gemacht. Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen.«
Ein Auto kam in die Zufahrt gefahren.
»Wer da!?!« Tucker sprang zur Tür.
»Tucker, du bist hier nicht zu Hause.«
»Oh ja.« Tucker kehrte zu Harry zurück, Chris öffnete die Tür, und Bitsy Valenzuela trat in den kühlen Raum.
»Hi.«
»Hi, Bitsy.« Harry stand nicht auf.
»Ein Drink gefällig?«, fragte Chris.
»Ein Tom Collins wäre himmlisch. Ich mix ihn mir selbst.« Bitsy kannte den Weg zu der Bar in Chris’ Haus. In den polierten Stahl der halbrunden Theke waren Vierecke gestanzt, in die rote, grüne, gelbe und blaue Lampen eingelassen waren. »Harry, möchtest du was trinken?«
»Cola.«
»Wie standhaft«, neckte Chris sie.
»So bin ich nun mal.« Harry fand das Namenschreiben mühsam.
Bitsy kam zu ihnen an den Couchtisch. Sie setzte sich neben Pewter, die zu ihr hochsah und dann den Blick abwandte. »Ich bin heute nicht gut drauf«, erklärte Bitsy.
»Kann die motzig sein«, bemerkte Murphy.
»Die Fliegen sollen auf deinen Thunfisch scheißen«, grummelte Pewter und schloss die Augen.
»Wo ist E.R.?«, erkundigte sich Chris.
»Ausnahmsweise mal zu Hause. Er reinigt den Swimmingpool. Ich hab ihm gesagt, ich bin in einer halben Stunde wieder zurück. Er ist mit Kochen dran. Und er ist ein guter Koch. Sagt mal, wenn ihr hungrig seid, hol ich noch zwei Steaks.«
»Nein danke«, wehrte Harry ab. »Ich will meine Hälfte fertig kriegen. Ich hab noch vierzig.«
Bitsy nahm eine Karte in die Hand. »Bonnie Baltier. Schöner Name.«
»Die Witzigste«, sagte Chris.
»Woher weißt du das?«, fragte Harry.
»Die Jahresbesten der Abschlussklasse«, antwortete Chris. »Ich habe dein Jahrbuch so gründlich studiert, ich glaube, ich kenne die Leute inzwischen fast so gut wie du.«
»Das geht weit über das hinaus, was du beim Golfen gegen Susan verloren hast«, bemerkte Harry.
»Es macht mir Spaß. Und ehrlich gesagt, ich hoffe, dass ich hierdurch einen unverheirateten Mann kennenlerne. Man kann ja nie wissen.« Sie lächelte verschämt.
Bitsy lachte. »Nimm E.R.« Sie liebte ihn, aber sie klagte gern über seine Marotten, zu denen die unliebsame Gewohnheit zählte, Illustrierte von hinten nach vorne zu lesen. »Ich könnte eine Pause gebrauchen.«
»Ich würde jeden Ehemann behalten, der kochen kann«, erklärte Chris.
»Amen«, sagte Harry.
»Hat jemand von euch Marcy heute gesehen?«, fragte Chris. »Ich dachte, sie würde vielleicht heute Nachmittag vorbeikommen.«
»Ich bin ihr auf der Straße begegnet und hab gewunken.« Bitsy trank ihr Glas halb leer. »Sie sah elend aus. Ich wünschte, sie würde sich einen Ruck geben und offen sagen, dass ihre Ehe in die Brüche geht – wir wissen es doch eh alle. Ich glaube, der ganze Stress macht sie krank. Ihr Gesicht ist so abgehärmt.«
»Tut mir leid, das zu hören.« Harry hob überrascht die Augenbrauen.
»Die nächste Scheidung in Deep Valley.« Bitsy leerte ihr Glas. »Sie sprechen kaum noch miteinander.«
»Der Mensch durchläuft Phasen«, sagte Chris kühl.
Mrs Murphy machte die Augen auf.
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