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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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einem Ruck auf.
    Der Schal war weg.
    Sie hatte ihn in die Kommode geräumt.
    Hanna atmete tief durch. Beruhige dich. Vielleicht ist er beim Zuknallen der Schublade nach hinten gerutscht.
    Wie in Zeitlupe bewegte sie ihren Arm. Sie griff in die Schublade und durchwühlte den Inhalt. Ertastete ihre Sonnenbrille. Ihre Seidenschals. Sie gehörten nicht hierher. Sie begann zu verstehen. Sie riss die Schublade darüber auf. Steves Schal lugte hervor. Sie öffnete die dritte Schublade. Auch diese war in Unordnung.
    Jemand hatte die Kommode durchwühlt. In großer Eile. Jemand, der einen Schlüssel zu ihrer Wohnung besaß. Der Mann mit der Kapuze aus dem Hauseingang gegenüber? Was suchte er? Hanna fixierte die Wohnungstür. Sie realisierte, dass sie auf das Schleifgeräusch des Metalls wartete, wenn der Schlüssel von außen ins Schloss glitt. Realisierte, dass dies nicht das erste Mal gewesen war, dass jemand ihre Wohnung durchsucht hatte. Realisierte, dass sie nicht verrückt wurde, sondern jemand Stück für Stück die Schubladen in der Wohnung durchkämmte und Dinge falsch zurücklegte, während sie außer Haus war.
    Ihre Angst verwandelte sich in Zorn. Er hatte ihre Sachen durchwühlt. Ekel stieg in ihr auf. Sie fühlte sich beschmutzt.
    So nicht. Entschlossen griff sie zum Telefon und wählte Simons Nummer.
    »Hanna? Ist was passiert?«
    »Ich brauche ein neues Schloss. Sofort!« Sie war hellwach. »Kannst du bitte kommen?«
    Nachdem sie aufgelegt hatte, beruhigte sie sich etwas. Noch immer brodelte der Zorn in ihr, doch langsam verwandelte er sich in Verzweiflung. Mit jeder Minute, die sie auf Simon wartete, erkannte sie klarer, dass ein neues Schloss zwar einen Einbrecher von der Wohnung fernhalten konnte, aber machtlos gegen die Bedrohung war, der Lilou und sie seit Steves Verschwinden ausgesetzt waren.

16
    2. Februar 1991
    Die anderen schlafen schon lange, sogar der Neue. Sie schlafen immer viel früher als ich. Luke hat den Neuen ziemlich zugerichtet. Er hat ein Veilchen groß wie ein Tennisball, und der Alte wollte unbedingt wissen, wer ihm das verpasst hat. Ich hätte gewettet, dass der Neue Luke brühwarm verpfeift, vor allem, als der Alte massiv geworden ist und seinen Stock rausgeholt hat. Ich glaub, Luke war auch ziemlich überrascht. Wir wissen alle, dass der Alte es nicht mag, wenn wir uns schlägern. Das ist sein Vorrecht, und wenn man ihm in die Quere kommt, zeigt er einem gnadenlos, wer hier der Boss ist. Der Neue hat aber dichtgehalten und alles, was Luke zu sagen hatte, als der Neue total verheult aus dem Zimmer vom Alten kam, war: »Besser für dich, wenn du die Schnauze hältst, Babyfurzer«, und dann hat er ihm noch eine über den Hinterkopf gezogen. Das war echt unnötig. Luke steht beim Alten auf der Abschussliste, und er hat sicher nicht vergessen, wie er letztes Mal ausgesehen hat, ganz zu schweigen von Marcus. Er muss sich ja nicht gleich bei dem Neuen bedanken, aber warum kann er ihm nicht einfach wortlos die Hand auf die Schulter legen? So traut sich keiner, mit ihm zu reden, nicht solange Luke ihn auf dem Kieker hat. Wer will sich schon mit Luke anlegen? Will ja keiner zur Zielscheibe werden. Ich bin der Einzige, der sich das erlauben kann. Naja, Linus natürlich auch. Als Sohn vom Alten kann der sich eh so ziemlich alles erlauben. Ich hab versucht, dem Neuen klarzumachen, dass es weder für ihn noch für mich gut ist, wenn er bei mir abhängt, und dann hat er sich endlich getrollt. Nach dem Essen bin ich dann raus und hab ihn gesucht. Warum, weiß ich eigentlich gar nicht. Ich hab mich bisher noch nie um die anderen gekümmert, jeder kämpft für sich selbst, so funktioniert das hier.
    Ich hab ihn dann aber gefunden. Bei der dicken Eiche, er saß dort im Baum wie ein Affe, keine Ahnung, wie er da hochgekommen ist. Ich wollte, dass er mit zurückkommt, aber er hat sich geweigert. Ich hab ihm dann versprochen, ihm ein Geheimnis zu zeigen, wenn er mit ins Haus kommt. Das ist so komisch mit dem Neuen. Wenn ich in seiner Nähe bin, denke ich, dass ihm was passieren könnte, und dann denke ich an Marcus und frage mich, ob wir ihn hätten retten können. Ich weiß, das klingt voll beknackt, Vorahnungen gibt es nur in diesen dämlichen Filmen, aber deswegen behalte ich es ja auch für mich.
    Als die anderen geschlafen haben, hab ich ihn dann zu dem Versteck mitgenommen. Er hat erst gar nicht kapiert, was das soll. Was an einem Schulheft so toll ist, aber dann hab ich ihm erklärt, dass das hier

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