Racheengel der Vampire - Sehnsucht
hatte, um die kargen Äste zusammenzusuchen. Und nach Flucht war ihm momentan überhaupt nicht. Müde buddelte er sein Erdbett, trank seine erste Portion und schlief augenblicklich ein.
Der nächste Morgen brach an und seit Stunden standen alle sieben bereits bewegungslos auf den Pfählen. Als Antwort fiel nur das Wort ‚Stehvermögen‘ aus Jacksons spöttisch grinsenden Mund, als einer der Vampire nach dem Grund fragte.
Mittlerweile fühlte Jack, wie das Blut in seine Beine sackte.
„Ihr bleibt dort oben, bis der Letzte fällt oder die Sonne untergeht.“ Leichtfüßig ging Jackson zu seinem Hubschrauber und begann ihn fürsorglich zu putzen, was in diesem Landstrich und des Staubes wegen sicher verdammt ewig dauern würde.
Vorerst brannte die Sonne in Jacks Rücken, so sah er zu den anderen Vampiren rüber. Wie viel an Krafttraining hatten sie ihm voraus? Welcher würde als Erster fallen? Einer von ihnen oder Jack selber? Die drei jungen Vampire machten einen noch fitten Eindruck. Zwei der älteren auch. Nur den, den Jack mit Namen kannte, bogen sich immer wieder seine Beine leicht durch. Egal, belanglos, Jack dachte nicht mehr darüber nach und driftete gedanklich in seine Vergangenheit.
Dieses Pfahlstehen kannte er aus der Zeit, als er noch unter hundertfünfzig Jahre war.
Anno dazumal wurde diese Strafe über Diebe verhängt und er stand zu jener Zeit auch auf solch einem Pfahl.
Seinerzeit waren allerdings spitze Holzstäbe um den Pfeiler angebracht und wer fiel, fiel nur noch einmal in seinem Leben. Jack, der eine geistige Allergie gegen spitzes Holz entwickelt hatte, blieb einen Tag dort oben und erst dann war er, als alle gefallen waren, weggesprungen, um das Land für mindestens zwei Generationen zu meiden. In dieser Zeit war er wesentlich aktiver und trainierter gewesen. Seine Erinnerungen drifteten weitere fünfzig Jahre zurück. Eine ähnliche Situation kam in seinen Sinn. Damals stand er auf einem ähnlichen Holzteil, nur ein paar Meter höher, im Fernen Osten. Er wurde in die Macht der eigenen Körperbeherrschung mit Konzentration eingeführt. Sein Lehrer brachte ihm bei, zwei volle Tage auf diesem Pfahl zu stehen, ohne seinem Körper zu schaden. Allerdings brauchte er drei Jahre dafür, um sich so weit in den Griff zu kriegen. Etliche Stürze und Knochenbrüche aus zwanzig Metern musste er wegstecken.
Jack schloss seine Augen und schaltete seine Gedanken an den Fall ab. Löschte seine Lähmung, diese Prüfung als Hürde zu sehen. Mental sank alles um ihn herum auf einen Punkt, der innerlichen Kontrolle und er glitt in eine Phase über, die ihn schmerzlos machte.
Nun befand er sich in einer tiefen Trance.
„Mann wach endlich auf!“, brüllte eine Stimme in seine Dunkelheit hinein und zog ihn mit heraus.
Träge öffnete Jack seine Augen. „Was ist?“, fragte er leicht benommen und sah auf Jackson hinunter.
„Sag mal spinnst du?“
Unter den Augen der anwesenden Vampire streckte Jack sich auf dem Pfahl durch. „Nein, warum?“
„Ich glaube das nicht. Der Kerl steht da drei Tage schlafend rum und fällt nicht herunter.“
Schwer einatmend sprang Jack, weil alle unten standen, herunter. Wow, seine Muskeln waren mehr als steif! Es krachte in seinen Knien und den Knöcheln.
Jepp, Jackson und die sechs Sauger starrten ihn ungläubig an.
„Hab Hunger“, grummelte Jack und sah Jackson fragend an.
„Klar Mann. Hol dir was.“
Jack holte zwei Beutel, aus seinem weit entfernten Versteck und stopfte sich einen in die Hose.
Den leichten Verwesungsgeruch des Blutes ignorierte er, tagsüber war die Kühlung nicht gerade optimal, aber wen kratzte das hier draußen schon? Er trank den Beutel gierig aus.
Momentan ging Jackson nicht weiter auf Jack ein, er trieb die kleine Gruppe zu einem Meilenlauf an und rannte selber mit, bis die ersten ihre Vampirkräfte verloren. Sie waren am Ende.
Jack nicht, die Konzentration half ihm, er spürte die brennenden Muskeln nicht mehr. Sein Schmerzzentrum war ausgeschaltet. Doch diesen Zustand durfte er nicht länger als drei weitere Tage aufrechterhalten, denn dann würde er tot umkippen.
„Jetzt die Strecke zurück!“, brüllte Jackson, dem auch keine Schwäche anzusehen war. „Wer als Letzter ankommt, hat heut drei Finger weniger, um sich seine Konserve zu öffnen.“
Körperglieder brauchten im Gegensatz zu Wunden eine Ewigkeit zum Nachwachsen, es sei denn, man hatte frisches Blut eines Babys zur Verfügung.
Ralph, der Jüngste,
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