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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Königinmutter in La Capelle aufzunehmen,
     Bescheid weiß?«
    »Nein, Monseigneur. Und weil das Schweigen des Königs anhielt, bat ich um meinen Urlaub, den Seine Majestät mir verweigerte.«
    »Ihr seid doch aber hier?«
    »Weil ich geflohen bin.«
    »Geflohen!« schrie der Marquis auf. »Himmelsakra! Soll das heißen, Ihr habt den Louvre ohne königliche Erlaubnis verlassen?«
    »So ist es«, sagte François und senkte den Kopf.
    Sprachlos sahen wir einander an.
    »François«, schrie der Marquis de Vardes, »wißt Ihr, was Ihr da getan habt? Einen solchen Ungehorsam kann Seine Majestät Euch
     niemals verzeihen! Euch bleibt nur dreierlei: lebenslängliche Verbannung, die Bastille oder sogar das Henkersbeil.«
    |270| »Marquis«, sagte ich, als Monsieur de Vardes mir hiernach mein Zimmer zeigte, »für mein Gefühl muß Euer Sohn unverzüglich
     das Land verlassen.«
    »Das denke ich auch. Aber wohin kann er gehen? In die Niederlande? Nach Lothringen? Nach Deutschland? Die Länder sind unsere
     Feinde, und ein Aufenthalt dort würde den Vorwurf des Verrats nur bekräftigen.«
    »Es bleibt England«, sagte ich. »In London habe ich eine Freundin, Lady Markby. Sie ist eine hohe und reiche Dame, die Euren
     Sohn in ihr Gesinde aufnehmen und ihn auf einen guten Weg bringen könnte.«
    ***
    »Monsieur, auf ein Wort, bitte.«
    »Haben Sie eine Frage, schöne Leserin?«
    »Mehrere, wenn Sie erlauben. Zuerst die: Warum ist es ein solches Vergehen, wenn die Königinmutter nach Avesnes zu den Spaniern
     flüchtet?«
    »Weil die Spanier unsere schlimmsten Feinde sind. Ihre Gastfreundschaft zu erbitten heißt, das Vaterland und den König zu
     verraten.«
    »Aber Gaston hat soundso oft das gleiche getan. Nach allem, was ich nun schon gelesen habe, ist er doch schon mehrmals zum
     Herzog von Lothringen gegangen, der ebenfalls unser schlimmster Feind ist.«
    »Das ist nicht dasselbe. Gaston ist, wie ich mehrmals betonte, der präsumtive Thronfolger, weil sein älterer Bruder keinen
     Dauphin hat. Wohin er auch geht, Gaston verliert weder sein Geblüt noch seinen Rang, noch sein Erbrecht. Hingegen ist die
     Königinmutter außerhalb des Reiches nicht mehr Königinmutter. Sie ist nichts mehr, und anders als Gaston hat sie keine Zukunft.
     Dieses ›nichts‹ bedeutet immense sowohl materielle wie moralische Verluste. Sie verliert Paris, sie verliert den Louvre, sie
     verliert ihre schönen Residenzen in den Provinzen, sie verliert vor allem ihr prächtiges Palais du Luxembourg, das sie so
     sehr liebt. Sie läßt ihren Besitz hinter sich, Einkünfte von über einer Million, ungeachtet der großzügigen jährlichen Gratifikationen
     des Königs. Sie ist nicht mehr die höchste Fürstin Frankreichs. Sie kann nicht mehr am Königlichen Rat teilnehmen oder aber
     sich weigern, daran teilzunehmen, eine andere |271| Art, ihre Macht zu zeigen. Sie hat nicht mehr den geringsten Einfluß auf die Reichsgeschäfte.«
    »Meinen Sie, daß Ludwig sie eines Tages nach Frankreich zurückrufen wird?«
    »Ich bin überzeugt, daß er es nicht tut. Darf ich zur Abwechslung jetzt Sie etwas fragen? Nur müßte ich Sie bitten, sich dazu
     an die Stelle der Königinmutter zu versetzen.«
    »Gut, ich versuche es.«
    »Die Königinmutter ist also aus Compiègne geflohen. In Sains erfährt sie, daß die Feste La Capelle sich ihr nicht öffnen wird.
     Hierauf ergeht sie sich in Beschuldigungen: Sie habe Frankreich ja nicht verlassen wollen, da La Capelle ihr aber verschlossen
     blieb, habe sie das Reich verlassen müssen, und genau das hätten ihre Feinde gewollt. Was halten Sie von dieser Anklage?«
    »Daß daraus ein kindisches schlechtes Gewissen spricht. Die Königinmutter war keinesfalls gezwungen zu tun, was ihre ›Feinde‹
     wollten. Sie konnte nach Compiègne zurückkehren oder in eine andere französische Stadt gehen, zum Beispiel nach Saint-Quentin,
     um erneut mit dem König zu verhandeln.«
    »Ausgezeichnet! Statt dessen, schöne Leserin, trifft sie am 30. Juli 1631 um vier Uhr nachmittags in Avesnes ein und steigt
     in Abwesenheit des Gouverneurs in einem bescheidenen Gasthof ab, zu bescheiden für die Prunkgewohnte, und so ist sie zehn
     Tage später in Brüssel, wo sie von den Spaniern nicht mit allen Ehren, sondern nur mit einigen empfangen wird.«
    »Warum nur mit einigen?«
    »In Paris, im Königlichen Rat, im Kampf gegen Ludwigs antispanische Politik war die Königin der spanischen Regierung überaus
     nützlich. In Brüssel ist ihr die

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