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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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wegen des königlichen Briefes hier.«
    Damit überreichte er Marillac den Brief des Königs.
    Marillac las, erbleichte, wankte, dann straffte er sich, indem er Schrecken und Entrüstung mit Not beherrschte.
    »Was soll das? Gestern zum Generalissimus erhoben und heute festgenommen! Was soll das heißen?«
    »Monsieur«, sagte Schomberg, der Marillacs streitbaren Charakter kannte und einen Ausbruch befürchtete, »Ihr kennt mich, ich
     bin Euer Freund. Und ich bitte Euch, Geduld zu bewahren. Es kann sein, daß es sich um ein Mißverständnis handelt und die Sache
     weiter nichts auf sich hat.«
    »Monsieur«, sagte Marillac, der sich gefaßt hatte, »es ist dem Untertan in der Tat nicht erlaubt, gegen seinen Herrn aufzubegehren. |240| Ich werde mich an den Ort und in das Gefängnis begeben, das der König mir befiehlt.«
    ***
    »Mein Lieber«, sagte Catherine, als ich ihr dies zwei Jahre später erzählte, »warum hört Ihr hier auf? Die Geschichte war
     doch damit nicht zu Ende? Sagt mir alles.«
    »Es fällt mir sehr schwer, Euch die Fortsetzung zu erzählen, ja auch nur daran zu denken, denn Marillac wurde verurteilt,
     und leider verurteilt dieses Urteil jene, die es sprachen.«
    »Warum?«
    »Weil es ungerecht war.«
    »Monsieur, ich bin sprachlos: Ihr kritisiert den König!«
    »Leider, ja! Aber ich tue es voll Trauer, nur mit halbem Wort, nur vor Euren lieblichen Ohren und hinter wohlverschlossener
     Tür.«
    »Mein Freund, Ihr habt zuviel gesagt, um nicht noch mehr zu sagen.«
    »Nun ja, man hätte Marillac in die Bastille sperren können wie Bassompierre, und ein paar Jahre dort, das wäre schon ziemlich
     hart gewesen. Aber nein! Ihm wurde ein Prozeß gemacht! Und man hat ihn zum Tode verurteilt!«
    »Und warum?«
    »Aus Staatsräson. Der König wollte ein Exempel statuieren, das die Kabale abschrecken und ihr jegliche Lust auf neue Komplotte
     nehmen sollte.«
    »Aber auf welcher Basis konnte man ihm denn den Prozeß machen? Doch nicht, weil er gesagt hatte, er würde, wenn man ihm den
     Befehl gäbe, Richelieu erschießen?«
    »Nein, kein Richter hätte ihn für diese soldatische Prahlerei verurteilt, der ja übrigens auch keine Tat gefolgt war. Die
     Anklage wurde ganz anders erstellt. Der König ließ Marillacs Vergangenheit durchforschen, und so entdeckte man, daß beim Bau
     der Zitadelle von Verdun, der seiner Verantwortung unterstanden hatte, zahlreiche Unterschlagungen passiert waren.«
    »Ist das wahr?«
    »Wer weiß es? Ich wette, daß, wenn man die militärischen Bauten untersuchte, die anderen Marschällen anvertraut waren, |241| man zu keinem besseren Ergebnis kommen würde, ohne daß deshalb besagte Marschälle in die eigenen Taschen gewirtschaftet haben
     müssen. Denn um solche Bauten wimmeln zahlreiche Ingenieure, Handwerker, Lieferanten und Intendanten, die immer günstige Gelegenheiten
     finden können, ihre Barschaft aufzubessern. Übrigens hat Marillac das auch gesagt, der sich wacker verteidigte, so daß der
     Prozeß sich zwei Jahre hinzog. Zum Schluß entschieden nach sorgfältiger Auswahl dreiundzwanzig Richter, und selbst unter diesen
     so sorgfältig ausgewählten fanden sich nur dreizehn, die ihn schuldig sprachen, und zehn nicht schuldig.«
    »Er wurde also zum Tode verurteilt?«
    »Ja, zur größten Befriedigung des Königs und zum größten Mißfallen Richelieus, der die Schlachtung eines Sündenbocks politisch
     sinnlos und moralisch ärgerlich fand.«
    »Hat er interveniert?«
    »Oh, ja! Und das wird oft vergessen. Richelieu erwirkte beim König einen Gnadenerlaß.«
    »Was heißt das?«
    »Eine Amnestie.«
    »Und warum wurde Marillac trotzdem hingerichtet?«
    »Weil er den Gnadenerlaß ablehnte.«
    »Gott im Himmel!« rief Catherine. »Er hat die Begnadigung abgelehnt, die ihn vorm Tod gerettet hätte? Was für ein Wahnsinn!
     Das hieß ja seinen Kopf selbst auf den Block legen!«
    »Dieser Wahnsinn, meine Liebe, nennt sich Ehrenpunkt. Wenn der schon bei einem Edelmann starr ist, um wieviel starrer erst
     bei einem Soldaten: Marillac erklärte, da er unschuldig sei, bedürfe er keiner Gnade.«
    »Er hätte sich doch auch denken können, daß der König ihn begnadigen würde, weil er ihn im Grund seines Herzens für unschuldig
     an den Verbrechen hielt, die ihm vorgeworfen wurden.«
    »Meine Liebe, Ihr seid nicht auf den Kopf gefallen!«
    »Aber Marillac war es! Er hätte sich auch sagen können, daß er den König, wenn er seine Begnadigung ablehnte, tödlich

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