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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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zweite ausweichende Antwort, und allein die Tatsache, daß es nun deren zwei sind, eine für Anna und die andere für sie,
     hätte die Königinmutter hellhörig machen sollen. Aber die
finezza
ist nicht ihre Stärke. Sie frohlockt: Sie kam, sah und siegte. Nur mußte sie dem König Geheimhaltung versprechen, sie darf
     ihren Sieg nicht hinausposaunen, wie sie es so sehr wünschte, solange er nicht in den Louvre zurückgekehrt ist.
    Tatsächlich war Ludwigs Ungeduld groß, nach Paris heimzukehren – er hoffte sich in der guten Luft von Versailles völlig zu
     erholen –, und so brach er auf ohne den Hof, ohne die Königinnen, ohne Richelieu. In Roanne jedoch wurde ihm der Friedensvertrag
     vorgelegt, den der Pater Joseph und Brulard de Léon mit dem Kaiser zu Regensburg unterzeichnet hatten, er war darüber höchst
     entrüstet und schickte ihn per Eilboten an Richelieu mit der Order, sowie er in Roanne einträfe, einen Großen Rat unter Vorsitz
     der Königinmutter abzuhalten zu dem einzigen Zweck, den Vertrag zu diskutieren und zu verwerfen.
    Als Richelieu seinerseits besagten Vertrag las, spie er Feuer und Flammen. Das war kein Vertrag, das war eine Kapitulation!
     Wir sollten alles preisgeben: Pignerol, Susa, Casale, während der Kaiser nichts hergäbe, schon gar nicht das jüngst eroberte
     Mantua. Wir würden unsere italienischen Verbündeten im Stich lassen müssen, und dieser Verrat würde Frankreich de facto zum
     Verbündeten des Kaisers, wenn nicht zu seinem Vasallen machen.
    Erst später erfuhr Richelieu, was in den Köpfen unserer Abgesandten vorgegangen war. Als sie zu Regensburg hörten, daß Ludwig
     im Sterben liege, schlossen sie daraus, daß auch der Kardinal vernichtet sei, und in dem daraus entstehenden Chaos, weil Gaston
     und die Königin wenig Sinn für die großen Geschäfte hatten, sei es das beste, mit dem Kaiser Frieden zu schließen, gleichviel
     zu welchem Preis.
    Als ich hörte, daß man in Roanne in Abwesenheit des Königs und unter Vorsitz der Königinmutter beraten würde, ahnte ich das
     Schlimmste. Weil aber die Königinmutter in ihrem bißchen Grips glaubte, daß Richelieu, sowie er nach Paris käme, von |207| Ludwig entlassen werden würde, hielt sie es für unnütz, den König auf diesem Feld zu bekämpfen, zumal der Rat einstimmig besagten
     Vertrag als infam und entehrend ablehnte. Marillac war also der einzige, der sich dafür aussprach. Seit der Genesung des Königs
     erlebte er düstere Tage und sah, wie ihm die beiden großen Ziele seines Lebens davonschwammen: die Eroberung der Macht und
     die Ausrottung der Ketzerei. Bitter und wütend griff er Richelieu wegen eines unbedeutenden Details im Vertrag an, indem er
     unterstellte, Richelieu habe über dieses Detail gelogen. Der kleine Heckenkrieg führte zu nichts. Der Vertrag wurde verworfen,
     und die Marschälle erhielten Befehl, den Krieg in Italien fortzusetzen.
    Richelieu reiste Ende Oktober nach Paris, und ich folgte ihm, doch anstatt das Schiff auf der Loire zu nehmen wie die Königinmutter
     und Richelieu, die beide im scheinbar besten Einvernehmen standen, fuhr ich in meiner Karosse und erreichte am fünften November
     Paris, genauer gesagt, betrat ich Schlag Mittag in meinem Hôtel des Bourbons festen Boden.
    Meine Einfahrt in den Hof verursachte natürlich einigen Lärm, doch wurde ich auf der Treppe nicht von Catherine empfangen,
     wie ich es erwartete, sondern von Henriette, die aber zu mir sprach, indem sie Augen nur für Nicolas hatte.
    »Monseigneur«, sagte sie, »habt keine Sorge. Die Frau Herzogin ist zu Bett.«
    »Ist sie krank?« fragte ich beunruhigt.
    »Nein, nein! Und der Beweis ist, daß sie sich gebadet und geschminkt hat. Seit Eurem Brief aus Roanne erwartete sie Euch jeden
     Tag, jede Stunde, aber wenn sie nicht mit Emmanuel beschäftigt ist, flüchtet sie sich in ihr Himmelbett und zieht die Vorhänge
     zu. Und nicht etwa, weil sie krank wäre«, fuhr Henriette lächelnd fort. »Oder wenn das eine Krankheit ist, dann habe ich sie
     auch.«
    Hierauf fiel Henriette stürmisch Nicolas in die Arme, während ich im Laufschritt die Treppen hinaufeilte.
    »Monsieur«, sagte Catherine, als sie bei meinem Eintritt zwischen den Vorhängen hervorsah, »wie abscheulich von Euch, mich
     so lange allein zu lassen! Redet mir bloß nicht von Euren Pflichten. Eure erste Pflicht bin ich! All diese Kriege und Intrigen
     sind Unsinn. Euer Platz ist hier, bei mir, bitte, werft die Kleider ab, so schnell Ihr

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