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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Fogacer mich wanken und wie von Sinnen sah, schloß er mich in die Arme und half mir niederzuknien, woran er wohltat, denn
     die Beine trugen mich nicht mehr. Da lag nun mein armer Schomberg, niedergestreckt wie ein bronzener Herkules, der von seinem
     Sockel gefallen war. Doch so erschüttert und unendlich traurig ich auch war, konnte ich doch keine Tränen vergießen. Und als
     ich beten wollte, war meine Kehle so |317| beklommen von dem Schmerz, den Gefährten zu verlieren, den ich außer meinem Vater am meisten auf der Welt bewundert hatte,
     daß ich nicht imstande war, mit den Dienern, den Offizieren und Freunden, die an dem Totenbett knieten, das Paternoster zu
     sprechen. Still, in meine Trauer versunken, nahm ich Abschied von dem guten Freund.
    ***
    Als Fogacer die Totenandacht beendet hatte, trat ich zu ihm und sagte leise: »Bei mir wartet eine Büßerin mit italienischem
     Namen, die Euch die Beichte ablegen möchte.« – »In diesem Augenblick?« fragte Fogacer. »Mein lieber Domherr«, sagte ich, »Ihr
     wißt, der Dienst für den König duldet keinen Aufschub.« Bevor ich das Zimmer verließ, warf ich noch einen Blick auf den toten
     Schomberg und sagte mir schweren Herzens: Wie ist es möglich, daß dies der letzte Blick sein soll? Jede Religion, sagte mein
     Vater, verspricht uns ein Leben nach dem Tod, aber weil noch nie jemand aus dem Jenseits zurückgekehrt ist, der uns gesagt
     hätte, was an diesem Versprechen ist, beten wir, daß es doch wahr sein möge, und dieses tausendmal wiederholte Beten gibt
     uns Hoffnung.
    Als ich mit Fogacer in meine Gemächer kam und den kleinen Salon betrat, saß die Zocoli, oder vielmehr lag sie, in dem schönsten
     Sessel dort, als ob sie schlafe, mit halbgeöffneten Lippen, glücklich, wohlig wie eine satte Katze, die sich vorm Feuer aalt.
     Unweit davon hockte Nicolas auf einem Schemel, die Ellbogen auf den Knien und das verzerrte Gesicht in beiden Händen. Ich
     hätte ihn nach dem Grund gefragt, doch hatte ich andere Sorgen.
    Nach einer kurzen Mahlzeit und ohne über Schombergs Tod zu sprechen, überließ ich den armen Nicolas seiner Zerknirschung und
     begab mich mit Fogacer und der Zocoli in das angrenzende Kabinett. Nachdem sie auch ihm berichtet hatte, daß sie nun Zofe
     bei der Herzogin von Chevreuse sei, die mit der Königin auf »intimstem« Fuß stehe, fragte Fogacer, wie sich dies äußere.
    »Man geht buchstäblich nicht mehr auseinander!« sagte die Zocoli. »Man umarmt, man küßt sich, man schwatzt und tuschelt und
     heckt ständig diese und jene kleine Niedertracht aus. |318| In meiner Straße in Paris, die aber nicht den besten Ruf hat, würde man sagen, sie sind wie Hemd und Arsch.«
    »Es geht um die Königin, Kind, um die Königin!« sagte fromm erschrocken Fogacer.
    »Deswegen sage ich es ja auch nicht, Ehrwürden«, versetzte die Zocoli, »dazu habe ich viel zuviel Respekt vor den hohen Damen.«
    »Kurz«, sagte ich, »es ist nichts wie Geplapper.«
    »Geplapper, Vertraulichkeiten, Briefe, die man gemeinsam liest und verfaßt.«
    »Politische?«
    »Ich denke schon, die Herzogin schreibt zahllose Briefe in alle möglichen Länder: England, Lothringen, Niederlande, Spanien,
     die ja, soweit ich weiß, nicht alle Freunde unseres Königs sind. Aber die Herzogin ist auch ein As in Liebesbriefen. Die schreibt
     sie mit größter Sorgfalt, dazu macht sie zuerst Entwürfe, die ich ab und zu aus ihrem Papierkorb fische.«
    »Und was steht in diesen Sendschreiben an ihre Bewunderer?«
    »Ah! Die Herzogin ist gerieben und gewieft wie keiner guten Mutter Kind in Frankreich. Von ihren Bewunderern fordert sie Anbetung
     und Unterwerfung. Dafür verspricht sie alles, gibt aber nichts.«
    »Und wer ist derzeit der Erwählte?«
    »Monsieur de Châteauneuf.«
    »Der Siegelbewahrer?«
    »Derselbe.«
    »Soso!« sagte Fogacer, die Brauen runzelnd und indem er sich in seinem Lehnstuhl straffte. »Das ändert alles!«
    »Was meinst du«, fragte ich, »wie weit die Chevreuse es mit Châteauneuf treiben wird?«
    »Bis er Richelieu haßt und alles tut, was sie will, und den König verrät. Darum behauptet sie, Richelieu sei in sie verliebt,
     damit will sie Châteauneuf von ihm trennen. Und sie verspricht ihm alles, wenn er sich ihr ergibt. Hier ist so ein Entwurf
     von ihrer Hand, wenn Ihr erlaubt, lese ich ihn vor.«
    »Wir hören.«
    »Ich versichere Euch, schreibt sie an Châteauneuf, daß ich Euch immer leiten werde, und ich befehle Euch, mir nicht nur zu
    

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