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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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beleidigte.«
    »Ihr habt tausendmal recht. Eine königliche Gnade abzulehnen kommt einer Majestätsbeleidigung gleich. Und genau das muß Ludwig
     empfunden haben, denn er ließ den Dingen nun |242| ihren Lauf, und am zehnten Mai 1632, um halb fünf Uhr nachmittags, wurde Marschall von Marillac auf der Place de Grève enthauptet.«
    ***
    Wenn du erlaubst, Leser, kehren wir zum »Tag der Geprellten« zurück, vielmehr zu dem Tag danach, dem zwölften November 1630.
     Die Königinmutter ist noch ganz echauffiert, aber ihre Standpunkte und Ansprüche haben sich keinen Deut bewegt. Ich würde
     sogar sagen, daß sie nichts von dem, was passiert war, begriffen hat, so daß sie für ihre Versöhnung mit Richelieu die Rückkehr
     Marillacs in sein Amt zur Bedingung machte. Mein Gott! dachte ich, was ist das für ein seltsam träges Hirn, das nie die Wirklichkeit
     wahrnehmen und sich den neuen Gegebenheiten anbequemen kann? Für sie bleibt Richelieu immer der Bösewicht, der alles Schlimme
     verursacht hat. Ludwig ist ein schlechter Sohn, weil er ihr nicht gehorcht, und seine antispanische Politik eine Kränkung
     des Herrgotts.
    In dem Versuch, diese felsenharte und verstockte Gegnerin zu erweichen, schickt der König ihr den Staatssekretär Claude de
     Bullion. Einen gewiefteren Gevatter als diesen Bullion fand man im ganzen lieblichen Frankreich nicht. Er ist ein Mann zweier
     Jahrhunderte, denn 1600 war er schon zwanzig, und aus dem vergangenen Jahrhundert trägt er um den Hals noch immer eine große
     gefältelte Krause à la Medici, die ihm eine Aura von Ehrwürde und alter Zeit verleiht, zumal auf seinem runden Schädel auch
     noch etwas wie ein geistliches Käppchen sitzt und seine Brust ein großes Kreuz des Heilig-Geist-Ordens ziert. Trotzdem ist
     er kein Frömmler, sondern ein Finanzier, ich meine, ein Mann, der das Talent hat, Geld mit Geld zu machen.
    Er hat eine hohe Stirn, eine starke Nase, ein volles Gesicht, das ihm eine gutmütige Miene verleiht, die korrigiert, aber
     nicht bestritten wird durch einen prüfenden Blick und ein schlaues Lächeln. Als Mitglied des Königlichen Rats, Meister der
     Einnahmen und Staatssekretär hat er hohen Persönlichkeiten und sogar dem König bedeutende Summen geliehen, und wie der Leser
     weiß, ist der Profit um so größer, je länger man sich manchmal in Geduld fassen muß, um sein Eigentum zurückzubekommen. Selbstverständlich
     konnte ein so durchtriebener Mann nur das »Pfarrkind dessen sein, der Pfarrherr« |243| ist, und weil sein Pfarrherr Richelieu war, diente er ihm mit aller Ergebenheit, die natürlich gut belohnt wurde.
    So bittet unser Bullion denn um Audienz bei der Königinmutter. Die erhält er. Und natürlich ist das erste Wort der Dame ein
     Sarkasmus.
    »Wie, Monsieur, Ihr kommt mich besuchen! Man wird Euch für einen Verbrecher halten! Wird Euch exkommunizieren!«
    »Madame«, sagt er, »mich schickt der König, Euer Sohn, um eine Einigung zu finden.«
    »Habe ich recht gehört?« sagt die Königinmutter in hochfahrendem Ton. »Eine Einigung? Und mit wem?«
    »Ihr könnt es nicht umgehen, im Königlichen Rat dem Kardinal zu begegnen.«
    »Nein, nein!« sagt sie, »kommt nicht in Frage! Eher erwürgt man mich, als mich dahin zu bringen, daß ich irgend etwas gegen
     meinen Willen tue.«
    »Madame«, sagt Bullion, »die Position, die Ihr einnehmt, ist vom Zorn diktiert. Und das ist die gefährlichste von allen.«
    »Was schert das mich!«
    »Aber, Madame, es ist der König, der Euch durch meinen Mund drängt, besagte Einigung anzunehmen.«
    »Aber ich sehe überhaupt nicht ein, warum es notwendig ist, daß ich zum Rat komme, und erst recht nicht, daß ich dort Richelieu
     begegne. Ich warte, bis dem König über diesen Hanswurst die Augen und Ohren aufgehen!«
    »Sind sie denn verschlossen, Madame?«
    Hierauf gibt sie keine Antwort, doch an ihrem Zorn erstickend, fährt sie fort: »Gott zahlt nicht alle Tage, aber am Ende zahlt
     er! Ich habe Zeit, dieser Hanswurst wird schon sehen! Eher verschreibe ich mich dem Teufel, als daß ich mich nicht räche!«
    Als Bullion mir diese Audienz erzählte, fragte er mich schließlich: »Was mag sie damit gemeint haben: ›Gott zahlt nicht alle
     Tage, aber am Ende zahlt er‹?«
    »Vielleicht ist es ein Kirchenwort, vielleicht von Kardinal de Bérulle, und soll wohl bedeuten, daß Gott früher oder später
     die Übeltäter straft.«
    »Nun«, sagte Bullion, »dann muß die Königinmutter kein allzu großes

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