Rache der Königin
Vertrauen in die göttliche Strafe setzen, denn sie fügte
ja hinzu: ›Ich habe Zeit, dieser Hanswurst wird schon |244| sehen!‹ Und dann, was wirklich der Gipfel ist: ›Eher verschreibe ich mich dem Teufel, als daß ich mich nicht räche.‹ Erst
Gott, dann der Teufel! Die Königinmutter scheint sich nicht sehr sicher in der Wahl ihrer Verbündeten, um Richelieu zu erledigen.«
Und nun, Leser, folgte Demarche auf Demarche bei der Königinmutter, damit sie sich bereitfinden möge, den Kardinal zu empfangen.
Pater Suffren, der Nuntius Bagni sprachen bei ihr vor, ohne daß man Madame beruhigen konnte. Man beschimpfe sie, sagte sie,
man trete sie mit Füßen, man schleife sie durch den Kot, man stelle sie an den Pranger. Die Situation war ausweglos.
»Und nun, Monsieur, wird eine Person die Szene betreten, die mir wenig schmeckt, nicht wahr?«
»Na nun, schöne Leserin, sind Sie es?«
»Ja, ich bin’s, wenn Sie gestatten.«
»Nichts könnte mir lieber sein. Ich hatte längst das Gefühl, Sie verübelten es mir ein wenig, daß ich Sie nicht mehr so oft
anrede wie früher.«
»Richtig. Die Frau Herzogin von Orbieu hat mich voll und ganz ersetzt. Aber was hilft es? Und was können Sie dafür? Auch Ehefrauen
haben Rechte.«
»Was soll das heißen, ›auch Ehefrauen‹?«
»Der Ausdruck kam mir nur so. Ich kann ihn nicht erklären. Aber wenn Sie erlauben, mische ich mich einfach hier und da wieder
ein, wie einst.«
»Sagen Sie mir zuerst, wen Sie mit der Person meinen, die Ihnen wenig schmeckt?«
»Den Narr Gaston.«
»Ja, allerdings. Jedesmal wenn sein großer Bruder in einer tödlichen Klemme steckt, kommt Gaston und macht die Lage noch schwieriger
und verworrener. Kaum sieht er den König in großer Verlegenheit, weil die Königinmutter sich weigert, in seinem Rat zu sitzen,
fordert er auf Teufel komm raus Gelder und Stellen für seine Gierschlünde, indem er droht, das Reich zu verlassen, wenn er
nicht bekommt, was er will. Und wirklich, die Folgen wären höchst gefährlich, könnten sie doch einen Bürgerkrieg gegen den
König heraufbeschwören, den Lothringen und die niederländischen Spanier mit Sicherheit unterstützen würden. Unser Gaston ist
nicht bescheiden. Für Le Coigneux verlangt |245| er das Präsidentenamt des Pariser Gerichtshofes und für Puylaurens hundertfünfzigtausend Livres und das Versprechen eines
Herzogtums.
Nicht ohne Widerwillen sagt der König zu, sein Verlangen im Prinzip zu erfüllen. Drei Wochen vergehen, und der Preis steigt:
Nun verlangt Gaston für Le Coigneux, der Geistlicher ist, auch noch den Kardinalshut. Der König und sein Großer Rat sehen
keinen Ausweg. Soeben haben sie erfahren, daß Le Coigneux trotz seiner Soutane auf das
gentil sesso
versessen ist, und zwar nicht diskret, wie es sich gehörte. Er hat einer Frau Kinder gemacht, die ihm in Paris einen öffentlichen
Prozeß androht.
Nun, beim Papst um den Kardinalshut für einen ausschweifenden Priester nachzukommen ist ausgeschlossen. Doch ohne klare Absage
läßt man die Dinge schleifen. Aber die Gierschlünde werden ungeduldig. Und am dreißigsten Januar 1631, um neun Uhr morgens,
fällt Gaston an der Spitze einer bedeutenden und recht bedrohlichen Suite in Richelieus Haus ein und schreit, da der Kardinal
seine Zusagen nicht eingehalten habe, betrachte er ihn nicht mehr als seinen Freund. Nach dieser Drohung geht er und besucht
die Königinmutter. Am selben Abend hört man durch die Zocoli, daß die Königinmutter Gaston Edelsteine im Wert einer Goldmillion
übergeben habe, die anscheinend zur Aushebung von Truppen dienen und zur Finanzierung einer Revolte dienen sollen. Der Fall
ist klar. Mutter und Sohn verbünden sich gegen den König.«
»Und was macht nun der König?«
»Raten Sie, schöne Leserin! Wenn Sie aber nicht raten wollen, blättern Sie einfach die Seite um.«
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|246| DREIZEHNTES KAPITEL
Es war einige Monate nach den schwerwiegenden Entscheidungen, die zu Compiègne hinsichtlich der Königinmutter gefaßt wurden,
als ich mit Fogacer ein sehr interessantes Gespräch hatte, nicht über das Geschehen selbst – das war ohnehin jedermann so
ziemlich bekannt –, sondern über die Hintergründe und verborgenen Antriebe dieses Geschehens, das den Verlauf der Regierung
Ludwigs XIII. von Grund auf ändern sollte.
Das Gespräch hatte in meinem Pariser Hôtel des Bourbons bei einer Flasche Burgunderwein statt, dem Fogacer alle Ehre erwies,
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