Rache: Die Eingeschworenen 4
hörte einen Schrei und spürte, wie meinen Gegner ein Schlag traf. Er ließ mich los.
» Das wird ihn beruhigen«, brummte jemand.
» Jetzt hinter dem anderen her… Schnell! Beeilt euch!«
Eine Hand zog mich hoch, und es wurde hell, weil endlich jemand eine Fackel an den Kohlen entzündet und zu uns gebracht hatte. Finn sah mich kritisch an, während die Männer näher kamen, dann schien er zufrieden zu sein.
» Du hast wirklich kein Glück mit deiner Nase«, bemerkte er, aber das brauchte er mir nicht zu sagen, denn sie tat entsetzlich weh. Jemand hielt die Fackel etwas zur Seite, und als Finnlaith seine Axt zurückholte, sah ich, mit wem ich gekämpft hatte.
» Wahrhaftig, das war ein eindrucksvoller Wurf«, sagte er zufrieden, » aber du hast Glück, dass sie nicht so gut ausbalanciert ist und er nur vom Stiel getroffen wurde, sonst wäre er tot.«
» Wahrhaftig, es war auch eindrucksvoll«, antwortete ich, indem ich seinen Ton nachäffte, » dass ich es genau in diesem Moment tat, denn sonst wärst du jetzt tot, und wir müssten dich wecken, um es dir mitzuteilen.«
Finnlaiths Grinsen entgleiste etwas, er nickte reumütig und rieb sich verlegen den Kopf. Der rothaarige Riese Murrough bückte sich und zerrte eine schlaffe Gestalt aus dem zertrampelten Gras hoch.
Es war ein kleiner Mann, der eine fleckige Tunika anhatte, die einst weiß gewesen sein mochte, darüber ein paar kleine Felle, weshalb ich ihn wohl für einen Bären gehalten hatte. Sein spitzes Gesicht ähnelte einem Maulwurf und war glatt rasiert, sein fettiges Haar, das die Farbe von altem Eisen hatte, war zu drei Zöpfen geflochten, zwei hingen von seiner Stirn und einer am Hinterkopf. Er hing fest in Murroughs Griff und sah sich mit seinen kleinen Schlitzaugen nach allen Seiten um, als suche er etwas, das er beißen könne.
» Ist das ein Wende oder ein Sorbe?«, fragte ich. » Spricht jemand eine dieser Sprachen, dass wir ihn fragen können?«
» Nur das Mädchen«, brummte Aljoscha, und im selben Moment erschien Krähenbein, mit leuchtenden Augen und rotem Gesicht vom Rennen.
» Der zweite Mann ist im Dunkeln entkommen– und wer ist dieser hier?«
» Ein Sorbe«, sagte jemand.
» Oder ein Wende.«
Das Maulwurfsgesicht sagte gar nichts, versuchte aber ein Lächeln, das mehr Zahnlücken zeigte als Zähne. Er breitete die Hände aus und führte sie zum Mund.
» Ich glaube, er hoffte, hier etwas zu essen zu finden«, brummte Finn. Ich hob das Messer des Mannes auf. Es war ein gutes Messer, das aus einem ehemaligen Schwert zurechtgeschliffen war, sodass der Griff und die oberen Teile noch existierten, und die waren nordisch. Jemand wie das Maulwurfsgesicht hätte dieses Messer schon längst verkauft, wenn er wirklich so hungrig war, bemerkte ich.
Ich gab es Finn und fügte hinzu: » Nun, ich habe mein kleines Messer der Wahrheit, und das hat mich noch nie im Stich gelassen, egal, ob wir dieselbe Sprache sprechen oder nicht. Also hängen wir ihn auf und fangen mit seinen Fingern an, bis sie alle weg sind. Dann kommen die Zehen dran…«
» Bis sie alle weg sind«, kam der Chor derer, die die Sache kannten und dabei lachten wie Wölfe.
» Dann kommt sein Schwanz dran und seine Eier«, fuhr ich fort.
» Bis auch die ab sind«, kam es im Chor zurück.
» Ach, nein, wartet– um Christi willen, nein.« Die Zunge des Mannes fuhr nervös über seine Lippen, und er sah in Panik von einem zum anderen.
» Dieses Messerchen der Wahrheit beeindruckt mich doch immer wieder«, bemerkte Finn. Schon wissen wir, dass er gut Nordisch spricht und ein Christus-Anhänger ist, und dabei ist noch gar kein Blut geflossen.«
» Ich weiß, wer er ist«, erklärte Styrbjörn, der sich jetzt in den Kreis drängte. » Er heißt Visbur, und sein Beiname ist Krok, aber die meisten kennen ihn als Pall, denn den Namen hat er angenommen, als er sich taufen ließ. Er ist einer von Ljots Männern.«
» Du magst zwar nichts zu essen haben«, sagte Finnlaith zu dem Maulwurfsgesicht, » aber dafür hast du viele Namen.«
» Bindet ihn«, sagte ich, und die Männer folgten meinem Befehl. Der Mann keuchte und versuchte sich zu wehren, aber er blieb stumm, und gedrängt von den Männern hinter ihm stolperte er zum Schiff. Dort ließ ich seine Fußgelenke mit einem Strick zusammenbinden und ihn an den Mast hängen, wo er aussah wie das Opfer einer Spinne. Ich zog das Messer der Wahrheit hervor und merkte, wie mir übel wurde, denn ich machte das nicht gern.
» Also«,
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