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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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leben, mit Feuer und Schwert zu bedrohen. Und was ich bei Marillac überhaupt nicht verstehe,
     ist, wie ein Mann seines Formats den Einfluß der Königinmutter auf den König dermaßen überschätzen konnte? Und wie er den
     König so unterschätzen konnte, daß er sich einbildete, Ludwig werde einen großen Staatsdiener einer Mutter opfern, für die
     er doch von Kind auf weder Liebe noch Achtung hatte?«
    »Ja, das bleibt ein Rätsel, meine Liebe, und es hat zwei Väter: Fanatismus und Ehrgeiz. Beide sind von Natur aus blind.«
    »Wißt Ihr«, sagte Catherine, »mir tut aber auch La Villeaux-Clercs sehr leid, daß er einen so traurigen Auftrag erfüllen mußte,
     zumal er mir den Eindruck machte, als ich ihm bei Marschall Schomberg begegnete, daß er um eine tote Lerche weinen würde.«
    |234| »Wenn er Euch so leid tut, meine Liebe, könnt Ihr ihn gleich doppelt beklagen. Denn kaum nach Versailles zurückgekehrt, erhielt
     er von Ludwig Befehl, unverzüglich wieder nach Paris zu eilen und nun der Königinmutter die Ungnade ihres Favoriten zu verkünden.
     Und nach allem, was ich hörte, gingen ihm die Worte nur darum flüssig von den Lippen, weil sie vom König im voraus festgelegt
     worden waren.«
    »Harte Worte?«
    »Urteilt selbst. Bei der hohen und hochmütigen Dame vorgelassen, grüßte La Ville-aux-Clercs ehrerbietig die Königinmutter,
     die noch immer halb auf ihrem Bett hingegossen lag inmitten der Menge ihrer Speichellecker, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht
     wußten, was sich in Versailles zugetragen hatte.
    ›Madame‹, sagte La Ville-aux-Clercs, ›ich habe Euch eine Botschaft vom König, Eurem Sohn, zu übermitteln.‹
    ›Ich höre‹, sagte die Königinmutter in herablassendem und unwirschem Ton, so als flöße ihr alles von jener Seite Kommende
     nichts als Mißtrauen und Verachtung ein.
    ›Seine Majestät‹, sagte La Ville-aux-Clercs, ›hält dafür, daß der Siegelbewahrer die Grenzen überschritten hat, indem er Eurer
     Majestät seinem Dienst widersprechende Meinungen einflößte.‹
    ›Monsieur, was soll dieses Kauderwelsch heißen?‹ fragte die Königinmutter.
    ›Es soll heißen, Madame, der König ist der Ansicht, daß der Siegelbewahrer sehr übel daran tat, Euch so feindliche Gefühle
     gegen den Kardinal einzuflüstern, daß Eure Majestät schließlich den König um seine Entlassung ersucht hat.‹
    ›Und das war wohlgetan!‹ schrie die Königinmutter, der die Höflinge sogleich murmelnd beistimmten.
    ›Es sieht aber doch nicht so aus, Madame‹, sagte La Villeaux-Clercs mit engelhafter Sanftmut, ›denn soeben hat der König Monsieur
     de Marillac abberufen und in ein scharf bewachtes Schloß eingesperrt.‹
    ›Was soll das? Was soll das?‹ stieß die Königin in einer Mischung aus Zorn und Furcht hervor. ›Ist das wieder eine
bugia
1 ?‹
    ›Nein, Madame! Das ist gesicherte Wahrheit.‹
    ›Maggiordomo!‹
rief die Königinmutter voller Wut.
› La mia
|235|
carrozza! Subito!
Diener, Kutscher, spannt meine Pferde an!
Subito! Subito!
Ich muß nach Versailles.‹
    ›Fahren wir alle nach Versailles!‹ rief da ein Höfling, ›und holen wir Richelieu mit Gewalt heraus!‹
    ›Monsieur‹, entgegnete ihm La Ville-aux-Clercs in festem Ton, ›erlaubt, Euch zu sagen, daß Eure Worte zumindest unbesonnen
     sind. Außer daß sie nach Rebellion klingen, sind sie auch ganz unvernünftig. Der König wird in Versailles von seinen Musketieren
     und zwei Eliteregimentern bewacht. Glaubt Ihr, diese Herren lassen es zu, daß Ihr gegen den Ersten Minister des Königs Gewalt
     anwendet?‹
    ›Aber ich!‹ schrie die Königinmutter, fester denn je entschlossen, ›ihre Pferde anzuspannen‹, ein Wort, das am Hof berühmt
     wurde, als die Dame all ihre Macht verloren hatte. ›Aber ich fahre! Ich fahre nach Versailles! Und ich fahre allein. Ich will
     mit dem König sola a solo sprechen! Dann werden wir ja sehen, ob er mir nicht Rechenschaft schuldet!‹
    ›Madame‹, sagte La Ville-aux-Clercs, ›es wäre sehr ärgerlich für den Respekt, den man Euch in diesem Reich schuldet, wenn
     Ihr nach Versailles führet, ohne eingeladen zu sein, und der König Euch gar nicht empfänge. Übrigens wird er wahrscheinlich
     bereits abgefahren sein, wenn Ihr dort eintrefft.‹
    Dies war nun, wie die Königin gesagt hätte, eine
bugia pietosa
1 , wie Monsieur de La Ville-aux-Clercs mir nachher gestand, deren augenblickliche Wirkung aber durchaus wohltuend war.
    ›Dann fahre ich nicht!‹ sagte

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