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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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könnt.«
    |208| »Liebste, ich bin nicht gewaschen, nicht rasiert«, sagte ich.
    »Desto besser, dann habe ich Euch im Naturzustand, als der
    Wilde, der Ihr, Gott sei Dank, im Herzen seid. Sagt, habt Ihr mich betrogen?«
    »Madame, ich war Euch von Anfang bis Ende meiner Reise ehern treu.«
    »Schwört Ihr das?«
    »Ich schwöre es bei allen Heiligen, bei Eurem Haupt, bei meinem, bei dem von Emmanuel, Nicolas, Henriette und dem ganzen Gesinde.«
    »Was für Umstände, Monsieur, und wie Ihr mit Eurem Entkleiden trödelt. Müßt Ihr denn jedes Band einzeln aufknüpfen? Ehrlich,
     wart Ihr mir treu?«
    »Ich sagte es schon, Madame, und wiederhole es: ehern.«
    »Und Ihr schwört es?«
    »Ja, ich schwöre es.«
    »Wißt Ihr, daß ich Euch meine Krallen ins Herz schlage, wenn Ihr lügt?«
    »Madame, solltet Ihr Euch in meiner Abwesenheit in eine Tigerin verwandelt haben? Dann setze ich ja mein Leben aufs Spiel,
     wenn ich mich in Eure Nähe getraue.«
    »Solltet Ihr, Monsieur, so feige geworden sein, daß Ihr Euch nicht in meine Nähe traut?«
    »Das sei ferne!« rief ich, »eine Minute, und ich werde es Euch beweisen!«
    Worauf ich zu ihr hinter die Vorhänge schlüpfte, und wahrhaftig, die folgenden Minuten waren für jede ernstliche Unterhaltung
     verloren.
    Dann wollte ich Emmanuel sehen, der im Kabinett neben unserem Zimmer schlief. Honorée war bei ihm und machte mir bei meinem
     Eintreten eine tiefe Reverenz, halb aus Ehrerbietung und halb, denke ich, um mir zu versichern, daß ihre wunderreichen Quellhügel
     unvermindert sprudelten. Was ich auch sah und weshalb Catherine mich in die Hand kniff und mir mit zischender Stimme zuraunte:
     »Ihr laßt Euch doch durch diese Abnormitäten nicht beeindrucken?«
    »Aber nein!« sagte ich heuchlerisch und nahm Emmanuel in meine Arme. Doch schien mein Gesicht, das er in der langen Zwischenzeit
     wohl vergessen hatte, ihm nicht zu gefallen, denn sofort streckte er seine Patschhand aus und zog mich am |209| Schnurrbart. »Was habe ich für eine Familie!« rief ich lachend, »der eine kneift mich, der andere zieht mich am Bart!«
    Damit sollte aber die lange Siesta nicht zu Ende sein, ich legte Emmanuel wieder schlafen, dankte Honorée, ohne sie diesmal
     eingehender zu betrachten, und kehrte mit Catherine zurück in unser Bett, als wäre es ein Zauberschiff, das uns vor allen
     Stürmen außer unseren eigenen beschützte.
    »Was sehe ich?« sagte Catherine, als ich erschöpft und schnaufend die Augen schloß. »Ihr wollt schlafen? An meiner Seite schlafen?
     Wo ich so viele Fragen an Euch habe!«
    »Fragt, Liebste, fragt«, sagte ich seufzend, »ich werde antworten, so gut ich kann.«
    »Ist es wahr, daß Ludwig in Lyon zwei Handbreit vom Tode war?«
    »Es ist wahr.«
    »Und daß ein Wunder ihn rettete?«
    »Kein Wunder, sondern ein Abszeß, der aufgebrochen ist.«
    »Ist es wahr, wie man vom Hof hört, daß man den Kardinal, wenn Ludwig gestorben wäre, exekutiert hätte?«
    »Das ist leider sehr wahrscheinlich. Viele hatten seinen Tod geschworen: Epernon, La Rochefoucauld, Marillac.«
    »Der Minister?«
    »Nein, sein Bruder, der Marschall von Frankreich. Manch einer, wie Monsieur de Troisville, Leutnant der Musketiere, verkündete
     sogar, wenn er den Befehl erhielte, würde er es wie 1617 Monsieur de Vitry mit Concini machen und den Kardinal aus nächster
     Nähe niederschießen.«
    »Wärt Ihr als einer seiner treuesten Diener etwa auch erschossen worden?« fragte Catherine mit bebender Stimme.
    »Kaum. Wenn ein Großer verurteilt wird, tötet man nicht seine Diener. Schließlich war es ihre Pflicht, ihrem Herrn treu zu
     dienen.«
    »Es wäre Euch also nichts geschehen?«
    »Das ist nicht gewiß. Vielleicht hätte man mich vom Hof verbannt oder sogar aus Paris. Dann hätten wir in Orbieu leben müssen,
     und mir wären keine Missionen mehr anvertraut worden. Was mich wenig geschert hätte. Der spanischen Politik der Königinmutter
     und Gastons hätte ich sowieso nicht dienen wollen.«
    Das Schweigen, das hierauf eintrat, deutete ich mir so, daß |210| es Catherine ziemlich grämen würde, aus Paris verbannt zu sein, daß sie dafür aber sehr erleichtert wäre hinsichtlich meiner
     häufigen Abwesenheiten. Andererseits wäre sie, auch wenn ich nicht viel zu Hofe ging, entzückt, wenn ich verbannt würde, weil
     der Hof für sie aus einem Heer hungriger Reifröcke bestand, die nichts anderes als die Hosen der Edelmänner im Sinn hatten.
    »Seid Ihr sicher, daß man Euch

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