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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Männer eintreten. Sie trug noch immer die speckige Kittelschürze vom Samstag, doch die Strümpfe hatte sie inzwischen ausgezogen. Nachtigall bemerkte erst jetzt die murmelgroßen Varizen, die sich an beiden Unterschenkeln nach oben zogen und die offene, infizierte Wunde am linken Bein. Sicher schmerzhaft, dachte er und wandte seinen Blick wie ertappt dem längst verblichenen Teppichmuster zu.
    »Gehen Sie mal schon in die Küche. Den Weg kennen Sie ja.« Der Ton war gallig. »Ich hole meinen Sohn. Aber, nur das eines hier klar ist, ohne mich wird hier kein Gespräch geführt. Ich bin jede Sekunde dabei!«
    »Natürlich, Frau Schmidt. Wir haben auch gar nicht vor mit Hansi allein zu sprechen. Wir haben auch seine Betreuerin zu diesem Gespräch gebeten. Sie wird sicher gleich da sein«, stellte Peter Nachtigall klar und unterdrückte den Impuls auf seine Uhr zu sehen. Schließlich musste er ja nicht jedes Polizistenklischee bedienen.
    »Na, Sie sind ja wohl wirklich große Klasse, was? Erst kommen Sie daher, unerwünscht und ungebeten, nein, Sie bestellen auch gleich noch jemanden ein, ohne mich überhaupt zu fragen. Was erlauben Sie sich eigentlich?«
    Als keine Antwort kam, wetterte sie weiter, während sie ihre beeindruckende Statur ächzend die Treppe hinaufquälte: »Das ist schon wirklich ganz schön dreist. Aber was soll man von euch auch erwarten! Es ist halt bei euch alles geblieben, wie in alten Zeiten!«
    Als sie den oberen Treppenabsatz erreicht hatte, zischte sie noch: »Polizeistaat!«, und »Polizistenpack!«
    Doch die beiden Polizisten hörten sie nicht mehr – oder taten jedenfalls so.
     
    »Der Sohn von Frau Schmidt ist oligophren. Das bedeutet, er wird wohl kaum in der Lage sein ihre Fragen zu verstehen, da es ihm nicht möglich ist, die Bedeutung Ihrer Worte zu erfassen. Selbst wenn Sie eine Antwort auf Ihre Fragen erhalten sollten, ist sie wohl nicht verwertbar, weil Hansi auf das antworten wird, was er verstanden zu haben glaubt – und das muss weder mit ihrer Frage noch mit dieser Tat in Zusammenhang stehen. Zusätzlich erschwert wird das dadurch, dass Hansi nur über einen eingeschränkten aktiven Wortschatz verfügt. Er kann also vielleicht das, was er ihnen sagen möchte, gar nicht in Worte fassen. Also wissen Sie, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, die Sache hier erscheint mir völlig unsinnig!«, stellte die Betreuerin aggressiv fest, sobald sie das Haus betreten hatte und warf Peter Nachtigall einen ungnädigen Blick zu.
    Seltsam, dachte er, die meisten Frauen, mit denen sie in diesem Fall zu tun hatten, waren fürchterlich kratzbürstig. Aber bei der Betreuerin hatten sie es schon erwartet, schließlich hatte sie schon gleich am Telefon abweisend reagiert. Der Termin läge in ihrer Freizeit und die zeitliche Aufwendung würde nicht bezahlt. Ob denn die Polizei nicht wüsste, dass sie auch ein Recht darauf habe ihre arbeitsfreie Zeit nach ihren Vorstellungen zu gestalten?
    Ihr Name war Evelin Probst. Sie war sehr schmal, klein und machte auf die beiden Männer einen gestressten und zickigen Eindruck. Während sie nun zu dritt in der Küche auf Mutter und Sohn warteten, ließ sie ihre langen, rot lackierten Fingernägel ungeduldig auf die Tischplatte klacken.
    Wie unpassend diese Frau in der schmuddeligen Küche wirkt, dachte Peter Nachtigall und überlegte, in welches Ambiente Evelin Probst in diesem aufgetakelten Outfit überhaupt passen würde. Nachdenklich sah er an ihr herunter, registrierte das figurbetonte Kostüm, den klimpernden Goldschmuck, die roten hochhackigen Pumps und wurde sofort angefahren.
    »Starren sie gefälligst woanders hin! Ich bin nicht hierher gekommen um ihre geilen Fantasien zu beflügeln, Herr Hauptkommissar!«
    In diesem Augenblick bugsierte Frau Schmidt zum Glück ihren widerstrebenden Sohn in die Küche und so brauchte Peter Nachtigall nicht zu antworten.
    Die Mutter spürte die Spannung zwischen den dreien und sah zunächst neugierig, dann ratlos von einem zum anderen.
    Hansi schob sich verlegen und ein wenig ungeschickt auf einen der Küchenstühle, hielt den Blick gesenkt und begann sich mit der rechten Hand in den linken Unterarm zu kneifen, bis sich einige der Stellen leuchtend rot verfärbten.
    »Tag Frau Probst. Sind Sie nicht ein bisschen zu chic für meine bescheidene Küche? Passen Sie bloß auf, dass Sie sich nicht schmutzig machen!«, begrüßte Frau Schmidt die Betreuerin gehässig, während die Angesprochene erfolglos versuchte ein Lächeln

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