Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
oder?«
Amber lachte. »Dich fallenlassen? Bist du verrückt? Du bist mein einziger Freund.«
Er verdrehte die Augen. »Lügnerin.«
Doch es war die Wahrheit. Amber hatte in ihrer Kindheit nicht viele Freundschaften geschlossen. Chelsea hatte ihr alles bedeutet, und ihre Mutter war sehr wählerisch, was die kleinen Mädchen anging, mit denen sie spielte – sogar in Weybridge. Es mussten Kinder von Abgeordneten der Konservativen sein oder die Töchter von Anwälten, Ärzten und anderen respektablen Menschen. Marco war der einzige Mensch in ihrem Dasein, der nichts von ihr wollte, sondern einfach gerne mit ihr zusammen war. Davon hatte es in ihrem Leben noch nie viele gegeben.
Sie kannten einander nun seit zwei Jahren. Sie waren sich kurz vor dem Tod ihres Vaters begegnet und hatten für die Choreographie für It’s … me zusammengearbeitet. Marco war schottisch-italienischer Herkunft, braungebrannt, durchtrainiert, ungemein gutaussehend und Realist. Er erzählte Amber keinen Unsinn, sondern sprach aus, was er dachte, und weder nutzte er seine Position aus, noch versuchte er, durch Amber seine eigene Karriere zu fördern. Marco wusste, wer er war und was er konnte, und das war ein Grund, warum sie ihn so mochte. Er hatte sich selbst gefunden; sie war sich nicht sicher, ob sie das von sich auch behaupten konnte.
Außerdem war er ein brillanter Choreograph. Amber war von Kind an auf Ruhm getrimmt worden und hatte mit vielen Profis zusammengearbeitet: Sie wusste, wer etwas konnte und wer nicht. Sie wusste auch, dass Erfolg viel damit zu tun hatte, konzentriert zu arbeiten, auf dem Boden zu bleiben und sich nicht fertigmachen zu lassen.
Dennoch fragte sie sich manchmal, ob es nicht mehr gab. »Is that all there is?« – das war der Titel von Dads Lieblingssong gewesen. Er hatte Peggy Lee geliebt. Ihre Mutter hatte Ambers Karriere sorgsam geplant, und nun, da sie längst auf dem Weg war, fühlte Amber sich innerlich merkwürdig leer, aber das konnte sie Margaret natürlich nicht sagen. Ihre Mutter war seit zehn, fünfzehn Jahren nahezu besessen von Ambers Karriere.
Aber ein Star zu sein war eine merkwürdige Angelegenheit. Die Leute behandelten einen plötzlich anders, lachten über jeden noch so schlechten Scherz, den man machte, schenkten einem mehr Dinge, als man jemals bräuchte. Amber war nur dann wirklich zufrieden, wenn sie singen konnte, der Rest interessierte sie wenig: Interviews, Premieren, Fotoshootings, Parfum, das nach ihr benannt worden war, und das Geld … das viele Geld.
Am liebsten saß Amber mit ihrer Gitarre in Marcos enger Wohnung in Primrose Hill, spielte ein bisschen und plauderte bei einem Glas Wein mit ihrem besten Freund über das, was am Tag alles geschehen war. Doch diese Abende wurden immer seltener, da das Monster von Tour näher rückte und Gestalt annahm, und was danach geschehen würde, wurde auch bereits besprochen – unter anderem Dinge, die noch zwei Jahre in der Zukunft lagen. Verrückt. Und sie, Amber, befand sich mittendrin, arbeitete daran und hatte doch oft das Gefühl, dass es überhaupt nichts mit ihr zu tun hatte.
»Komm, besorgen wir uns was zu essen«, sagte Marco. »Danach hast du das Interview mit der Mail und noch ein paar Anproben. Deine Mum will, dass du heute Abend früh Schluss machst – morgen geht’s für die ersten Proben nach Rom, weißt du noch?«
»Ja«, sagte Amber und klebte sich ein breites Lächeln ins Gesicht. »Weiß ich noch.«
»Übrigens: Deine Mutter hat eben angerufen, als du unten warst. Der Produzent aus L. A. drängt, er will dich noch mal sehen. Geht es dabei um diesen Highschool-Film?«
»Er soll Prom Night, Der Abschlussball, heißen.« Amber verdrehte die Augen, als sie den Gymnastikraum verließen und auf die Terrasse des Penthouse traten, die von der Frühlingssonne beschienen wurde. Sie blickte über den Hyde Park, wo die Narzissen sich im Wind wiegten. »Aber daraus wird nichts. Wer sollte mich im Kino sehen wollen?«
»Anscheinend jede Menge Leute.« Marco nahm eine Speisekarte. »Wir reden hier schließlich von Leo Russel – ist das nicht alles, was zählt?«
»Mum sieht das jedenfalls so«, sagte Amber.
»Na ja , Sir Leo Russel, um genau zu sein«, fuhr Marco fort. »Gib zu, dass er mindestens der beste Produzent aller Zeiten ist.«
Selbst Marco schien beeindruckt, und das ärgerte Amber. »Oh, wen kümmert schon Leo Russel? Ja, komm, gehen wir etwas essen. Ich will über unseren Urlaub sprechen. Ich habe Mum
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