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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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in
     Jahrhunderten die Rede sein.
    »Filiberto«, sagte ich, »ich will dir ein Geheimnis anvertrauen, das du auf immer verschweigen wirst, und dich um einen Dienst
     bitten, der, wenn du ihn annimmst, ebenfalls für alle Zeit in der Tiefe deines Gedächtnisses ruhen muß.«
    »Vostra Altezza«
, sagte er feierlich, »wenn dieser Dienst nicht gegen mein Gewissen geht, werde ich ihn mit Freude leisten, ich bin Eurer
     Hoheit ergeben mit
anima e corpo
1 .«
    »Filiberto«, sagte ich, »er geht nicht gegen dein Gewissen. Ich will mich morgen nach Susa begeben, aber nicht auf dem Weg
     entlang der Dora Riparia, sondern über das Gravere.«
    »Una marcia lunghissima e difficoltosa«
2 , meinte Filiberto.
    »Darf ich Eure Hoheit fragen, ob Ihr allein gehen werdet oder in Begleitung?«
    »Ich gehe mit einem Regiment.«
    »Dann ist es also eine militärische Aktion«, sagte ernst Filiberto.
    »Nein. Der König von Frankreich will Seine Hoheit Herzog Karl Emmanuel um den freien und freundschaftlichen Durchzug durch
     sein Gebiet nach Casale bitten.«
    »Seiner Erlauchten Hoheit dem Herzog wird also kein Leid geschehen?«
    »Keines. Sein Sohn ist, wie du weißt, der Schwager des Königs von Frankreich.«
    »Lo so
«
, sagte Filiberto,
»e sono ora interamente rassicurato.«
3
    Für mein Gefühl beruhigte er sich mit einer Leichtigkeit, die wenig Liebe zu seinem Landesherrn bewies. Wahrscheinlich hatte
     er, wie die Leute von Exilles und Chiomonte, dafür seine Gründe. Ich liebte den Herzog auch nicht, sein langes Gesicht, die
     lange weiße Feder darüber, und seine törichte Arroganz.
    |84| »Der König«, fuhr ich fort, »wird natürlich den Weg entlang der Dora Riparia nach Susa nehmen. Aber wo muß ich diesen Weg
     verlassen, um in das Gravere in Richtung Susa abzubiegen?«
    »Das werde ich Euch sagen,
Vostra Altezza
, ein Stückchen vor der Stelle, wo der Rio Clarea sich in die Dora Riparia stürzt. Von da muß Eure Hoheit geradeaus nach Osten
     gehen.«
    »Und dann gelange ich ins Gravere?«
    »Eure Hoheit, das Gravere besteht aus mehreren Dörfern, das wichtigste davon ist Refornetto.«
    »Und warum ist es so wichtig?«
    »Weil es eine Kirche hat und in der Kirche einen Pfarrer.«
    »Und was geht mich der Pfarrer an?«
    »Tutto.«
1
    Dieses tutto verwunderte mich.
    »Steck mir ein Licht auf, Filiberto«, sagte ich. »Muß ich den Pfarrer besuchen?«
    »Ja. Und ihm die Räder schmieren.«
    »Warum muß ich ihm die Räder schmieren?«
    »Damit sie in Eurem Sinn rollen, Hoheit, und nicht entgegengesetzt. Wenn ich ihm sage, daß Ihr Vincenzo Tallarico zum Führer
     nehmen wollt, muß er mit der Wahl einverstanden sein.«
    »Und wenn er nicht einverstanden ist?«
    »Hoheit, was kann man von einem Karren erwarten, wenn seine Räder schlecht geschmiert sind? Sie quietschen! Und es kann sein,
     daß dieses Quietschen bis zu den Ohren Seiner Erlauchten Hoheit, des Herzogs von Savoyen, dringt.
E allora che disgrazia per il povero Vincenzo Tallarico! «
2
    »Wer ist dieser Vincenzo? Wo wohnt er, und was macht er?«
    »Das habe ich doch gesagt: Er wohnt in Refornetto, er ist mein Cousin. Und sein Gewerbe ist, daß er Möbel baut.«
    »Also ist er Tischler.«
    »No, certamente, Vostra Altezza!«
protestierte Filiberto mit einiger Entrüstung.
» Vincenzo e un grande artista!
3 Er entwirft Möbel. Und er baut sie. Und außerdem ist er ein großer Wanderer und kennt alle Pfade des Gravere auswendig.«
    |85| »Willst du damit sagen, daß er mich gegebenenfalls von Refornetto nach Susa führen würde?«
    » Si, certamente.
Wenn ich ihn darum bitte und wenn sein Pfarrer einverstanden ist.«
    »Und wie willst du ihn danach fragen?«
    »Wenn Eure Hoheit vom Weg an der Dora Riparia abbiegt nach dem Gravere und Eure Hoheit einverstanden ist, dann rechne ich
     es mir zur großen Ehre an, Euch nach Refornetto zu führen.«
    »Ma sei un tesoro, Filiberto!«
1 rief ich. »Damit erweist du mir einen großen Dienst, und ich nehme ihn an, wie du ihn mir anbietest, aus ganzem Herzen.«
    Am sechsten März, noch vor Morgengrauen, setzte sich
il grandissimo esercito francese
2 , wie die Chimonteser sagten, auf der Straße entlang der Dora Riparia in Bewegung nach Susa. Der König wollte, daß das Schweizerregiment, Graf von Sault,
     ich und mein Führer seinem Heer eine halbe Meile vorauszögen, damit wir die Straße an der Mündung des Rio Clarea verlassen
     und in das Gravere vordringen konnten, ohne die nach uns kommenden Marschkolonnen

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