Rachedurst
nachzogen. Denkt dran, Leute, immer schön anschnallen. Und Zambratta, der im Schiebedach eingeklemmt war? Den möchte ich hier lieber nicht beschreiben.
»Sie wissen ganz genau, Nick, dass ich nicht gezwungen bin, Ihnen etwas zu erzählen«, sagte Agent Keller.
»Das stimmt. So weit habe ich das verstanden, Doug. Genauso wenig bin ich gezwungen, über den FBI-Agenten zu schreiben, der mich zwei Wochen lang belästigt und mein Leben bedroht hat«, schoss ich zurück. »Schreibt man ›Keller‹ mit zwei L?«
Er lächelte.
»Freut mich, dass Sie das alles lustig finden«, sagte ich.
»Nur um das klarzustellen, ich habe niemals Ihr Leben bedroht, Nick.«
»Nein, aber Sie wollten, dass ich das glaube. Sie sagten, ich würde mich in entsetzlicher Gefahr befinden.«
»Sie befanden sich in entsetzlicher Gefahr. Und tun es vielleicht immer noch.«
»Ja, aber nicht durch das FBI. Nicht durch Sie. Warum also haben Sie versucht, mir eine solche Angst einzujagen?«
Keller schüttelte den Kopf, als wollte er sagen: Oh, Mann, ich kann einfach nicht glauben, dass ich Ihnen das erzähle.
Doch er erzählte.
Offenbar hatte Vincent Marcozza, Eddie Pineros Anwalt, in den vergangenen zehn Monaten mit dem FBI zusammengearbeitet, wenn auch nicht aus freien Stücken. Die Alternative wäre eine Anklage wegen Steuerhinterziehung gewesen, also hatte er das Angebot angenommen.
»Was für ein Angebot?«, fragte ich.
»Lassen Sie es mich so ausdrücken«, fuhr Keller fort. »Marcozza stimmte zu, vor Gericht nicht alle Trümpfe auszuspielen. Und damit ließ er zu, dass Pinero verurteilt wurde.«
Ich musste wie die Gaffer auf der anderen Straßenseite ausgesehen haben, als mir die Kinnlade nach unten fiel. »War die Abteilung Organisiertes Verbrechen mit von der Partie?«, wollte ich wissen.
»Sie meinen, ob die Staatsanwälte Bescheid wussten?«
»Ja, genau das meine ich.«
»Nein, sie hatten keine Ahnung«, antwortete Keller. »Ich meine, vielleicht haben sie sich wegen Marcozzas lausiger Leistung vor Gericht gewundert, aber mehr auch nicht. Pinero dranzukriegen bedeutete einen großen Sieg für sie. Sie waren damit zufrieden.«
Und an dem Punkt hatte ich die Szene betreten. Im wörtlichen Sinn. Ich war ins Lombardo’s gegangen und hatte mit angesehen, wie Pinero sich an Marcozza gerächt hatte.
Nur dass es nicht Pinero gewesen war, wie wir später herausgefunden hatten. Es hatte nur so ausgesehen, weil es so hatte aussehen sollen.
»Woher wussten Sie, dass D’zorio dahintersteckte, dass es ein abgekartetes Spiel war?«, fragte ich Keller weiter.
»Das wussten wir nicht. Das heißt, bis Sie es herausfanden.« Er deutete mit seiner Hand auf mich. »Geben Sie mir kurz Ihr Telefon«, verlangte er.
Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, bevor ich ihm mein iPhone reichte.
Keller entsperrte die Anzeige und rief die Einstellungen auf. Dort blätterte er nach unten, tippte auf »Passwortsperre« und gab einen vierstelligen Code ein.
»Hier.« Er gab mir das iPhone zurück. »Alles wieder beim Alten.«
»Was war vorher?«, fragte ich.
Keller antwortete nicht. Das war nicht nötig. Ich wusste, auf diese Weise hatte er mich bei meiner Schwester ausfindig gemacht. Das FBI hatte mein Telefon in einen Peilsender verwandelt. Aber wie? Und wann? Und wer hatte das getan?
»Sie waren an jenem Morgen sehr in Ihre Zeitung vertieft«, reagierte er auf mein verblüfftes Gesicht. Ich dachte
zurück ans Sunrise Diner und meine erste Begegnung mit Keller. »Ist das Ihr Telefon?«, hatte er gefragt.
»Lassen Sie mich raten«, sagte ich. »Weil Sie mein Leben gerettet haben, werde ich als Gegenleistung nicht an die Öffentlichkeit gehen … ich werde den Artikel niemals schreiben?«
»So sieht der Plan aus«, antwortete er freiheraus. »Vor allem, weil ich noch eine Kleinigkeit erwähnen sollte.«
»Die wäre?«
»Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, Nick.«
Fünfter Teil
Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist
90
So, wie ich mich fühlte, musste es einer Katze gehen, nachdem sie acht Leben aufgebraucht hatte. Mit anderen Worten: keine Verarschung mehr. Gleich hier mitten auf dem Pelham Parkway traf ich mit Agent Douglas Keller eine Abmachung. Du sorgst dafür, dass ich am Leben bleibe, und die Geschichte, die ich schreiben könnte, stirbt. Wenn ich sterbe, lebt die Geschichte. Dafür würde ich sorgen, versprach ich ihm.
»Hier habe ich die Nummer meiner ehemaligen Chefredakteurin gespeichert.« Ich deutete auf die Taste mit der
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