Rache der Königin
hat.«
»Sind sie wirklich gefährlich, diese Großen?«
»Nicht in dem Maße, wie sie es möchten. Selbst wenn sie ihre Kräfte vereinen würden, was schon sehr schwerhielte, wären sie
denen des Königs nicht gewachsen.«
»Denken sie an Mord?«
»Vermutlich wiegen sie sich in solch lieblichen Träumen, doch wissen sie, daß es Schäume sind. Der König und der Kardinal
sind Tag und Nacht stark bewacht, und die Polizei des Kardinals verfügt über zahllose Spione, die überall ihre Netze spinnen.
Kein Großer in diesem Reich kann Milch, Brühe oder Wein trinken, ohne daß selbst sein Becher noch es Richelieu hinterbrächte.«
»Womit wir denn«, sagte Catherine lachend, »zur Kabale der Frauen kommen.«
»Ah, die hat es Euch wohl angetan, Madame!«
»Es ist doch sonnenklar, daß eine Frau wissen will, was eine Frau an der Spitze des Reiches vermag.«
»Seid versichert: das Allerschlimmste!«
|115| »Oh, seid Ihr boshaft! Ab jetzt habt Ihr von mir nichts mehr zu erwarten!«
Und zürnend näherte sie mir ihren Mund, den ich aber so süß und kosig fand, daß der drohende Sturm im Nu zerstob.
»Nein, nein, mein Schatz«, sagte ich, »Ihr wißt, ich denke das ganze Gegenteil davon. Nur werde ich Euch jetzt nicht all die
Frauen aufzählen, die in Englands und Frankreichs Regierungen Großes vorbrachten. Das ist ein anderes Thema. Die Damen, die
uns beschäftigen, sind für den Staat wirklich unheilvoll.«
»Und wer sind die?«
»Die Herzogin von Guise.«
»Die Herzogin von Guise! Eure eigene Mutter!«
»Liebchen, sagt das nicht laut! Auch wenn es am Hof ein offenes Geheimnis ist, fühle ich mich gehalten, es zu wahren. Immerhin
liebe ich die Herzogin sehr, trotz ihrer offenkundigen Schwächen.«
»Ihrer Schwächen?«
»Sie hält sich für die höchste Dame am Hof nach den Königinnen, was sie aber nicht ist. Die Prinzessinnen von Geblüt kommen
vor ihr.«
»Und in ihrem Alter intrigiert sie noch?«
»Ehrlich gesagt, steckt sie nur mit einer Pfote drin, weil sie vorsichtig ist und schon gebrechlich. Einige andere dieser
Damen sind weit gefährlicher: meine Halbschwester, die Prinzessin Conti, die Gräfin von Soissons, vor allem aber die teuflische
Herzogin von Chevreuse. Lest meine Memoiren, Liebste, sie sind ihrer Missetaten voll.«
»Ich lese sie bestimmt. Aber sagt mir trotzdem: Warum hassen sie den König und Richelieu?«
»Es sind Töchter und Gemahlinnen großer Feudalherren, also haben sie Angst, ihre Macht einzubüßen. Aber es gibt noch einen
anderen Grund: Diese Frauen sind schön, und ihre Schönheit würde sie zu großen Rollen am Hof berechtigen, wenn der König und
Richelieu ihnen gegenüber nicht kalt wären wie Eis. Verschmäht zu werden, das können sie ihnen niemals verzeihen.«
»Sind sie gefährlich?«
»Und ob! Es war die Herzogin von Chevreuse, die den armen, törichten Chalais auf den Gedanken brachte, Ludwig zu ermorden.«
|116| »Hätte er es denn gekonnt?«
»Er verfügte über alle Mittel. Er war Kammerherr.«
»Kann man diese Übeltäterinnen nicht bestrafen?«
»Liebste, in Frankreich schlägt man Damen nicht den Kopf ab.«
»Man könnte sie doch verbannen.«
»Das hieße immer Zwist mit einer großen Familie. Trotzdem wurde bei der Chevreuse so verfahren. Leider richtete die schöne
Verbannte außer Landes noch mehr Ärger an als drinnen. Also rief man sie zurück.«
»Und wie macht sich der Haß dieser Teufelinnen jetzt bemerkbar?«
»Weniger über ihre Ehegesponse denn über die Königinmutter. Ihr Einfluß auf diese verstärkt den der Frömmler oder, wenn Euch
das lieber ist, der ›Ausländer‹.«
»Ihr wollt mir doch nicht erzählen«, sagte Catherine mit einem Seufzer, »daß die Kabale der Ausländer die schlimmste ist!«
»Das ist sie aber! Wobei Ihr wissen müßt, daß der König und Richelieu mit diesen ›Ausländern‹ nicht etwa nur die in Paris
lebenden Spanier meinen, deren rührigster Señor Mirabel ist, Philipps IV. Gesandter und Spion.«
»Aber«, sagte Catherine, »wie kann man Menschen, die in Frankreich geboren sind, denn als Nicht-Franzosen bezeichnen?«
»Weil sie sich aus Haß auf die Hugenotten der spanischen Sache verschrieben haben. Es sind jene fanatischen Frömmler, von
denen ich bereits sprach. Ihre Anführer, Marillac und Bérulle, haben, wie Ihr wißt, das Ohr der Königinmutter und ihr Hirn,
sofern sie welches hat.«
»Oho, mein Herr Gemahl«, sagte Catherine, halb lachend, halb drohend,
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