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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Gründe dafür, daß er die Ehe mit Anna von Österreich
     zunächst nicht vollziehen konnte, wurde seine Glut durch die Tatsache, daß sie Spanierin war, nicht eben entfacht. Ein Beweis
     dafür ist, daß er die turbulenten Gesellschafterinnen, die mit Anna von Österreich nach Frankreich gekommen waren, nicht ohne
     Schroffheit zurückschickte über die Bidassoa. Und ich glaubte, er hätte auch Anna zurückgeschickt, wenn er gekonnt hätte.
    Rechnete Monsieur de Marillac also darauf, daß die Königinmutter Ludwig dahin bringen würde, die spanische Allianz zu akzeptieren?
     Sollte er das wirklich geglaubt haben, wäre es der |144| schwerste Fehler, der diesem geistvollen Mann je unterlaufen wäre. Längst war zwischen dem König und der Königinmutter jede
     Gefühlsbindung den protokollarisch befohlenen Respektsbezeigungen gewichen. Hundertmal habe ich gesagt und sage es, verzeih,
     Leser, noch einmal: Ungeliebt, gedemütigt als Kind, hatte er für Maria von Medici nicht nur keine Liebe, er konnte sie nicht
     einmal achten, weil er von ihrer Vernunft und ihrem Charakter die allergeringste Meinung hatte. Ihn graute vor ihren starren
     Voreingenommenheiten, ihren wütenden Verbohrtheiten, ihren tobenden Zornausbrüchen und am allermeisten vor ihrer vulgären
     Sprache.
    Wahrhaftig, wenn es auf der Welt etwas gab, was Ludwig von ganzem Herzen haßte, dann daß man in seiner Gegenwart sich zu Zänkereien
     hinreißen ließ, die Stimme hob, gemeine und anstößige Ausdrücke gebrauchte. Er empfand dies als den schlimmsten Verstoß gegen
     seine königliche Würde. Als er von seinem Schlafgemach einmal hörte, wie der Graf von Guiche einen Türhüter mit schriller
     Stimme und groben Worten beschimpfte, weil der ihm den Zutritt zum König verwehrte, schickte er auf der Stelle ein Dutzend
     Garden, ließ ihn festnehmen und für eine Woche in die Bastille sperren.
    Die Königinmutter, guter Gott! dachte ich in meinem nächtlichen Sinnen, wie konnte ein Mann von Geist wie Marillac sich zur
     Erreichung seiner Ziele nur ein so unzuverlässiges Instrument wählen, das seinen Händen jeden Augenblick entgleiten und alles
     durchkreuzen konnte, wobei die Verantwortung für ihre Fehler ihm zufiel, denn er war als ihr Ratgeber bekannt. Eine sehr gefährliche
     Position, die ihn von einem Tag auf den anderen in eine Ungnade stürzen konnte, die voraussichtlich kein Zuckerschlecken sein
     würde.
    Am fünfzehnten September gelang es dem König, zwischen Richelieu und seiner Mutter eine Art Burgfrieden herzustellen. Und
     was meines Erachtens die sonst ewig Grollende zu so schnellem Einlenken brachte, war die Mißbilligung, die ihr in diesem Fall
     vom gesamten Hof widerfuhr. Der Kardinal, der sich unendlich erleichtert fühlte, lud mich ein, am selben Abend mit ihm zu
     speisen, was Monsieur de Guron ein wenig grätzte, obwohl er sich eine Woche zuvor desselben Privilegs hatte rühmen dürfen.
     »Bah!« sagte er und zog ein abfälliges Maul, indem er mir auf die Schulter klopfte, »Ihr werdet sehen, mein lieber Herzog, |145| große Ehre, zweifellos, aber verdammt kleine Schüsseln!« Da sprach natürlich der Fresser und Schlemmer vom Hofe, denn was
     mich anlangt, so trinke ich wenig und esse noch weniger. Und das, Leser, nicht etwa aus Askese oder Tugend, vielmehr ist es
     schlichte Eitelkeit, denn »Schmerbauch« ist für mich gleichbedeutend mit »Graubart«; ich will mir doch die schlanke Linie,
     solange ich kann, erhalten, für die meine Catherine mich lobt.
    Der Leser errät sicherlich, daß ein Souper mit dem Kardinal nicht heißt, Allerweltsgespräche zu führen. Man arbeitet mehr,
     als man ißt. Und kaum hatten wir vor unseren goldenen Gedecken Platz genommen, begann Seine Eminenz in drängendem Ton zu fragen.
    »Nun, mein Cousin, was hat die Zocoli gesagt?«
    »Eminenz«, entgegnete ich, »ich habe alles, was sie mir berichtete, zu Papier gebracht. Wünscht Ihr den Rapport zu lesen,
     oder soll ich die Dinge mündlich vortragen?«
    »Die schriftliche Form genügt mir«, sagte Richelieu. »Ich weiß, daß Eure Rapporte ausgezeichnet sind.«
    So überreichte ich ihm denn die Blätter und beobachtete ihn insgeheim, während er las. Sein Gesicht war blaß und abgezehrt
     und von grenzenloser Erschöpfung gezeichnet. Mein Gott, dachte ich, welch eherner Mut, welch unnachgiebige Beharrlichkeit,
     welche Ergebenheit! Und, außer vom König, wie wenig belohnt! Je mehr Gutes er dem Reich erweist, desto übler spielt man ihm
    

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