Rache ist lavendelblau
einmal eurer Mutter versprochen, dass ich euch das zukommen lasse, es gehört euch“, sagte sie mit leiser Stimme. Chiara blickte auf, ihre Kinder waren mit einem Schlag ganz still geworden und Massimiliano war langsam um den Tisch herumgekommen. Ganz sachte legte er seine Hand auf Heidruns Schulter.
„Was ist das?“, frage Conrad und schaute neugierig in das mit blauem Samt ausgelegte Köfferchen. „Ein Instrument?“
„Eine Klarinette“, antwortete ihm seine Schwester und griff ein wenig zögerlich nach dem Instrument ihres Vaters.
Chiara war ebenfalls aufgestanden. Staunend stand sie jetzt neben ihren Kindern. „Das ist aber eine Überraschung, ich danke Ihnen!“ sagte sie gerührt und drückte kräftig Heidruns Hand. Während die Klarinette von einer Hand in die andere wanderte und ausgiebig bestaunt wurde, bückte sich Heidrun nochmals, griff in ihre Handtasche und zog ein längliches, ledernes Etui daraus hervor.
„Ich habe für jeden von euch etwas von eurem Vater. Ihr müsst euch nur einig werden, wer von euch was nimmt. Das ist seine Uhr, die hat er bis zu seinem Tod getragen.“ Heidrun legte das braune Etui auf den Tisch und forderte Conrad, der sie überrascht anblickte, auf, es zu öffnen.
„Wow, ist die schön! Danke Signora!“, jauchzte der Vierzehnjährige, legte die Uhr sogleich an und überließ damit großzügig seiner Schwester die Klarinette.
Massimiliano stand sprachlos neben seinen vor Überraschung aufgeregten Enkelkindern, dann blickte er Heidrun an und es schien ihr, als hätte sich ein wenig feuchter Glanz auf seine dunklen Augen gelegt.
Der nächste Morgen lag im prächtigen Sonnenschein vor ihnen. Massimiliano hatte sich angetragen, Heidrun die Stadt zu zeigen, nachdem Chiara Solveigh den Vorschlag unterbreitet hatte, eine Künstlerin in einem Nachbarort aufzusuchen, die prachtvolle Seidenstoffe nach alten Vorbildern webte. Chiara und Solveigh verstanden sich auf Anhieb, worüber Heidrun sehr froh war, war sie doch vor der Abreise kurzzeitig unsicher gewesen, ob es klug sei, die junge Freundin mitzunehmen. „Dr. Westheimer hat mir geraten, nicht alleine zu verreisen“, hatte sie sich gesagt und bald ihre Bedenken zerstreut. Chiara war keinesfalls überrascht gewesen, als ihr Heidrun mitgeteilt hatte, mit einer Freundin nach Italien zu kommen. Das hatte Heidrun zusätzlich in ihrer Absicht bestärkt, die Reise anzutreten.
Der Apotheker war geschätzt im Ort. Heidrun stellte bald fest, dass die Leute sie höflich grüßten, ihnen aber sogleich hinterher blickten und tuschelten. Hat der alte Herr eine Neue? Eine Deutsche gar?
„Mit einer so schönen Frau fällt man eben auf“, sagte er zu Heidrun und strahlte dabei übers ganze Gesicht, während sie eine kleine Bar betraten, in der die Gäste die Hälse reckten, um gleich darauf die Köpfe zusammenzustecken. Bei einem Gläschen Prosecco rückte Massimiliano nahe an Heidrun heran.
„Fährst du übermorgen wirklich wieder zurück?“, fragte er ganz unverblümt und streifte ganz zart ihren Nacken. Heidrun schaute ihn etwas unsicher an.
„Aber ich …“, stammelte sie, weiter kam sie nicht mehr. Massimiliano zog sie an sich, sie spürte seinen Atem; Heidrun riss ihren Kopf zur Seite und ein heftiger, feuchter Kuss landete auf ihrem Ohr. Jemand hatte die Musik lauter gestellt. Gabriella Ferri verkündete: ‚L'amore è facile‘. Der Barmann stand mit dem Rücken zu ihnen und polierte mit Hingabe seine Gläser.
„Bitte, bleib noch ein wenig, wir könnten nach Florenz fahren“, Heidrun winkte mit einer sanften Handbewegung ab und knetete verlegen wie ein Schulmädchen ihre Finger. Es war ihr peinlich, hier im Lokal …
„Massimiliano, ich schätze dich, aber für mehr bin ich noch nicht bereit“, gestand sie ihm und griff hastig nach ein paar trockenen Cantuccini. Desider kam ihr in den Sinn und sie erinnerte sich, ihm versprochen zu haben, sich zu melden. Kommt da gerade der nächste daher? Liebe ich Desider überhaupt noch? Könnte ich ihm untreu werden? Ich bin doch so eine Närrin. Schon wieder zu viel Alkohol.
Massimiliano blickte ihr offen ins Gesicht, er schien traurig zu sein. Seine dunklen Augen suchten die ihren, die verlegen seinen Blicken zu entkommen suchten.
„Wenn du es dir überlegen willst, ich bin für dich da. Ich denke, wir würden gut zusammenpassen.“ Heidrun nickte, sie wusste darauf keine passende Antwort, sie blickte ihn nur an und nickte stumm.
Massimiliano war ungebunden, seine Frau vor einigen
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