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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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unbedingt mit einem der Verwandten sprechen will?« Da fiel es Peter Nachtigall wieder ein, seine kleine Schwester war ja für drei Tage mit ihrer Freundin verreist – Wellnesstage an der Ostsee.
     
    »Peter?«, hörte er plötzlich die Stimme von Tante Erna, leise und ängstlich.
    »Ja, was gibt’s denn mitten in der Nacht?« Er versuchte nicht gar so unfreundlich zu klingen, was ihm allerdings nur mit mäßigem Erfolg gelang. Doch Tante Erna schien seine Verärgerung nicht zu bemerken. »Die wollen mich mit Schlafmitteln vergiften. Ich will die Dinger nicht nehmen – aber die zwingen mich. Ich bin zwar alt – aber zwingen lassen muss ich mich doch wohl deshalb nicht, nicht wahr Peter?« Die Stimme der alten Dame zitterte.
    »Nein, natürlich nicht«, beruhigte der Hauptkommissar seine Tante. »Gib mir noch mal den Pfleger.«
    »Alle bekommen diese Mittel – jeder hier. Nur Ihre Tante weigert sich.«
    »Hören Sie mir gut zu. Wenn meine Tante nicht von Ihren blöden Pillen ruhig gestellt werden will, dann lassen Sie sie in Frieden! Sie muss das Zeug nicht schlucken, wenn sie nicht will! Haben wir uns verstanden? Und ich komme heute im Laufe des Tages vorbei und dann will ich mit dem Arzt sprechen! Richten Sie ihm das gefälligst aus!« Er schrie die letzten Sätze zornig ins Telefon und beendete dann die Verbindung.
    Fragende Blicke waren auf ihn gerichtet.
    »Meine Tante liegt auf einer Pflegestation und jetzt rufen die mich ständig an. Erst hat sie einen angeblichen Eindringling bemerkt, jetzt will das Personal sie mit Schlaftabletten vergiften.« Er sah die anderen an »Meine Schwester ist mit ihrer Freundin verreist«, setzte er dann abschließend hinzu.
    Dr. März räusperte sich.
    »Es wäre gut, wenn Ihr Privatleben Ihre Ermittlungsarbeit nicht beeinträchtigt.« Damit drehte der Staatsanwalt sich abrupt um und verschwand in Richtung Parkplatz.
     
    »Ich habe immer gedacht, Eltern machen sich Sorgen, wenn ihre Kinder nachts nicht nach Hause kommen – aber offensichtlich ist das naiv. Keine Anzeige, keine Meldung, die ein vermisstes Mädchen betrifft.« Michael Wiener schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Gucken Sie auch mal in Berlin. Vielleicht ist von da eine nach Cottbus ausgerissen«, empfahl Skorubski und der Kollege Wiener maulte: »Wieso, ich denk immer, die hauen hier ab und gehen nach Berlin – dahin wo der Bär tobt«, tippte aber brav auf der Tastatur herum und wartete dann, bis die Seite sich aufgebaut hatte.
    »Vielleicht ja auch naiver Kinderglaube«, stichelte Albrecht Skorubski und versuchte ein Grinsen zu verbergen. Er konnte sich noch gut an seine eigene Empörung über die Sorglosigkeit von Eltern erinnern, er war selbst heute noch manchmal verblüfft, wenn er hörte, dass 12jährige Mädchen um Mitternacht mit dem Fahrrad durch den Wald nach Hause fahren durften, weil die Eltern die Gefährlichkeit nicht sehen wollten oder die Auseinandersetzung mit dem Nachwuchs scheuten. Doch damit würde jetzt wohl erst einmal Schluss sein. Zwei tote Mädchen in so kurzer Zeit – das würde die Menschen wachsam machen – einige leider aber auch hysterisch.
     
    Albrecht Skorubski zuckte heftig zusammen, als Michael Wiener mit der Faust auf den Tisch schlug.
    »Scheiße! Abg’stürzt! Das gibt’s doch nicht!«
    Fluchend versuchte der junge Mann, das System neu zu starten. »Echt Murphy. Immer, wenn du den PC brauchsch, no geht des Mistding net.«
    »Murphy?«
    »Na, ja – Murphys Gesetze besagen, dass immer die Dinge, die man am dringendsten braucht, nicht funktionieren.« Als er den eher ratlosen Blick des Älteren sah, fügte er hinzu: »Ist eher so ein Insiderwitz für Computerfreaks. Es passiert eben im entscheidenden Augenblick immer der größte anzunehmende Computerausfall.«
    Skorubskis Blick zeigte noch immer kein Verstehen.
    »Na, wenn ich zum Beispiel für ’ne Präsentation in fünf Minuten ein Thesenpapier brauch, dann findet der Rechner garantiert keine Verbindung zum Drucker. Im schlimmschte Fall muss ich alles von Hand abschreiben und kopieren. Unprofessioneller Auftritt garantiert. Murphy eben.«
     
    Michael Wiener probierte unterschiedliche Tastenkombinationen auf der Tastatur aus, ohne Ergebnis. Zwischen zwei erneuten zwischen den Zähnen hervor gepressten Flüchen kroch er unter den Schreibtisch, um die Verkabelung einer genaueren Inspektion zu unterziehen. Seine Stimme klang gedämpft, als er übergangslos fragte:
    »Wen hat der Staatsanwalt eigentlich mit seiner

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