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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ein Italiener.«
    Für einen »großen Künstler« wohnte Vincenzo Tallarico ziemlich beengt, aber mit viel Geschmack. Gleich auf Filibertos erste
     Worte hin war er, fast ohne den Mund aufzutun, bereit, uns als Führer zu dienen, und ging sich unverweilt in einem Nebenraum
     ankleiden, so daß wir mit seiner Frau allein blieben, die es nicht ganz leicht hatte, einerseits Wolle mit ihrem Rocken zu
     spinnen und andererseits zwei kleine Mädchen zu überwachen, die um sie herum stoben und tausend Schelmereien trieben. Die
     Mama hieß Francesca und war sehr schön, Sault und ich betrachteten sie voll stiller Bewunderung, doch so diskret wie möglich.
     Die Mädelchen nun, da sie uns schließlich bemerkten, hörten mit ihrem Unfug auf, stellten sich vor uns und musterten uns mit
     dem größten Ernst von unten bis oben. Nach beendeter Musterung streckten sie ihre kleinen Zeigefinger nach uns und sangen:
»Sono belli! Sono belli! Sono belli!«
1 , mit welchem Gesang sie erst aufhörten, als ihr Vater wieder eintrat.
    |88| Die reizende Szene entzückte und betrübte mich zugleich. So allerliebst sie war, rief sie mir doch Catherine und mein Söhnchen
     in Erinnerung, von denen ich so weit getrennt war. Und was mich am traurigsten machte, war, daß ich nicht einmal wußte, wann
     ich sie wiedersehen würde, dieser Feldzug fing ja gerade erst an.
    Filiberto gab ich zum Abschied zwei Ecus, und er war erstaunt und geschmeichelt, daß er genausoviel bekam wie der Pfarrer
     von Refornetto. Er protestierte zuerst, das sei
»troppo, Vostra Altezza, troppo!«
1 . Anstatt sich aber bei seinem Vetter eine Weile auszuruhen, beschloß er zu meiner großen Überraschung, sofort den Rückweg anzutreten, sei es, daß ihn in Chiomonte eine dringliche
     Arbeit erwartete oder daß er darauf brannte, seiner Frau zu zeigen, wie seine Mühe belohnt worden war.
    Vincenzo Tallarico hatte sich für den langen Marsch durch Schnee und Kälte trefflich gerüstet. Er war ein großer, kräftig
     gebauter Mann mit starker Brust und wettergegerbtem Gesicht, seine regelmäßigen, männlichen Züge ließen mich an einen römischen
     Legionär denken. Wie er so an der Spitze unserer Kolonne marschierte, schien es mir zuerst, daß er recht langsam gehe, bald
     aber merkte ich, daß dies der Schritt des Gebirglers war, der lange Strecken zu meistern vermag, ohne das Tempo zu ändern,
     ob es bergauf ging oder bergab. Die ganze Zeit, die Vincenzo bei uns war, blieb er außerordentlich schweigsam, sei es, daß
     er es von Natur aus war, sei es, daß er seinen Atem sparen wollte.
    Leser, dieser lange, lange Marsch von Refornetto nach Susa war so hart, daß es mir eine Pein wäre, ihn auch noch zu erzählen.
     Zumal außer ein paar Stürzen nichts Bemerkenswertes passierte, nur daß gegen Ende ein paar Schweizer, die im Gehen eingeschlafen
     waren, sich verirrten, doch fanden sie sich tags darauf wieder ein. Mein Herz begann zu klopfen, als Vincenzo mich rufen ließ
     und sagte, vom Gipfel des Berges, den wir gerade erstiegen, würde ich Susa und seine Barrikaden sehen. Ich schickte Nicolas,
     es Graf von Sault zu melden, der sogleich eine Rast einzulegen befahl. Dann fragte er mich, ob ich die Lage nicht selbst erkunden
     wolle, in welchem Fall er mir zwei Schweizer zur Begleitung mitgäbe.
    |89| Ich machte mich also auf mit den beiden Schweizern, obwohl ich nicht recht wußte, was sie für mich tun könnten, es sei denn,
     meine Leiche zu Graf von Sault zu tragen, sollten wir hinter dem Gipfel auf einen Vorposten stoßen. Doch nicht dies bereitete
     mir die meiste Sorge, so unerfreulich es auch war. Vielmehr zitterte ich davor, daß die Lage sich seit meinem Besuch bei Karl
     Emmanuel verändert haben könnte. Angenommen, Bellones Gewißheit, daß die Franzosen nicht von der Südflanke her angreifen würden,
     war ins Wanken geraten, und er hatte sich nach meinem Besuch im letzten Moment entschieden, besagte Flanke zu sichern, eine
     Befestigung zu bauen und Soldaten hineinzustellen, dann verlor die Strategie, die meine Auskünfte dem Kardinal und dem König
     eingegeben hatten, vollständig ihren Überraschungsvorteil.
    Obwohl der Himmel bewölkt war, gab es nicht einen Anflug von Nebel, der uns verbergen konnte, und wir erklommen die letzten
     Klafter bis zum Gipfel auf dem Bauch im Schnee. Oben angelangt, hob ich vorsichtig den Kopf, riskierte ein Auge, und mir fiel
     ein riesiger Stein vom Herzen. Gott sei Dank! Keine Befestigungen, keine Vorposten, keine

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