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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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waren, denn Läuse waren die große Plage der Feldlager. Auch fanden regelmäßige Kontrollen statt, die Haupthaare
     wurden kurz geschoren und die Körperhaare rasiert, damit sich kein Ungeziefer einniste.
    Wegen solcher prosaischen Notwendigkeiten blieben wir nach dem geschilderten Kriegsrat noch zwei Tage länger in Oulx.
    Marschall von Créqui nützte diesen Aufschub, mich mit seinem Sohn, Graf von Sault, zum Diner einzuladen. Ich mochte den Marschall,
     auch wenn er ein wenig hochmütig war, und bewunderte, mit welcher Üppigkeit er seine Gäste bewirtete. Nie zog er ins Feld,
     ohne sich mit allem Zubehör seines Behagens zu umgeben, einem Teil seines Weinkellers und seines in der Farbe seiner Augen
     fein bemalten chinesischen Porzellans; dazu führte er einen vorzüglichen Koch mit und, wie man munkelte, sogar zwei Kammerkätzchen,
     die als Pagen verkleidet waren, um dem König kein Ärgernis zu geben. Ich habe sie nicht gesehen, doch wurde geraunt, daß sie
     dem Marschall auf den Etappen das Bett wärmten. Welche Witzeleien über das ausreichende Maß dieser Erwärmung daher in Umlauf
     waren, als Créqui von seinem fiebrigen Katarrh befallen wurde, kann man sich denken.
    Die Speisen bei Créquis Diner waren wirklich sehr gut, doch aß Créqui selbst nur wie ein Spatz und verließ die Tafel alsbald,
     um wieder in sein Bett zu kriechen, so daß ich in aller Muße mit Graf von Sault plaudern konnte.
    Ein Créqui vom Vater her, von der Mutter her ein Lesdiguières, brauchte er sich um seine Zukunft nicht zu sorgen. Doch war
     er nicht nur, wie die Engländer sagen, mit einem silbernen Löffel im Mund geboren, sondern auch groß und gut gewachsen, hatte
     ein schönes Gesicht mit prächtigen schwarzen Lockenhaaren, hellbraune Augen und blendendweiße Zähne. |80| Er hätte also allen Grund gehabt, auf die Dauer ebenso eingebildet und überheblich zu werden wie Bassompierre. Doch fand sich
     bei ihm keine Spur von Hochmut, weder in seinem Auftreten noch in seiner Sprache. Woher er dieses gute Naturell nun haben
     mochte, doch von Vater und Mutter gewiß nicht, die nicht gerade Vorbilder an Bescheidenheit waren, er jedenfalls begegnete
     allen, auch dem Gesinde, seinem Reitknecht und den Soldaten mit so geduldiger Höflichkeit, daß man ihn womöglich verachtet
     hätte, wäre er dabei nicht so schön, so tapfer und so reich gewesen. Obwohl er nie brüllte und selten strafte, herrschte in
     seinem Regiment eine mustergültige Disziplin. Freilich waren es Schweizer, die er befehligte, und wenn ich meinem guten Hörner
     glaubte, waren die Schweizer »Sol daten vom Mutterleib an«.
    Da ich mich erinnerte, wie ich bei meiner Ankunft in der Zitadelle von Ré Ärger mit Toiras bekam, der mich vom König beauftragt
     glaubte, seine Befehlsgewalt zu teilen, beeilte ich mich, Graf von Sault in dieser Hinsicht von vornherein zu beruhigen. Ich
     sagte ihm daher, daß ich vom Kriegführen nichts verstehe und mein Auftrag sich darauf begrenze, ihm bei den Bauern des Gravere
     als Dolmetscher zu dienen. Und freimütig antwortete er, genauso verstehe auch er die Sache, doch wisse er wohl, daß ich im
     Lauf meiner Missionen große Erfahrung gesammelt habe und daß er nicht verfehlen werde, in einem schwierigen Fall auch darauf
     zurückzugreifen. Diese Worte, die auf charmante Weise sein Vertrauen ausdrückten, erfreuten mich, und es begann an jenem Tag
     eine Freundschaft zwischen ihm und mir, die bis zum heutigen Tag dauert.
    Am dritten März 1629 verließ unsere Armee auf Befehl Ludwigs XIII. Oulx und nahm den Weg längs der Dora Riparia. Und da ich
     besagten Weg schon zweimal zurückgelegt hatte, von Oulx nach Susa und von Susa nach Oulx, jeweils über Exilles und Chiomonte,
     schickte Seine Majestät mich als Avantgarde voraus, um den Einwohnern unsere Ankunft anzukündigen, damit sie vor einer so
     großen Armee nicht in Furcht und Schrecken gerieten.
    Ich bat Seine Majestät, mir die Quartiermacher, die Zelte und Zeltbauer mitzugeben, vor allem aber den prachtvollen Herold,
     der mich bei meiner Gesandtschaft nach Susa begleitet hatte, weil die Bauern von Exilles und Chiomonte ihn so groß |81| und schön und samt seinem Pferd so wunderbar geschmückt fanden, daß sie ihn wie einen heiligen Georg verehrten. Sowie ein
     Streit zwischen einem Soldaten und einem Bauern sich anbahnte, brauchte der Herold nur zu erscheinen, und es war Frieden.
     Allerdings hatte er auch Anweisung von mir, dem Bauern, wenn möglich, recht

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