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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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in der Natur der Sache. Wenig Treue gegenüber ihren Befehlshabern und noch weniger gegenüber ihren Dienstherren.
    Und genau darauf zählte sie.
    Das Zelt des Generalhauptmanns war auf einem kleinen Hügel mitten auf einer Lichtung errichtet worden. Eine rote Standarte hing schlaff vom höchsten Fahnenmast, hoch über der schlecht aufgespannten Leinwand. Monza trieb ihr Pferd an und jagte ein paar Männer aus dem Weg, und sie versuchte, sich nicht im Geringsten anmerken zu lassen, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug. Es war ohnehin schon ein äußerst gefährliches Spiel. Wenn sie auch nur einen winzigen Funken Angst zeigte, war sie erledigt.
    Sie schwang sich vom Pferd und warf die Zügel achtlos um einen jungen Baum. Sie musste einer Ziege ausweichen, die dort jemand angebunden hatte, dann stolzierte sie auf die Zelttür zu. Nocau, der gurkhisische Geächtete, der schon zu Sazines Zeiten das Zelt während des Tages bewacht hatte, stand mit großen Augen da, den großen Krummsäbel nicht einmal gezogen.
    »Du kannst den Mund jetzt wieder zumachen, Nocau.« Sie beugte sich zu ihm und schob ihm den Unterkiefer mit ihrem behandschuhten Zeigefinger hoch, bis seine Zähne aufeinanderschlugen. »Wir wollen doch nicht, dass ein Vogel darin nistet, oder?« Damit trat sie sich durch die Zelttür.
    Derselbe Tisch, auch wenn die Karten, die dort lagen, ein anderes Terrain zeigten. Dieselben Flaggen am Zeltstoff, darunter einige, die ihr zu verdanken gewesen waren, die sie bei Föhrengrund, dem Hohen Ufer, in Musselia und Caprile erbeutet hatte. Und natürlich auch derselbe Stuhl, den Sazine angeblich an jenem Tag aus dem Speisesaal des Herzogs von Cesale gestohlen hatte, als er die Tausend Klingen gründete. Er stand auf zwei Kisten und wartete auf den Arsch des neuen Generalhauptmanns. Auf ihren Arsch, wenn ihr das Schicksal gnädig sein sollte.
    Obwohl sie zugeben musste, dass das normalerweise nicht der Fall war.
    Die drei obersten Hauptmänner, die in der großen Brigade noch verblieben waren, standen ganz in der Nähe des notdürftigen Podests und tuschelten miteinander. Sesaria, Victus, Andiche. Jene drei, die Benna überredet hatte, sie zum Generalhauptmann zu machen. Jene drei, die den Getreuen Carpi überredet hatten, ihren Platz einzunehmen. Jene drei, die es zu überzeugen galt, ihn ihr jetzt zurückzugeben. Sie hoben den Blick, sahen sie und richteten sich auf.
    »Sieh mal einer an«, grollte Sesaria.
    »Wer hätte das gedacht«, raunte Andiche. »Wenn das nicht die Schlange von Talins ist.«
    »Die Schlächterin von Caprile höchstpersönlich«, quäkte Victus. »Wo ist der Getreue?«
    Sie sah ihm ins Gesicht. »Der kommt nicht mehr. Ihr werdet einen neuen Generalhauptmann brauchen.«
    Die drei tauschten Blicke, und Andiche lutschte geräuschvoll an seinen gelben Zähnen. Eine Angewohnheit, die Monza immer schon ein bisschen eklig gefunden hatte. Eins der vielen ekligen Dinge an diesem glatthaarigen Rattengesicht. »Zufällig waren wir selbst auch schon zu diesem Schluss gekommen.«
    »Der Getreue war ein guter Kerl«, grollte Sesaria.
    »Zu gut für einen Anführer«, sagte Victus.
    »Ein anständiger Generalhauptmann muss bestenfalls ein bösartiger Drecksack sein.«
    Monza zeigte ihre Zähne. »Jeder von euch dreien ist mehr als bösartig genug, würde ich sagen. Es gibt keine größeren Drecksäcke in ganz Styrien.« Es war kein Witz. Sie hätte eher diese drei ermorden sollen als den Getreuen. »Allerdings zu große Drecksäcke, als dass sie für ihresgleichen arbeiten würden.«
    »Das ist wohl wahr«, nickte Victus bitter.
    Sesaria legte den Kopf in den Nacken und sah sie von oben herab an. »Wir brauchen frisches Blut.«
    »Oder altes«, sagte Monza.
    Andiche grinste seine beiden Kumpane an. »Zufällig sind wir auch schon selbst zu diesem Schluss gekommen«, sagte er wieder.
    »Wie schön für euch.« Das ging ja leichter, als sie zu hoffen gewagt hatte. Acht Jahre hatte sie die Tausend Klingen angeführt, und sie wusste, wie sie diese Jungs anpacken musste. Bei ihrer Gier, schlicht und ergreifend. »Ich bin niemand, der sich wegen etwas bösem Blut eine Menge gutes Geld entgehen lässt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass euch das ganz genauso geht.« Sie hielt Ischris Münze ans Licht, einen gurkhisischen Doppelkopf, auf der einen Seite der Imperator, auf der anderen der Prophet. Sie warf sie zu Andiche hinüber. »Es wird viele mehr wie die hier geben, wenn wir zu Rogont überlaufen.«
    Sesaria

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