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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ihres Lehnstuhls hinausquollen, den Rumpf gerade, den Kopf arrogant erhoben, sah die
     Königinmutter mit einem Gesicht, das eine wohlfeile Betrübnis zeigte, Ludwig in den Fängen des Todes. In Wahrheit hatte sie
     von ihren sechs Kindern nur das am wenigsten liebenswürdige geliebt: Gaston.
    Obwohl sie es sich nicht anmerken ließ und es niemals eingestanden hätte, war diese Agonie für die Königinmutter ein Tag der
     Glorie und Vergeltung. Im Jahr 1617 hatte der inzwischen großjährige Sohn ihr mit Gewalt die Macht entrissen, die sie ihm
     unrechtmäßig vorenthalten hatte. Mehr noch, er hatte sie verbannt, und obwohl er sie schließlich zurückgerufen hatte, konnte
     sie nie mehr auch nur ein Fitzelchen Macht erlangen. Und genauso, wie sie immer vermeinte, daß sie als Königinmutter alle
     Rechte habe, während alle Pflichten ihm oblagen, mußte die politische Macht nun wieder ihr zufallen: diese Macht, die sie
     so sehr liebte und die sie so schlecht ausgeübt hatte. Jetzt waren, Gott sei Dank, die Jahre der Ohnmacht und der Demütigung
     vorbei. Sie setzte voll auf Gaston, sobald er König wäre. Er hatte wenig Interesse für die großen Geschäfte und lebte ganz
     seinem Vergnügen. Sofern er nur gut mit Geld versehen war, scherte alles andere ihn wenig. Also würde sie unumschränkt herrschen
     können. Was Richelieu anbetraf, so wäre er, wenn der König die Welt verließe, nur mehr ein Vogelfreier, allseits von Haß und
     Hellebarden bedroht. Falls das für ihn nicht noch ein zu sanfter Tod wäre.
    Monsieur de Marillac, der neben ihr saß, betete. Er hatte sich verziehen, daß er wegen seines Alters und seiner Gebrechen |203| nicht auf Knien beten konnte. Ich sah seine Lippen murmeln, aber wenn ich die Gebete auch auswendig wußte, die er sprach,
     wie sollte ich wissen, welche Gedanken sie begleiteten? Und doch versuchte ich mich daran. Denn endlich kam unser Fanatiker
     ja ans Ziel. Bis hierhin hatte er den König oder Richelieu nie zu überzeugen vermocht, daß die einzige eines katholischen
     Königs würdige Politik die des Tridentiner Konzils sei, daß man nach dem Krieg im Languedoc, anstatt den Protestanten jenen
     »verhaßten« Gnadenfrieden zu gewähren, die Ketzerei und alle, die ihr anhingen, innerhalb des Reichs und in ganz Europa ein
     für allemal hätte ausrotten müssen. Diese gewaltige Aufgabe erforderte, daß Frankreich sich in tiefer Einigkeit mit den Kaiserlichen
     und den Spaniern zusammenschloß. Um ihre Freunde zu werden, waren gewiß einige kleine Konzessionen unerläßlich: auf Pignerol
     verzichten, auf Susa, auf Casale; es mußten unsere italienischen Freunde aufgegeben und diese ewigen, für das Reich so ruinösen
     Kriege beendet werden, die beim Volk überall in Frankreich Unzufriedenheit und Unruhen auslösten.
    Ich möchte, daß der Leser sich hier vergegenwärtige, daß Monsieur de Marillac ein überaus respektabler Mann war. Ein aufrichtiger
     Katholik, treuer Gemahl, ein strenger, doch liebevoller Vater, mildtätig gegen die Armen und ein untadeliger, fähiger und
     arbeitsamer Minister, der ein sittenreines Leben führte, das nur aus Pflichten und Tugenden bestand. An diesem glänzenden
     Küraß gab es indes zwei Makel. Der erste war, daß er, wenn er allsonntäglich der Messe lauschte und dem christlichen Gebot,
     seinen Nächsten zu lieben, gleichzeitig mit all seiner Glut ein Massaker an einer Million Protestanten herbeiwünschen konnte.
    Und der zweite Makel, der die schöne Rüstung verunzierte, bestand darin, daß der Glaubenskampf des Monsieur de Marillac nicht
     frei war von persönlichem Interesse. Er wußte sehr wohl, daß der Triumph seiner Politik zugleich sein eigener sein würde,
     denn wenn Richelieu vom Erdboden verschwände, beriefe die Königinmutter an dessen Stelle selbstverständlich ihn.
    Was nun den Kardinal anging, der da inmitten der königlichen Familie saß, die so leidenschaftlich den Tod des Königs und den
     seinen herbeisehnte, so blickte er niemanden an, und niemand gönnte ihm einen Blick. Er machte den Eindruck, als |204| werde mit dem letzten Seufzer des Sterbenden auch er die Welt verlassen. Und wie er da mit unendlichem Kummer den Herrn aus
     seinem Leben scheiden sah, dem er mit soviel Hingabe und Liebe gedient hatte, fragte es sich, ob Richelieu nicht schon mehr
     tot als lebendig war.
    ***
    Was dann geschah, wurde von allen, die dort zugegen waren, als ein Wunder betrachtet. Gegen elf Uhr abends setzt erneut der
     blutige

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