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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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bereitwilliger
     Persönchen.«
    »Ach, Madame! Sie werden die armen Weiber, die Edelmännern ihren Unterleib für eine Nacht verkaufen, doch nicht mit meinen
     reizenden Kammerjungfern vergleichen wollen! Sie arbeiteten für ihre Herrschaft. Sie waren ihrer Herrschaft ergeben, und sie
     liebten mich, und ich liebte sie auch, und das Band dauerte, solange ich konnte. Und jedesmal wenn ich eine verlassen mußte,
     standen Tränen nicht nur in ihren Augen.«
    »Verzeihen Sie, Monsieur, daß ich es gewagt habe, Sie zu kritisieren. Verschlimmere ich mein Unrecht, wenn ich sage, daß ich
     Sie jetzt, in Ihrer Tugendrolle, nicht mehr so verführerisch finde?«
    »Besten Dank, Madame, für den Trost, den Sie meiner Bescheidenheit spenden. Natürlich wird ein verheirateter Mann selten verführerisch
     sein, er hat seine Wahl ja getroffen.«
    »Und eine ausgezeichnete Wahl, Monsieur, nach allem, was ich höre.«
    »Dank, schöne Leserin, für die großmütige Antwort. Sie macht alles wett. Ich hätte es bedauert, wenn unser freundliches Gegenüber
     ein Gegeneinander geworden wäre.«
    |150| »Zurück denn, Monsieur, zu unseren weißen Schafen.«
    »Leider, Madame, ist Gaston gar nicht so weiß. Allerdings rührt ein Teil seiner Fehler aus seiner Situation her. Als jüngerer
     Bruder eines Königs, der keinen Sohn hat, und somit potentieller Thronerbe hegte Gaston, dieser lustige Kumpan, dem nichts
     über Spiel, Spaß und Hanswurstiaden ging, trotzdem große Ambitionen. Und da, Madame, zeigt sich das Manko unseres Systems:
     Das Geblüt verleiht den Rang, aber der Rang besitzt in keiner Weise den Geist, die Übung, die Erfahrung, den Eifer, deren
     es bedarf, um die großen Geschäfte zu führen. Und genau das bewies Gaston, als er lauthals danach schrie, die Belagerung von
     La Rochelle zu befehligen. Darf ich Ihnen, Madame, diese beinahe komische Episode ins Gedächtnis rufen? Des Geschreis müde,
     schickte man ihn nach La Rochelle, unter die diskrete Überwachung durch die Marschälle. Gaston brachte nichts zuwege. Beim
     ersten Ausfall der Rochelaiser wollte er seine Tapferkeit beweisen und stellte sich in die vorderste Angriffslinie, womit
     seine Männer ohne Kommando waren. Am selben Abend warf Marschall Schomberg Gaston in etwas scharfem Ton, doch mit allem seinem
     Rang geschuldeten Respekt vor, er habe sich betragen wie ein Soldat, aber nicht wie ein Chef. Doch Gaston zeigte überhaupt
     keine Berufung zu den Waffen. Nach ein paar kurzen Wochen hatte er das windige und stürmische Klima an der Küste und vor allem
     die erdrückende Monotonie des Militärlebens vollkommen satt. Also ließ er, ohne Obacht zu rufen und ohne die geringste Scham,
     seine Armee sitzen und kehrte eigenmächtig zurück nach Paris, wo er, um sich der Kontrolle der Königinmutter zu entziehen,
     nicht im Louvre wohnte, sondern in einem verschwiegenen kleinen Hôtel. Und dort ergab er sich in andauerndem Dolcefarniente
     seinen Ausschweifungen, seinen Gastmählern und den Bubenstreichen, die er über alles liebte.
    Nicht daß er dumm war, Madame, er hatte sogar viel Witz. Aber es war ein müßiggängerischer Witz. Obwohl im Oberstübchen besser
     ausgestattet als die meisten seiner Zeitgenossen, war er zu faul, dies zu nutzen. Soll ich ein Beispiel nennen? Als der König
     in seinen frühen Jahren hörte, daß der Hofmeister seines Bruders, Marschall von Ornano, Gaston ermutigte, sich dem königlichen
     Willen zu widersetzen, schickte er den Marschall ins Gefängnis. Sofort war Gaston, ohne den Anschein eines Beweises |151| zu haben, überzeugt, daß Richelieu diese Maßnahme veranlaßt habe, und beschloß, ihn zu ermorden. Diese Geschichte habe ich
     Ihnen, Madame, schon geboten, ich raffe sie also in wenigen Zeilen zusammen. Gaston knobelte den Plan aus, sich mit etwa dreißig
     Freunden vom Kardinal auf dessen Schloß zu Fleury-en-Bière einladen zu lassen. Im Verlauf des Mahls sollten seine Freunde
     sich in die Haare geraten, die Degen ziehen, und in dem hieraus entstehenden Tumult sollte ein Degen wie zufällig das Herz
     des Kardinals durchbohren.«
    »Und was geschah?«
    »Der Kardinal erfuhr von dem Plan, noch bevor er ausgereift war, und ging zu Gastons Lever. Dabei schüchterte er ihn durch
     seine Eskorte ein und erbot sich gleichzeitig sehr liebenswürdig, Schloß Fleury-en-Bière gegen das Schloß von Gaston zu tauschen,
     das weniger bequem war. Gaston fand den Kardinal ›höchst charmant‹, nahm das Angebot an, und von

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