Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
sich ein, dass sie das alles überwunden hatte. Derek war Vergangenheit. Das hier war die Zukunft, die sie sich gewünscht hatte. Das hier war, was sie brauchte.
Trotzdem fragte sie sich in diesen schlaflosen Nächten, was aus Derek geworden war. Er war wie vom Erdboden verschluckt. Auch George hatte seit einer Weile nichts mehr von ihm gehört; sie hatten ihm nicht einmal von der Hochzeit erzählen können. Wo war er? Wie mochte es ihm gehen? Sie würde sich hüten, mit George über Derek zu sprechen, aber sie konnte nicht verhindern, dass sie sich Gedanken machte. Was tat er? Mit wem war er zusammen? Und dann wälzte sie seufzend ihren mächtigen Bauch herum, während George neben ihr friedlich weiterschlummerte.
George belästigte sie nicht, drängte sie nicht zum Sex. Er war sehr lieb, was das anging. Er wolle ihr in der Schwangerschaft nicht zu nahe treten, hatte er gesagt. Und vor ihrer Hochzeit war es ohnehin kein Thema gewesen. Sie hatten miteinander gekuschelt, sich geküsst, er hatte seinen Kopf auf ihre geschwollenen Brüste gelegt, ihr übers Haar gestreichelt, aber er hatte niemals mehr versucht. Sie war froh darüber. Nun, da sie schwanger war, stieß der Gedanke an Sex sie ab. Es hatte nichts mit George zu tun, es war ihr veränderter Körper. Mit Derek hatte es nichts anderes gegeben. Sie war mitten in der Nacht erwacht, weil sie seine Erektion spürte, während seine Lippen ihren Nacken liebkosten. Aber das war Vergangenheit. Und jeden Morgen, wenn sie erwachte – teilweise aus einem unruhigen und viel zu leichten Schlaf, denn das Baby war groß –, sah sie ihn plötzlich neben sich liegen und sie anlächeln. Und einen Sekundenbruchteil lang war sie sicher, Derek neben sich zu haben, denn George hatte genau die gleichen funkelnden dunkelblauen Augen wie sein Bruder. Und jeden Morgen lächelte er und küsste sie auf die Wange.
»Guten Morgen, Mrs. Stone. Möchten Sie eine Tasse Tee?« Dann sprang er aus dem Bett und zog sich summend etwas über. Sie beobachte ihn lächelnd, bis er hinunterging, sich in der Küche beschäftigte und ihr den Tee brachte. Ein neuer Tag begann, und sie räumte auf und putzte, richtete das neue Haus ein und wartete auf das Baby.
Margaret redete sich ein, dass sie es genau so haben wollte.
»Guten Abend, Mrs. Stone.«
Ein Gesicht erschien am Küchenfenster, und Margaret fuhr erschreckt zusammen. Der Anblick des braunen Haars und der blauen Augen beschleunigte ihren Puls, doch fast sofort begriff sie, dass es nur George war.
»Hallo, Lieber«, sagte sie und lächelte, als er durch die Hintertür eintrat. »Wie war dein Tag?«
Sie lebte ein Klischee, sie wusste es, aber so war es eben.
»Ganz okay«, sagte George und küsste sie auf die Wange. Er stellte seine Aktentasche auf den Stuhl, nahm vorsichtig seinen karierten Wollschal ab, zog den Mantel aus und ging in den Flur, um beides aufzuhängen. »Das Meeting heute war gut. Mr. Davidson will die Abteilung mit den prominenten Klienten erweitern, wie du ja weißt.«
»Ja, das hast du mir erzählt.« Margaret ließ sich schwer auf einen Küchenstuhl sinken. Sie interessierte sich für Georges Arbeit. »Und was ist passiert?«
»Man hat mich gefragt, ob ich wüsste, wen man ansprechen könnte, und mir fiel wieder ein, dass du gesagt hast, Micki Martin würde wahrscheinlich jemanden brauchen.«
Micki Martin war eine Sängerin, die die Joan-Baez-Schiene bediente, der ätherische Hippiemädchen-Typ mit langen, glatten Haaren, dem auch Margaret ein Jahr zuvor noch nachgeeifert hatte. Micki hatte eine kurze Zeit im Amours du Derek gearbeitet, wo sie eines der beliebtesten Mädchen gewesen war, da sie unter anderem sehr geschickt darin war, mit ihrer Muschi Kerzen auszumachen. Micki hatte immer schon singen wollen, und sie hatte es geschafft, diesen Laden abzuschütteln und sich als Engel der Reinheit neu zu erfinden. Sie war nett und kam oft vor oder nach der Schicht ins Black Horse, um ein Glas Port zu trinken, wie es ihre alte Lady damals in Bury immer gemacht hatte, wie sie erzählte. Micki war sogar auf Georges und Margarets Hochzeitsempfang gewesen, und zu dieser Gelegenheit hatte sie auch allen erzählt, dass sie einen Plattenvertrag in der Tasche hatte.
Margaret liebte Musik. Sie liebte es außerdem, in den Illustrierten über Schauspieler und Sänger zu lesen, und sie erkannte Starpotenzial, wenn es ihr begegnete – dazu hatte sie genug Erfahrung mit den Ablehnungen gesammelt. Micki Martin war das
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