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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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einem Gastmahl nach italienischer
     Manier war nie mehr die Rede. Was Italien angeht, bedenken Sie, schöne Leserin, daß Gaston vom Vater her Bourbone war, aber
     von der Mutter ein Medici.«
    »Wie ich hörte, Monsieur, soll Gaston auch schlechte Ratgeber gehabt haben.«
    »Schlecht, Madame, ist gar kein Ausdruck! Ich würde mit einem lateinischen Zitat behaupten, sie waren
abominandi atque execrabiles
! Die Namen dieser traurigen Herren: Le Coigneux, Bellegarde, Puylaurens. Der arme Gaston war eine Kasperpuppe in ihren Händen,
     eine Marionette. Sie werden sich erinnern, daß Marillac und Bérulle, unsere guten Apostel, der Königinmutter schließlich einzureden
     wußten, daß Richelieu sie im Lauf der Jahre zu seiner ›Marionette‹ gemacht habe, weshalb sie ihn fortan mit unsäglichem Haß
     verfolgte.
    Doch um auf Gaston zurückzukommen, als der erste italienische Feldzug bevorstand …«
    »Monsieur, warum der erste? Gab es noch einen zweiten?«
    »Ich fürchte, es wird einen zweiten geben, Madame. Aber das wird sich morgen im Königlichen Rat herausstellen, wo es um die
     ungute Wendung unserer Affären in Italien gehen soll. Um also beim ersten italienischen Feldzug zu bleiben, forderte Gaston,
     kaum daß er beschlossen war, den Oberbefehl.«
    »Und das nach allem, was er sich in La Rochelle geleistet hatte?«
    |152| »Was wollen Sie, Madame, Ungenügen ist oft die Mutter des Dünkels. Man konnte ihm das Kommando natürlich unmöglich bewilligen,
     konnte aber dem Bruder des Königs auch schwer eine demütigende Ablehnung erteilen. Es gab nur ein Mittel, das Schlimmste zu
     verhüten, und dafür entschied sich der König: Er übernahm selbst das Kommando.«
    »Dann war ja alles gut.«
    »Leider nein, Madame, es war schlecht! Kaum war der eine Familienzwist beigelegt, brach ein neuer los. Darf ich Sie daran
     erinnern: Gastons Gemahlin, Madame de Montpensier, stirbt am vierten Juni im Wochenbett. Der untröstliche Witwer Gaston trocknet
     vier Tage später seine Tränen, denkt nur mehr an Neuvermählung und verliebt sich in Maria von Gonzaga, die Tochter des Herzogs
     von Nevers, heute Herzog von Mantua. Neu ist an dieser Geschichte, daß die Königinmutter und der König dieses eine Mal übereinstimmen,
     beide sind gegen die Verbindung. Die Königinmutter aus dem wenig vernünftigen Grund, daß der Herzog von Nevers vor zwanzig
     Jahren die Waffen gegen sie erhob. Das Nein des Königs hat politische Gründe: Wenn Gaston der Schwiegersohn des Herzogs von
     Mantua wird, steht ihm Italien offen. Gaston hat nämlich eine Schwäche für die Feinde seines Bruders. Er ist ein sehr naher
     Freund des Herzogs von Lothringen, der uns haßt. Und wer könnte ihn hindern, sich in Italien mit den Spaniern zu verbünden?
    Wie Sie sehen, schöne Leserin, hat Gaston den Sinn des Wortes Vaterland noch nicht entdeckt, worin er den meisten Großen sehr
     ähnlich ist, die sich unter der schwachen Regentschaft der Königinmutter nicht scheuten, mit den Waffen in der Hand gegen
     ihre Macht zu revoltieren, um ihr Land oder Gelder abzupressen.
    Als Ludwig siegreich von seinem Italienfeldzug heimkehrt, geht Gaston, um seinen Groll zu bekunden, nach Lothringen, und der
     Herzog, unser Feind, ist entzückt. Für ihn und seine guten Freunde, die Habsburger, ist das ein immenser Vorteil. Wenn sie
     Ludwig angreifen wollten, könnten sie es damit tarnen, daß sie die Interessen seines Bruders verteidigen müßten, was ihrem
     Angriff eine gewisse Legitimität verleihen würde. Andererseits begreifen Gaston und das traurige Trio, dessen Marionette er
     ist, daß es für Ludwig in den Kriegen, die ihm |153| drohen, darauf ankommt, seinen jüngeren Bruder an seiner Seite zu haben. Sie ließen ihn also wissen, daß Gaston nicht abgeneigt
     wäre, nach Frankreich zurückzukehren, jedoch zu seinem Preis. Und an Ländereien, Apanagen, Festungen, Titeln und Geldern für
     sich und sein trauriges Trio forderte Gaston den Mond. Die königliche Antwort ließ nicht auf sich warten. Ludwig verlegte
     eine Armee in die Champagne, um einen möglichen Angriff Lothringens abzuwehren, und Richelieu trat mit Gaston in Verhandlung.
     Und Sie können sich vorstellen, meine Freundin, was für ein hartes Geschäft das war!«
    »Und was kam dabei heraus?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich werde es morgen um halb neun im Königlichen Rat erfahren. Nur wissen Sie ja, Madame, nach geschlossenem
     Rat sind die Königlichen Räte stumm wie die

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