Rachedurst
gewesen. Sehr sogar. Wir hatten bis zum Morgengrauen geredet.
»Ich habe dir gesagt, es war ein Fehler«, beharrte sie.
»Es fühlte sich nicht wie ein Fehler an. Jedenfalls für mich nicht.«
»Aber für mich, Nick.«
Auch dieser Schlag schmerzte. Ich erhob mich vom Sofa.
»Meinst du das wirklich?« Ich versuchte mit aller Kraft, einen fehenden Blick zu unterdrücken.
»Ja«, antwortete sie wieder.
»Bist du sicher?« Ich trat einen Schritt auf sie zu.
Sie hob ihre Hand. »Stopp«, warnte sie. »Nicht.«
Ich trat noch einen Schritt auf sie zu. Diesmal sagte sie nicht mehr »Stopp«. Sie sagte gar nichts mehr, blickte mich nur mit ihren wundervollen blauen Augen an.
Doch bevor ich den nächsten Schritt gehen konnte, wurde meine Bürotür aufgedrückt.
»Da bist du ja!«, rief Thomas Ferramore, Courtneys Verlobter, der Mann, den sie angeblich liebte.
39
Vermutlich konnte ich ihm nicht vorwerfen, dass er nicht angeklopft hatte, sondern vielmehr so tat, als gehörte ihm das Büro. Thomas Ferramore gehörte dieses Büro tatsächlich. Eigentlich das ganze Gebäude. Was war besser, um die Mietkosten für den Citizen zu senken, als das Gebäude zu kaufen, in dem sich der Verlag befand?
Ferramore mit seinem graumelierten Haar und der ewigen Bräune im Gesicht ging zu Courtney und drückte einen Kuss auf ihre Lippen. Er schien eine Ewigkeit zu dauern und hätte es vielleicht auch getan, wenn sich Courtney nicht zurückgezogen hätte.
»Tom, was machst du hier?«, fragte sie. Sehr gute Frage. Merkte Ferramore nicht, dass jetzt Courtney und ich uns liebten?
»Was soll ich hier schon machen? Ich bin gekommen, um die schönste Frau der Welt zu sehen.«
»Du weißt, was ich meine«, sagte sie mit neckendem Augenaufschlag. Würg. »Du hast gesagt, du würdest erst morgen nach Hause kommen.«
»Ich habe meine Pläne geändert«, antwortete Ferramore. »Bist du nicht froh, mich zu sehen, Courtney?«
»Natürlich«, sagte sie. »Warum auch nicht? Selbst hier in der Redaktion.«
Er hätte eigentlich noch in Paris sein und seine letzte Übernahme abwickeln sollen. Soviel ich wusste, wollte er den Eiffel-Turm kaufen.
Jetzt stand er hier in meinem Büro. Sie wissen doch, dass
dies hier mein Büro ist, Mr. Ferramore, oder? Oder dass ich hier ebenfalls stehe?
Offenbar nicht.
Das wurde ihm erst klar, als Courtney mir einen Blick zuwarf, für den der Begriff »peinlich berührt« kaum ausreichte. Sie sagte kein Wort, doch ich konnte ihre Gedanken lesen wie die erste Zeile einer Sehtafel: Ist mein Verlobter gerade reingeplatzt, während ein anderer Mann mir seine Liebe gestanden hat?
Ja, genau das ist passiert.
»Tut mir leid, Nick, ich habe Sie gar nicht gesehen«, entschuldigte sich Ferramore, bevor er im nächsten Moment die Augen zu Schlitzen zusammenpresste. »Scheiße, was ist denn mit Ihrem Gesicht passiert?«
»Sie sollten erst mal den anderen sehen«, bemühte ich den alten Witz, der in diesem Fall zufällig passte.
Ferramore munterte mich mit einem leisen Kichern auf, doch als er seine Aufmerksamkeit erneut Courtney widmete, war klar, dass ihn nicht im Geringsten interessierte, was mit mir oder meinem Gesicht passiert war.
Er nahm Courtneys Hände in seine. Wieder würg. »Eigentlich müsste ich was mit dir besprechen, Schatz.«
Dies nutzte ich als Stichwort. Scheiße.
»Dann lasse ich euch lieber mal allein«, bot ich an und ging Richtung Tür.
»Quatsch. Das ist dein Büro, Nick«, hielt Courtney mich auf. »Komm, Tom, wir gehen in meins. Nick hat eine Menge Arbeit zu erledigen.«
Bevor Ferramore zustimmend nicken konnte, klingelte Courtneys Mobiltelefon. Automatisch griff sie in die Tasche ihres Chanel-Kostüms, um zu sehen, wer anrief.
Wie aus heiterem Himmel kehrte sich Ferramores Stimmung
ins Gegenteil. Er wirkte verängstigt und besorgt. Was war jetzt auf einmal los? War es wegen mir? Oder Courtney und mir?
»Wer ist es?«, fragte er Courtney.
Kurzzeitig wirkte sie verblüfft, weil er sie das fragte, und das auch noch so direkt. »Es ist Harold Clark«, antwortete sie schließlich.
Clark war ein gewiefter Reporter bei der Nachrichtenagentur Associated Press. Mit Spitznamen hieß er »Hammer«, weil mindestens eine seiner täglichen Meldungen genau das war.
»Geh nicht ran!«, schrie Ferramore sie an.
»Warum nicht?«, wollte Courtney wissen. »Was ist los, Tom?«
»Genau deswegen muss ich mit dir reden, Schatz.«
40
»Noch einen Kaffee, Nick?«, fragte die Kellnerin am nächsten Morgen
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