Racheakt
unterschätzt – oder, was wahrscheinlicher ist, weil er sich selbst für schlau genug hält, uns auszutricksen«, murmelte Wiener und starrte gebannt auf den Bildschirm.
»Gut. In den Nachrichten wird dieses Bild gesendet. Die Stelle kann nur jemand identifizieren, der oft durch den Wald streift. Gibt es eine Möglichkeit Förster und Jäger hier in der Gegend zu verständigen und denen das Bild zu zeigen?«, fragte Nachtigall.
»Ja. Klar. Ich versuch so viele Mailadressen wie möglich herauszufinden und schick das weiter.«
»Wir stellen Suchtrupps zusammen. Wahrscheinlich werden die diese Stelle nur zufällig finden, aber probieren müssen wir es trotzdem. Drei Trupps, Streuung so weit wie nur möglich über das städtische Waldgebiet«, ordnete Nachtigall an, während Skorubski schon die Schutzpolizei verständigte.
»Hoffentlich ist er nicht auf die Idee gekommen, das nächste Opfer etwa im Spreewald …«, Skorubski unterbrach sich, als er Nachtigalls Blick begegnete.
»Bei der Mail an die Rundschau konnten wir doch den Absender im Briefkopf finden. Das geht doch hier bestimmt auch, oder?« Nachtigall warf Wiener einen fragenden Blick zu. Der junge Mann riss sich vom Bild los, schloss das Fenster und scrollte den Mailkopf ins Bild.
»Was soll denn das sein? Hat er sich wieder über einen anderen PC eingewählt?«
»Eine Anwaltskanzlei «, meinte Michael Wiener unbeeindruckt. »Dankwald & Partner. Mal sehen, ob die wissen, dass sie missbraucht wurden.«
»Verdammt noch mal! Der Typ spielt Katz und Maus mit uns!«
Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter Peter Nachtigall ins Schloss.
Skorubski und Wiener zuckten zusammen.
Albrecht Skorubski zuckte mit den Schultern.
Danach starrte er wieder auf das Bild, während Wiener die Kollegen um Unterstützung bei der Identifizierung der Mailadresse bat. Vielleicht gab es ja doch einen Hinweis und sie hatten ihn nur noch nicht entdeckt.
»Seit zwei Stunden durchstreifen Beamte die Waldgebiete in und um Cottbus. Aber ohne irgendeinen Anhaltspunkt wird es schwierig«, eröffnete Nachtigall die Zusammenkunft.
»Der Täter hat die Regeln geändert«, meinte Dr. Pankratz. »Er bittet uns zum Tanz.«
»Wahrscheinlich ist er enttäuscht, dass die Medien nicht über seine »Mission«, von der wir noch nicht wissen, worin sie bestehen soll, berichtet haben. Da er sich für maßlos überlegen hält, nachdem ihm die Polizei auch nach dem dritten Mord noch immer nicht auf die Spur gekommen ist, wählt er einen neuen Weg. Er will sich direkt mit der Intelligenz und der Findigkeit seiner Gegenspieler messen. Natürlich um seine eigenen Fähigkeiten erstrahlen zu lassen. Ich bin nicht sicher, ob es eine so gute Idee ist, die Öffentlichkeit auf der Suche nach dem Moosbett einzubeziehen. Möglicherweise beflügelt ihn das nur«, erklärte Emile Couvier bedrückt.
»Wer sagt eigentlich, dass das Foto vom Täter stammen muss? Schließlich wissen wir alle, wie gerne sich Trittbrettfahrer auf so etwas stürzen. Und die Zeitung war ja voll davon.« Dr. Pankratz wurde seiner Rolle als Advocatus Diaboli gerecht.
»Aber von dem abgetrennten Zeh war nie die Rede. Darauf haben wir geachtet. Nur der Täter und wir kennen dieses Detail.«
Ein Beamer projizierte das digitale Bild großformatig an die Wand und wieder irrlichterten Augenpaare darüber hinweg, um einen möglichen Hinweis zu entdecken.
»Im Grunde ist es gleichgültig, ob wir nun einen Beweis finden oder nicht. Wir können diese Nachricht auf gar keinen Fall ignorieren«, stellte Nachtigall fest. »Wir können unmöglich ein unnötiges Risiko eingehen.«
»Konnte die Absenderadresse inzwischen ausfindig gemacht werden?«, fragte er dann.
»Ja«, beeilte sich Michael Wiener zu erklären. »Eine Anwaltskanzlei am Ku’damm. Der Täter ist wieder so vorgegangen, wie bei Büro & Style. Man war dort reichlich geschockt. Natürlich hat keiner das Eindringen in den Mailserver bemerkt.«
»Wir wissen also wieder nichts über denjenigen, der mit uns spielen will. Er hätte schließlich die Mail völlig anonym schicken können – da gibt es entsprechende Möglichkeiten im Internet. Aber das tut er nicht. Er lässt uns immer einen Zipfel seines Mantels sehen, der uns aber natürlich nicht weiter hilf. Er ist wie ein Phantom – wir sehen seine Spuren, aber ihn selbst können wir nicht einmal erahnen.«
Und einen Moment lang dachte Hauptkommissar Nachtigall darüber nach, ob das eigenartig beklemmende Gefühl, das
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